Sabotagegefahr: Könnte China deutsche PV-Anlagen abschalten?

    Sabotagegefahr bei Photovoltaik?:China könnte deutsche PV-Anlagen abschalten

    von Manfred Kessler
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    Photovoltaikanlagen boomen. Die meisten Anlagen kommen aus China, das sich in einem Krisenfall via Internet Zugriff auf diese Anlagen verschaffen könnte. Droht dann ein Blackout?

    Chinesische Produktion von Solarpanel
    Chinesische Produktion von Solarpanel
    Quelle: afp

    Der elektrische Strom wird immer grüner. Im ersten Halbjahr 2024 stammten laut Statistischem Bundesamt 47 Prozent der gesamten deutschen Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie. Ende 2024 gab es 4,75 Millionen. Damit übertraf der Ausbau der Photovoltaik das geplante Ziel der Bundesregierung bei weitem.

    Stromnetz kommt durch Photovoltaik an Grenzen

    Wind- und Sonnenenergie ist stark abhängig von der Tageszeit und dem Wetter. Große Überschüsse im Netz können die Netzstabilität gefährden, wenn zum Beispiel an sonnigen Feiertagen durch die vielen Solaranlagen extrem viel Strom erzeugt wird. Im Extremfall könnte es zu einem Blackout kommen.
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    Aus diesem Grund erlaubt das gerade verabschiedete Solarspitzengesetz den Netzbetreibern unter anderem, Anlagen von mehr als sieben kWp (Kilowattpeak) zu steuern und auch abzuschalten.

    Über 80 Prozent der Anlagen kommen aus China

    Das Abregeln der Solaranlagen kann über die sogenannten Wechselrichter passieren. Ein Wechselrichter wandelt den von den Solarmodulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um, der dann ins Netz eingespeist wird.
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    Über diese Wechselrichter können Solaranlagen von den Herstellern gesteuert werden - zum Beispiel, um sie mit Updates zu versorgen.
    Das Problem: Mehr als 80 Prozent der Photovoltaikanlagen einschließlich der Wechselrichter stammen von chinesischen Firmen. Der Markt wird also mittlerweile von China beherrscht. Anbieter wie Deye, Huawei, Sungrow oder Ginlong Solis bieten die Wechselrichter bis zu 50 Prozent günstiger an als deutsche Hersteller.
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    Via Internet könnten die Hersteller deutsche Solardächer massenweise abstellen, wenn beispielsweise in einer politischen Krisensituation die Anweisung hierfür nicht vom Netzbetreiber käme, sondern von der chinesischen Regierung in Peking.

    Erhebliches Sicherheitsrisiko für kritische Infrastruktur

    Stephan Liese vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg betont:

    Wir laufen gerade in eine genauso große, wenn nicht gar noch größere Abhängigkeit bei der Energieversorgung mit Erneuerbaren wie vor ein paar Jahren mit dem Erdgas.

    Stephan Liese, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme

    Nur wolle es noch keiner so richtig wahr haben. In Zweifelsfall fielen plötzlich mehrere Gigawatt aus dem deutschen Stromnetz heraus, was je nach Situation nur schwer kompensiert werden könne.
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    Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sieht ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die kritische Infrastruktur in Deutschland. Auch die Bundesnetzagentur in Bonn teilt mit, sie nehme "diese möglichen Risiken zentralisierter Steuerungsmöglichkeiten sehr ernst". Pressesprecherin Ulrike Platz weist aber darauf hin, dass man Vorsorge getroffen habe:

    Wenn mehrere Gigawatt Anlagenleistung gleichzeitig ausfallen, greifen zahlreiche Sicherungssysteme, um das Stromnetz schnell zu stabilisieren.

    Ulrike Platz, Bundesnetzagentur

    China auch bei Windkraft auf dem Vormarsch

    Auch im Bereich der Windkraft unternimmt China Anstrengungen, um mit ihren Anlagen in den europäischen Markt zu kommen. Chinesische Hersteller böten Windkraftanlagen zu Preisen an, die deutlich unter denen europäischer Unternehmen lägen und gewährten auch Zahlungsaufschübe von mehreren Jahren, so die Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Bärbel Heidebroek.
    Neun der 15 weltweit größten Hersteller von Windkraftanlagen sind mittlerweile chinesisch. In Europa spielen Chinesen bei der Windkraft bisher noch keine große Rolle. Wenn sich das aber ändert, könnten auch chinesische Windkraftanlagen von ihren Herstellerfirmen ferngesteuert und abgestellt werden.
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    Fachwelt: Versorgungssicherheit bei Energie gefährdet

    Hier fordert der Verband für den Energieanlagenbau, VDMA Power Systems, dass deutsche Behörden sich die Technik unter Einbeziehung der Hersteller und Dienstleister genau anschauen sollten.
    Wenn man den sicheren Betrieb nicht gewährleisten kann, sollten Behörden den Einsatz solcher Anlagen untersagen können, so ein Verbandssprecher. Letztendlich sind also politische Entscheidungen notwendig.

    Wir versuchen, auf dieses Thema aufmerksam zu machen.

    Stephan Liese, Fraunhofer-Institut ISE

    In der Fachwelt sei man sich einig, dass hier wahrscheinlich - was die Versorgungssicherheit angehe - viel zu viele asiatische Geräte im deutschen Stromnetz verbaut seien. Die bestehenden Kapazitäten, die dafür gedacht seien, das Stromnetz im Fehlerfall zu stabilisieren, kämen irgendwann auch an ihre Grenzen. Es sei nur die Frage: Wann?
    Manfred Kessler ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Umwelt.

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    Quelle: dpa

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