Moore zur Klimarettung? Eine Chance für Klima und Industrie

    Welttag der Feuchtgebiete :Moorwirtschaft: Chance für Klima und Industrie

    von Tim Weber
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    Die Initiative "toMOORow" will zusammen mit 15 großen Unternehmen eine Moorwende. Das soll Klimaschutz und Wirtschaft verbinden - so könnte das gelingen.

    Eine Person mit Rucksack steht inmitten einer Moor-Landschaft
    Trockene Moorflächen setzen Unmengen an CO2 frei. Für sieben Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland sind sie verantwortlich. Ihre Wiedervernässung könnte beim Klimaschutz helfen.10.10.2024 | 29:44 min
    Früher legte man Moore trocken, um Torf abzubauen oder Äcker anzulegen. Doch dadurch werden riesige Mengen an Treibhausgasen frei. Um Kohlenstoff zu speichern, sollen Moore wieder vernässt werden.
    Damit sich das auch rechnet, entwickelt die Initiative "toMOORow" geeignete Produkte für die Vermarktung der Biomasse aus nassen Mooren.

    Klimaschutz mit wirtschaftlichem Mehrwert

    Die Initiative bringt große Player der Industrie zusammen: Baustoffkonzern Strabag, Versandhändler Otto, Baumärkte wie Toom oder Obi und der Papierproduzent Wepa haben sich dazu verpflichtet, vermehrt Moorerzeugnisse zu verwenden.
    Otto-Pakete mit Paludi-Biomasse
    Otto-Pakete mit Paludi-Biomasse aus nassen Mooren.
    Quelle: Otto/toMOORow

    Das Ziel: Geeignete Pflanzen in sogenannten Paludikulturen - wirtschaftlich genutzte nasse Moorflächen - anzubauen und zu verwerten. Moorforscherin Franziska Tanneberger vom Greifswald Moor Centrum erklärt, wie es geht:

    In den meisten Fällen muss man nur die Entwässerung im trockengelegten Moor stoppen. Binnen zwei bis drei Jahren siedeln sich typische Moorpflanzen an. Fast alle kann man industriell verwerten.

    Franziska Tanneberger, Moorforscherin

    Moorwasser im Degermoos im Allgäu
    Feuchtgebiete, wie Moore, sind wichtige CO2-Speicher. Europa will bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden - ohne renaturierte Moore wird das nicht zu schaffen sein.13.06.2024 | 2:26 min

    Moore als Chance für das Klima

    Wenn sich Paludikultur rechnet, profitiert auch das Klima - und da besteht dringender Handlungsbedarf. Sind sie intakt, nehmen Moore Kohlenstoffdioxid auf und lagern den Kohlenstoff so effektiv wie kein anderes Ökosystem ein. Auf nur drei Prozent der Erdoberfläche speichern Moore mehr als doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder zusammen.
    In Deutschland wurden jedoch rund 95 Prozent der Moore trockengelegt. Aus dem trockenen Torf werden Treibhausgase in großer Menge in die Atmosphäre freigesetzt. Ungefähr 7,5 Prozent aller deutschen Treibhausgas-Emissionen werden dadurch verursacht. Das entspricht ungefähr der Hälfte des gesamten privaten Autoverkehrs. Moorforscherin Tanneberger hält dieses Problem für absolut unterschätzt.

    Abgase aus Schornsteinen sind für alle sichtbar - Treibhausgase aus Mooren nicht.

    Franziska Tanneberger, Umweltpreisträgerin und Moorforscherin an der Universität Greifswald

    Trockengelegte Moore gibt es in Deutschland genug. Bei Wiedervernässung würden die Gase im Boden bleiben.
    Moor
    Eines der intaktesten Hochmoorsysteme der Welt - "Flow Country" in Schottland - bekommt den Status des Weltnaturerbes verliehen.28.10.2024 | 2:12 min

    Kartons und Klopapier aus Moorgras

    Erste Projekte von "toMOORow" laufen bereits. Im vergangenen November hatte der Online-Händler Otto 100.000 Kartons mit einem Anteil von zehn Prozent Moorgräsern versendet. Den Praxistest haben sie bestanden, so das Unternehmen: Sie weichen bei Regen nicht auf und sind stabil, die Kunden sind zufrieden. Auch Tests für Toilettenpapier, Kosmetikverpackungen und Innentürfüllungen sind im Gange.
    Durch die wirtschaftliche Nutzung wäre ein großes Problem für die Revitalisierung von Mooren gelöst. Claudia Bühler, Co-Leitung der "toMOORow"-Initiative und Vorständin der Umweltstiftung Michael Otto, sagt:

    Die Wiedervernässung nimmt den Landwirten zunächst die Einkommensgrundlage, da sie nicht mehr wie gewohnt Ackerbau und Grünland bewirtschaften können. Gleichzeitig fehlte bislang der Rohstoff aus den Mooren, der industriell genutzt werden könnte. Dieses Henne-Ei-Problem versuchen wir gerade zu lösen.

    Claudia Bühler, Co-Leitung der "toMOORow"-Initiative

    Expertin: Klimaziele ohne Moore nicht erreichbar

    Noch ist die industrielle Verwertung von Moorpflanzen teuer, doch das Potenzial ist groß: "Von den insgesamt 1,3 Millionen Hektar an trockengelegten Mooren ließe sich ungefähr eine Million wiedervernässen. Wenn die entsprechenden Branchen ihren Produkten nur fünf Prozent Paludi-Biomasse beifügen würden, könnte man ein Drittel davon bewirtschaften", so Bühler.
    Das wäre mehr als die Klimaschutzzielvereinbarungen von Bund und Ländern bis 2030 vorsehen. Anwendungsmöglichkeiten gäbe es genug, ist sich Bühler sicher.

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    Quelle: dpa

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