Klimaanlagen: Wenn kühlende Geräte das Klima aufheizen
Immer mehr Klimaanlagen:Wenn kühlende Geräte das Klima aufheizen
von Mark Hugo
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30 Grad und mehr: Immer mehr Menschen kaufen deshalb Klimaanlagen - ein Klima-Dilemma. Denn auch wenn die immer besser werden, heizen sie die Erderwärmung weiter an.
Wenn es draußen heiß ist, verschafft die Klimaanlage Abkühlung. Auch in Deutschland besorgen sich immer mehr Haushalte eine.
Quelle: Imago
Lange, quälende Hitzephasen. Auch in Deutschland werden sie wegen des Klimawandels immer häufiger. Kein Wunder, dass der Verkauf von Klimaanlagen boomt. Jährlich wächst der Umsatz um fast acht Prozent.
Nach einer Umfrage des Portals Verivox gaben kürzlich 19 Prozent der Deutschen an, bereits eine Anlage im Haushalt zu haben - sechs Prozent mehr als im Jahr davor. Das Umweltbundesamt (UBA) schätzt die Zahl der Geräte auf etwa drei Millionen.
Das Problem: Klimaanlagen sind alles andere als klimafreundlich. Und daran sind vor allem zwei Faktoren Schuld. Der erste ist der Energieverbrauch. Weltweit gehen nach Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) bereits rund zehn Prozent des Stromverbrauchs auf das Konto von Kühlung. In Deutschland sind es laut UBA immerhin schon knapp drei Prozent.
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Stromverbrauch und klimaschädliche Kältemittel
Wie sehr das die Klimabilanz verschlechtert, hängt am Ende zwar auch vom Mix aus fossilen und erneuerbaren Energien ab. Fakt ist: Stromerzeugung verursacht noch immer das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2). Für das Gelingen der Energiewende muss der Stromkonsum in möglichst vielen Bereichen reduziert werden. Dass es immer mehr Klimaanlagen gibt, hilft dabei nicht.
Quelle: dpa
Die Zahl der Klimaanlagen nimmt weltweit deutlich zu. Für 2022 wurde sie laut einer Kurzstudie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) weltweit auf 2,2 Milliarden geschätzt. Tendenz: steigend. Allein zwischen 1990 und 2016 hat sich der jährliche Absatz fast vervierfacht. Bis 2050 könnten es zwischen 3,5 und mehr als fünf Milliarden Anlagen sein.
In den USA oder Japan gehören Klimageräte zum Standard in fast jedem Haushalt. In den wirtschaftlich aufstrebenden Ländern Asiens und Afrikas dagegen ist noch sehr viel Luft nach oben. Aber auch in Europa. In den 19 Euro-Ländern ist nach Angaben der Europäischen Umweltagentur EEA die Zahl der Haushalte mit Klimaanlage von 14 Prozent im Jahr 2010 auf 20 Prozent im Jahr 2019 gestiegen.
Der zweite Faktor sind die Kältemittel in den Anlagen. Für lange Zeit Standard waren sogenannte teilfluorierte Kohlenwasserstoffe, deren Treibhausgaspotenzial das von Kohlendioxid um das bis zu 4.000-fache übersteigt. Idealerweise verlassen sie den Kreislauf der Anlage nicht. Durch Lecks und bei der unsachgemäßen Entsorgung von Anlagen gelangen sie aber immer wieder in die Atmosphäre.
Studie: Klimaanlagen verursachen vier Prozent des Treibhausgasausstoßes
Nach einer Studie des US-amerikanischen National Renewable Energy Laboratory von 2022 sind Klimaanlagen verantwortlich für fast vier Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes, etwas weniger als die Hälfte davon entsteht durch Kältemittel. Für Deutschland geht das UBA von bisher knapp einem Prozent der insgesamt ausgestoßenen Treibhausgase aus.
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Paradox: Klimaanlagen heizen zwar die Erderwärmung an. Für immer mehr Menschen sind sie dennoch die Strategie der Wahl, um der steigenden Hitze zu begegnen. Fakt ist natürlich auch: In Kliniken oder Heimen können sie überlebenswichtig sein.
Besonders Kinder, kranke und ältere Menschen sind anfällig. Nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) starben in Deutschland hitzebedingt in den Jahren 2018 und 2019 mehr als 7.000 Menschen. 2023 waren es mehr als 3.000.
Mehr als zwei Drittel aller privaten deutschen Klimaanlagen-Nutzer besitzen nach einer Schätzung des Umweltbundesamtes (UBA) ein mobiles Gerät (Monoblock). Der Vorteil: Es ist für wenige hundert Euro zu haben und muss nicht installiert werden. Allerdings kühlt es schlechter, verbraucht deutlich mehr Strom und ist somit klimaschädlicher als eine fest eingebaute Anlage (Split-Gerät), bei der Ventilator und Kompressor außen am Gebäude befestigt sind.
Fortschritte durch energieeffizientere Klimaanlagen und Wärmepumpen
Dank schärferer Vorgaben etwa in der EU und in den USA wird die Energieeffizienz von Klimaanlagen immerhin immer besser. Und auch ein Ende der teilfluorierten Kohlenwasserstoffe als Kältemittel ist in Sicht. In der EU müssen die bereits schrittweise reduziert werden und sind ab 2050 vollständig verboten. Schon jetzt arbeiten viele der installierten Anlagen mit natürlichen Kältemitteln wie Propan.
Das gilt auch für Wärmepumpen, von denen viele zur kühlenden Alternative taugen, allerdings nicht alle. "Erd- oder Eisspeicher-Wärmepumpen kühlen besonders energiesparend und umweltfreundlich, indem sie die Wärme aus den Räumen direkt in das Erdreich oder den Eisspeicher leiten", erklärt Jens Schuberth vom Umweltbundesamt (UBA).
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Luft-Wasserpumpen kühlen zwar deutlich besser, brauchen dabei aber auch deutlich mehr Strom und sind deshalb nicht wirklich klimafreundlicher als eingebaute Klimaanlagen. Dennoch:
Für den Hitzeschutz rät Schuberth, "zunächst auf passive Maßnahmen wie Nachtlüften, außenliegende Verschattung, Ventilatoren zu setzen" und erst, wenn das nicht hilft, über den Kauf einer möglichst klimafreundlichen Anlage nachzudenken.
Die Temperaturen steigen weltweit, im Norden deutlich stärker als im Süden. Erfahren Sie am interaktiven Globus, wie die Erderwärmung die Kontinente trifft.
Bau: Verantwortung beim Eigentümer
Noch besser, wenn schon beim Bau oder der Sanierung von Immobilien an den sommerlichen Wärmeschutz gedacht wird. Die gesetzlichen Anforderungen reichten allerdings nicht aus, so Schuberth. Daher liege es in der Verantwortung von Eigentümern und Planern, Gebäude gegen Hitze zu schützen und zum Beispiel ausreichend zu dämmen.
Der Schutz vor Hitze übrigens ist ein sehr altes Problem, das Baumeister schon in der Antike beschäftigt hat. Mit den richtigen Baustoffen, hellen Anstrichen oder ausgeklügelten Belüftungssystemen klappte das damals oft auch ohne Klimaanlage. Altes Wissen, auf das heute wieder zunehmend zurückgegriffen wird.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion
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