Bericht von Oxfam: Jede Woche vier neue Milliardäre weltweit

    Bericht von Oxfam:Jede Woche vier neue Milliardäre weltweit

    Klaus Weber
    von Klaus Weber
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    Wenn der Oxfam-Bericht zur sozialen Ungleichheit erscheint, ist der Murmeltiertag sozusagen vorprogrammiert. Die Diagnose ist nämlich immer dieselbe: Reich wird reicher, Arm ärmer.

    Yachthafen von Monte Carlo
    Wie die Entwicklungsorganisation Oxfam zu Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos vorrechnete, gab es im vergangenen Jahr weltweit 204 neue Milliardäre.
    Quelle: action press

    Im vergangenen Jahr war die Entwicklung offenbar besonders rasant. Laut Oxfam, einem globalen Netzwerk aus Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, entstanden 2024 rechnerisch jede Woche vier neue Superreiche - so viele wie nie zuvor.
    Insgesamt stieg die Zahl der Milliardäre um 204 Personen, auf weltweit 2.769. Deren Vermögen vergrößerte sich täglich um 5,7 Milliarden US-Dollar. Es wuchs damit im abgelaufenen Jahr dreimal schneller an als 2023 und belief sich weltweit auf 15 Billionen US-Dollar. Und um nun noch eine Zahl draufzusetzen: In der kommenden Dekade wird es wohl fünf Billionäre geben. Also Menschen, die 1.000 Milliarden US-Dollar oder mehr besitzen.
    kleiner Mann steht auf einem Stapel von Münzen
    Gut 100 Jahre gab es in Deutschland eine Vermögensteuer, die dem Staat damals Milliarden in die Haushaltskasse spülte. Doch 1997 wurde sie plötzlich "ausgesetzt". Wie kam es dazu? 14.10.2024 | 34:28 min

    Deutschland auf Platz 4

    Auch Deutschland muss sich nicht verstecken, wenn es um Superreichtum geht. Hierzulande stieg 2024 das Gesamtvermögen der Milliardäre um 26,8 Milliarden US-Dollar. Und es kamen insgesamt neun neue Superreiche hinzu. Laut Forbes-Reichenliste sind es nun 130. Deutschland hat damit nach den USA, China und Indien die meisten Milliardäre. So weit die Zahlen von der finanziellen Sonnenseite des Lebens.
    Demgegenüber stehen aber laut Oxfam ernüchternde Zahlen, was die Armut auf der Welt angeht. Während Superreiche immer reicher werden, ist die Zahl der Menschen, die unter der erweiterten Armutsgrenze der Weltbank von 6,85 US-Dollar leben, seit 1990 unverändert bei fast 3,6 Milliarden geblieben. Das entspricht aktuell 44 Prozent der Menschheit. Weltweit müssen 733 Millionen Menschen infolge von Armut hungern - etwa 152 Millionen mehr als 2019.
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    Jochen Breyer recherchiert in der Welt der deutschen Superreichen.12.12.2023 | 43:28 min

    Wirtschaftliche Macht führt zu politischer Macht

    Oxfam folgert, dass die stark zunehmende weltweite Konzernmacht und Dominanz von immer weniger Unternehmen nicht ohne Folgen für die Akzeptanz unseres politischen Systems bleibt. Serap Altinisik, Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, kommentiert:

    Der Abgrund der Ungleichheit reißt immer weiter auf, auch mit Folgen für unsere Demokratie. Denn Reichtum geht Hand in Hand mit politischer Macht. Das sehen wir heute bei der Amtseinführung des US-Präsidenten Donald Trump: ein milliardenschwerer Präsident unterstützt vom reichsten Mann der Welt, Elon Musk.

    Serap Altinisik, Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland

    Eine Politik, die Reiche bevorzuge und Ungleichheit verstärke, könnte das Vertrauen in Demokratie und Regierungen untergraben, warnt Oxfam. Steuerexperte Tobias Hentze vom Institut der deutschen Wirtschaft erklärt, dass auch extremer Reichtum der Lohn für unternehmerisches Risiko sei. Er äußert, dass der Vorwurf, die Politik bevorzuge Reiche, fragwürdig sei und ökonomische Zusammenhänge verkenne. Er fügt hinzu:

    Die Investitionen der Unternehmen bilden die Basis für unseren Wohlstand und ermöglichen erst unser Sozialsystem. Dass sich das wirtschaftliche Risiko für Einzelne so auszahlt, dass sie über ein Millionen- oder Milliardenvermögen verfügen, ist ein Nebeneffekt.

    Steuerexperte Tobias Hentze

    Junger Mann schaut in die Kamera, Geld fliegt umher.
    Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland weiter auseinander, zehn Prozent besitzen mehr als zwei Drittel aller Vermögen. Verpflichtet Reichtum, Gutes für das Gemeinwohl zu tun?21.01.2025 | 28:45 min

    Oxfam für Milliardärssteuer

    Für Oxfam ist das Steuersystem verantwortlich für den extremen Reichtum weniger Menschen und die soziale Ungleichheit. Die Organisation fordert eine Steuer für Milliardäre, die eine Vermögensteuer von zwei Prozent einführt, um die Steuersätze der Superreichen etwa auf das Niveau der Mittelschicht zu heben.
    Die geschätzten Einnahmen lägen weltweit bei 242 bis 377 Milliarden US-Dollar. In Deutschland würde die Steuer je nach Ausgestaltung elf bis 28 Milliarden Euro einbringen und nur etwa 250 bis 5.000 Haushalte betreffen.
    Habeck hält Plakat mit Schaubild hoch, im Hintergrund Faeser
    Bei den Lebensverhältnissen in Deutschland gibt es Unterschiede in vielen Bereichen. In anderen gelingt eine Angleichung, so der Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung.03.07.2024 | 1:22 min
    Für Tobias Hentze ist eine Milliardärssteuer problematisch, da es schwierig sei, festzulegen, welche Vermögen betroffen wären. Die Bewertung von Vermögensgegenständen, besonders von Betriebsvermögen, sei kompliziert. Der bürokratische Aufwand für die ohnehin überlasteten Finanzämter würde enorm steigen. Zudem sei das Vermögen der Milliardäre häufig in Unternehmen gebunden, was negative Auswirkungen auf Investitionen und die wirtschaftliche Dynamik zur Folge hätte, so Hentze.
    Eine Annäherung der Positionen scheint deshalb auch nicht in Sicht. Aus diesem Grund werden wir im Januar 25 bei Erscheinen des nächsten Oxfam-Berichts höchstwahrscheinlich auch den nächsten Murmeltiertag erleben.
    Klaus Weber ist Redakteur in der ZDF-Wirtschaftsredaktion.

    Reichtum ungleich verteilt
    :Oxfam: 204 neue Milliardäre im Jahr 2024

    Das Vermögen der Superreichen wächst laut einer Studie immer schneller. Oxfam warnt: Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich gefährde das Vertrauen der Bürger in die Demokratie.
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