Lichtblick für Konjunktur: Deutsche Rüstungsindustrie boomt

    Lichtblick für Konjunktur:Deutsche Rüstungsindustrie boomt

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    von Frank Bethmann
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    Europas Sicherheit erfordert künftig viel höhere Militärausgaben. Davon - und vom Krieg in der Ukraine - profitiert die deutsche Rüstungsindustrie. Sie kämpft um besseres Ansehen.

    Rüstungsindustrie in Schleswig-Holstein, Flensburg: Blick auf das Firmenlogo von Rheinmetall am Unternehmensstandort in Flensburg.
    Höhere Rüstungsausgaben könnten die Konjunktur ankurbeln und neue Arbeitsplätze schaffen.
    Quelle: dpa

    Es gab Zeiten, da wollten sich andere Vorstandsbosse lieber nicht mit Rheinmetall-Chef Armin Papperger in der Öffentlichkeit sehen lassen. Das Geschäft mit Rüstungsgütern hatte kein gutes Standing. Das hat sich inzwischen zwar geändert, doch der neue Chef des Bundesverband der Deutschen Industrie, Peter Leibinger, erinnerte jüngst daran, dass es noch nicht so lange her sei mit diesem Sinneswandel:

    Wer sich der Entwicklung und Herstellung von Verteidigungstechnik und -technologien widmet, sollte nicht länger das Gefühl haben müssen, er betriebe ein fragwürdiges und moralisch angreifbares Geschäft.

    Peter Leibinger, BDI-Vorsitzender

    Sina Mainitz
    Auch wegen des Krieges in der Ukraine fährt der Rüstungskonzern Rheinmetall hohe Gewinne ein.14.08.2024 | 1:15 min

    Papperger: Wachstum, wie wir es im Konzern noch nie hatten

    Papperger steht mit Rheinmetall, Deutschlands größtem deutschen Rüstungskonzern, wie kein zweiter für die Zeitenwende. Während es in großen Teilen der deutschen Wirtschaft seit zwei Jahren zunehmend schlechter läuft, erlebt die Rüstungsbranche genau das Gegenteil.
    "Wir erleben ein Wachstum, wie wir es im Konzern noch nie hatten", äußerte sich Papperger erst kürzlich zur Geschäftsentwicklung seines Unternehmens, das unter anderem mit Munition und dem Schützenpanzer Puma sein Geld verdient. Die Nettogewinnprognose für 2027 verdoppelte er gleich mal.
    Logo Rheinmetall
    Vor allem wegen des Ukraine-Krieges und der daraus folgenden hohen Nachfrage nach Rüstungsgütern konnte Rheinmetall seinen Umsatz steigern. 14.05.2024 | 1:34 min

    Experte: "Ein noch sehr kleiner" Lichtblick für die deutsche Wirtschaft

    Definitiv ein Lichtblick sei das für die deutsche Wirtschaft, sagt Carsten Brzeski. Der Chefvolkswirt bei der niederländischen Großbank ING schränkt aber umgehend ein, ein noch sehr kleiner:

    Derzeit steht die deutsche Rüstungsindustrie nur für etwa 0,3 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung.

    Carsten Brzeski, ING-Chefvolkswirt

    Das, was derzeit in der Automobilindustrie wegbräche, könnte der Rüstungssektor bei Weitem noch nicht ausgleichen, so Brzeski. Die Äußerungen von US-Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz waren "der letzte Weckruf für die Europäer gewesen" mehr Geld für die eigene Verteidigung in die Hand zu nehmen.
    Rheinmetall neuer BVB Sponsor
    Der Rüstungskonzern Rheinmetall ist neuer Sponsor von Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund. 29.05.2024 | 1:57 min
    Vielen Menschen und Politikern sei klar geworden, dass die USA auch in Fragen der Verteidigung nicht mehr der zuverlässige Partner seien: "Deshalb", so Brzeski, "kann die Rüstungsindustrie eine Zukunftsbranche für die deutsche Industrie werden." Das aber ist sie, seiner Meinung nach, noch nicht.

    Aktienmärkte glauben an Wachstumsschub

    Die Aktienmärkte hingegen beflügelt diese Perspektive. Mehr Geld für Militärausgaben, das reichte für eine Kursrally. Innerhalb von nur einer Woche haben die wichtigsten deutschen Rüstungskonzerne jeweils zweistellig an Wert gewonnen und so zumindest an den Kapitalmärkten den Glauben gestärkt, die künftig höheren Verteidigungsausgaben könnten der deutschen Wirtschaft einen Wachstumsschub bescheren.
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, J.D. Vance, Vizepräsident der Vereinigten Staaten von Amerika, und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, kommen bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gesprächen zusammen, aufgenommen am 14.02.2025
    Was kann die Debatte über eine eigenständige europäische Sicherheitspolitik noch bewirken?18.02.2025 | 4:41 min

    Auftragsbücher sind voll

    Die Auftragsbücher der größten und bekanntesten deutschen Rüstungskonzerne sind jedenfalls bereits jetzt randvoll. Neben Rheinmetall gehören dazu Hensoldt, stark bei Radarsystemen und Nachtsichttechnologien, der Panzerbauer KNDS (früher Krauss Maffei Wegmann), Diehl Defence, bekannt für seine Raketenabwehrsysteme und Renk. Der Getriebespezialist stellt unter anderem Antriebssysteme für militärische Fahrzeuge her. Und dann gibt es da noch Thyssenkrupp.
    Ukraine, Bachmut: Eine deutsche Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000) der ukrainischen Armee steht an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut.
    Im vergangenen Jahr haben deutsche Rüstungsexporte einen Höchstwert erreicht. Rund 13,33 Milliarden Euro wurden von der Bundesregierung genehmigt - fast zehn Prozent mehr als 2023.22.01.2025 | 0:23 min

    Wandel bei schwächelndem Thyssenkrupp

    Der kränkelnde Stahlkonzern erlebt den gerade vielleicht erstaunlichsten Wandel; dank seiner Verteidigungssparte. Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) gilt weltweit als eine der fortschrittlichsten Abteilungen für den Bau von U-Booten und Kriegsschiffen. In den TKMS-Büchern stehen Aufträge von 16 Milliarden Euro.
    Rosige Aussichten also für die Branche, bestätigt Brzeski, "wenngleich welche aus einem traurigen Anlass". Weil Kriege zunehmen und mit ihnen die globale Bedrohungslage, müssen jetzt mit hoher Geschwindigkeit in vielen Bereichen der Verteidigung Kapazitäten aufgebaut werden. Das wird viel kosten, könnte die Konjunktur aber anschieben.
    SGS Neuhann
    Trump will für alle Länder neue Zölle von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA verhängen. "Thyssenkrupp gibt sich gelassen", berichtet ZDF-Korrespondent Florian Neuhann.10.02.2025 | 1:14 min

    Studie: Höhere Rüstungsausgaben schaffen neue Jobs

    Anschieben könnten diese zusätzlichen Ausgaben auch den Arbeitsmarkt. Während große Unternehmen, vornehmlich aus der Chemie- und Autoindustrie Stellen streichen, zuletzt Porsche und der Zulieferer Continental, macht eine aktuelle Studie Hoffnung.
    Bis zu 200.000 neue Jobs könnten entstehen, wenn Deutschland seine Verteidigungsausgaben von 2 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigern würde. Dies ist das Ergebnis einer Simulation, die unter anderem das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlicht hat.

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    Quelle: dpa

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