KI boomt, Strombedarf steigt - kehrt Atomkraft zurück?

    Strombedarf der Tech-Riesen:KI boomt - Renaissance der Atomkraft?

    ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann
    von Frank Bethmann
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    Tech-Giganten investieren Milliarden in Kernkraft. Ihre KI-Rechenzentren haben enormen Energiebedarf. Sind Mini-AKWs eine Lösung? Laut Experten liegen Einsparpotenziale brach.

    Der KI-Boom treibt den Strombedarf der Tech-Riesen nach oben. (Symbolbild)
    Der KI-Boom treibt den Strombedarf der Tech-Riesen nach oben. (Symbolbild)
    Quelle: dpa

    Der Hype um Künstliche Intelligenz hat den Strombedarf der Tech-Riesen drastisch in die Höhe getrieben. Der Betrieb entsprechender Rechenzentren, die Technologieschmieden wie der ChatGPT-Entwickler OpenAI zum Training ihrer großen Sprachmodelle benötigen, frisst Energie in bislang unbekannten Ausmaß.
    Die Internationale Energieagentur schätzt, dass sich der Elektrizitätsverbrauch auf KI ausgerichteter Datenzentren 2026 auf 90 Terrawattstunden belaufen wird - 2022 lag er noch bei sechs Terrawattstunden.
    Schild mit einem Atomkraftwerk
    NANO vom 17. Oktober: Der Energiebedarf wächst und Google, Microsoft und Amazon setzen auf Mini-Atomkraftwerke. Sogenannte SMR, Small modular Reactors, in Serie produziert, mit Fertigbauteilen.17.10.2024 | 27:46 min

    Tech-Branche: Klimaneutral nur mit Atomkraft

    Der hohe Stromverbrauch ist die Schattenseite des KI-Booms. Die großen Tech-Giganten haben sich, wie andere Konzerne auch, verpflichtet, auf absehbare Zeit klimaneutral zu werden. Gelingen kann das ihrer Meinung nach aber nur, wenn man künftig gezielt auf Atomkraft setzt.
    Und so haben, einer nach dem anderen, erst Amazon, dann Microsoft und zuletzt Google Kooperationen mit Atomkraftbetreibern angekündigt. Microsoft will dafür sogar den Nachbarreaktor des in den 1970er Jahren havarierten US-Atomkraftwerks Three Mile Island bei Harrisburg wieder nutzen.
    Woher unser Strom kommt

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    Probleme mit der Technologie haben die drei ganz offensichtlich nicht, wie ein Zitat von Michael Terrell, Senior Director für Energie und Klima bei Google, zeigt:

    Wir sind der Meinung, dass die Kernenergie eine wichtige Rolle spielen kann, um unseren Bedarf rund um die Uhr auf saubere Weise zu decken.

    Michael Terrell, Google

    Google setzt auf Mini-AKWs - aber am Netz nicht vor 2030

    Google geht dabei einen anderen Weg als Microsoft. Die Alphabet-Tochter setzt auf kleine modulare Atomreaktoren. Man plane zusammen mit Kairos Power, einem kalifornischen Start-up, sechs oder sieben dieser Kraftwerke. Das erste Mini-AKW soll 2030 in Betrieb genommen werden. Es wäre das erste seiner Art.
    Überzeugt von der Technologie ist auch Bill Gates. Der Ex-Microsoft-Chef investiert in ein anderes Projekt namens Terrapower. Beteiligt sei er da nicht, um Geld zu machen, wie er sagt: "Ich bin beteiligt, weil wir viele dieser Reaktoren bauen müssen", wegen des Klimaschutzes. Terrapower verspricht, Strom irgendwann zu halb so hohen Kosten produzieren zu können wie herkömmliche AKWs.
    Auf dem Weg zur klimaneutralen Industrie
    Kein Wachstum, sinkende Wettbewerbsfähigkeit – der Industriestandort Deutschland ist in einer strukturellen Krise. Wie kann da der dringend notwendige Transformationsprozess gelingen?15.10.2024 | 2:37 min

    Kritik an Mini-AKWs: weder risikoarm noch preiswert

    Doch was sich anhört wie die Lösung vieler Energieprobleme ist höchst umstritten. Energieökonomin Claudia Kemfert hält nichts von Mini-AKWs:

    Es handelt sich nicht um eine neue, sondern uralte Technologie, die weder risikoarm noch preiswert ist.

    Claudia Kemfert, Leiterin der DIW-Abteilung Energie

    Ähnlich wie Kemfert zweifelt auch Global 2000 an einer kostengünstigen Stromproduktion. Die österreichische Umweltschutzorganisation hat die Mini-Reaktoren genau unter die Lupe genommen und kommt zu dem Ergebnis, dass "Klein-AKWs nach weltweiten Erfahrungen und aufgrund von Skaleneffekten teurer sein werden als die bestehenden großen Reaktoren. Es müssten mindestens Hunderte von ihnen tatsächlich 'am Fließband' erzeugt werden, damit sie für Nutzer:innen günstiger werden".
    Bill Gates vor einem Mini-AKW-Symbolbild
    Bill Gates hofft auf eine neue Zukunft der Kernenergie im Kleinformat: Mini-Atomkraftwerke in Serienproduktion. Sind Mini-AKWs die Lösung? Und wann kommen sie auf den Markt?15.04.2024 | 8:16 min

    Ist Kernenergie wirklich "sauber"?

    Ganz zu schweigen davon, dass die Frage, ob Kernenergie wirklich sauber ist, höchst umstritten ist. Der Weltklimarat IPCC beziffert die Emissionen von Atomkraft auf bis zu 220 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde (zum Vergleich: Windparks kommen auf 10 Gramm). Ungelöst ist zudem bis heute, wie der Atommüll entsorgt werden kann.

    Nachrichten | Politik
    :Wohin mit unserem Atommüll?

    Die letzten deutschen AKW gehen vom Netz - doch der Atommüll bleibt. Ein Beispiel aus Finnland zeigt, wie ein Endlager aussehen könnte. Erkunden Sie es in der interaktiven 3D-Story.
    Auf dem Foto ist ein Modell eines Atomendlagers zu sehen. In dieser Art wird es gerade in Finnland gebaut. Es zeigt ein komplexes System an Gängen und Schichten tief unter der Erde.
    Und so sehen selbst die Technologiekonzerne die Atomenergie nicht als einzige Lösung, um den hohen Energiebedarf der KI-Rechenzentren zu decken. Microsoft investierte jüngst in ein Rechenzentrum in Kenia, das vollständig mit sauberer Energie aus Geothermie betrieben werden soll.
    Und OpenAI-Chef Sam Altman ist an Exowatt beteiligt. Das grüne Energie-Start-up verspricht, KI-Unternehmen mit modularen Solarsystemen zu beliefern, die nahezu kostenlos Energie bereitstellen.
    Rechenzentren-Boom - Fluch oder Segen?
    Der Bedarf nach Rechenzentren wächst und auch in Deutschland wird die Rechenzentrums-Infrastruktur kontinuierlich ausgebaut. Dafür fließen Milliardensummen, doch der BUND mahnt die mangelnde Nachhaltigkeit der Servergebäude.08.08.2024 | 1:54 min

    Noch viele ungenutzte Einsparpotenziale

    Auch eine andere Frage rückt in den Fokus: Lassen sich Emissionen und Energiebedarfe nicht noch deutlicher reduzieren, gerade in der IT-Branche? Lässt sich das energieintensive Training von KI-Modulen künftig nicht auch ressourceneffizienter gestalten?
    Viel Einsparpotenzial steckt Fachleuten zufolge auch in der nachhaltigen Entwicklung von Software und bei den Rechenzentren selbst - von kluger Klimatisierung über sparsame Hardware bis hin zur Abwärme-Gewinnung.
    Videoplattformen, Gaming, Cloud Computing. Ihr Energiebedarf ist gewaltig und wächst stetig. Die Digitalisierung nimmt zu und mit ihr der Energiebedarf.
    Videoplattformen, Gaming, Cloud Computing. Ihr Energiebedarf ist gewaltig und wächst stetig. Die Digitalisierung nimmt zu – und droht zum Bremsklotz für den Klimaschutz zu werden.09.04.2023 | 28:40 min

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