Baubranche: Deutschland fehlen 2024 600.000 Wohnungen

    Warnung von Immobilienbranche:"Wer heute baut, geht bankrott"

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    Der Wohnungsneubau steckt in einer tiefen Krise. Schuld sind Experten zufolge hohe Zinsen, aber auch hohe staatliche Abgaben. Ein Förderprogramm könnte Bauzinsen reduzieren.

    Frühjahrsgutachten wird vorgestellt
    Der Rat der Immobilienweisen hat sein Frühjahrsgutachten veröffentlicht. Bei der Vorstellung wurden mitunter hohe staatliche Abgaben und unzureichende Förderangebote kritisiert.20.02.2024 | 1:29 min
    Experten der Immobilienwirtschaft warnen vor "dramatischen Einbrüchen" im deutschen Wohnungsbau. Der Rat der Immobilienweisen kritisierte bei der Vorstellung seines Frühjahrsgutachtens unter anderem hohe staatliche Abgaben und teils unzureichende Förderangebote.
    Demnach werden in diesem Jahr in Deutschland rund 600.000 Wohnungen fehlen, im kommenden Jahr dürften es 720.000 und bis 2027 dann 830.000 sein. Das wäre auch ein "soziales Debakel". Dem Ifo-Institut zufolge könnte die Zahl der jährlich neugebauten Wohnungen bis 2026 um 35 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr zurückgehen.
    Luftaufnahme von Wohnblöcken in München
    Vom Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, ist die Bundesregierung weit entfernt.16.01.2024 | 3:20 min

    Ampel-Bauziel rückt in weite Ferne

    Der Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA), Andreas Mattern, sagte:

    Bauen ist heute faktisch unmöglich.

    Andreas Mattern, Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses

    Wohnungsneuentwickler kämen erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro auf eine Schwarze Null. "Wer heute baut, geht bankrott." Das Ziel der Ampel-Regierung, 400.000 Wohnungen im Jahr zu bauen, rücke in weite Ferne, sagte der Immobilienweise und Direktor des Walter-Eucken-Instituts, Lars Feld.
    Der ZIA kritisierte, dass aufgrund von gestiegenen Baukosten und Finanzierungsschwierigkeiten wegen des hohen Zinsniveaus viele Bauvorhaben "nicht mehr rentabel" seien und zurückgezogen würden. So hätten im vergangenen Jahr 20,7 Prozent der Unternehmen von stornierten Projekten berichtet - das sei ein neuer Höchststand.
    Berlin: Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), spricht bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Frühjahrsgutachtens vom Rat der Immobilienweisen in der Bundespressekonferenz
    Es wird zu wenig gebaut. Viel zu wenig. Und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, warnen Fachleute, wird sich wohl noch verschärfen. Bauen ist einfach zu teuer. 20.02.2024 | 2:41 min

    Ifo-Bauexperte: Politik hat Bedingungen nicht verbessert

    Nach einer Prognose des Forschungsnetzwerks Euroconstruct, der das Ifo-Institut angehört, dürften 2026 in Deutschland 175.000 Wohneinheiten fertiggestellt werden - 95.000 weniger als 2023. Laut der Prognose geht die Zahl fertiggestellter Wohnungen in den 19 untersuchten europäischen Ländern in den kommenden Jahren nur in Schweden noch stärker als in Deutschland zurück.
    "Vor allem wegen der stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten ist der Wohnungsneubau in Deutschland oftmals nicht mehr möglich", kritisierte Ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister.

    Die Politik hat die Rahmenbedingungen bislang nicht entscheidend verbessert.

    Ludwig Dorffmeister, Ifo-Bauexperte

    Hohe staatliche Ausgaben Schuld an Lage?

    Schuld an der düsteren Lage sind laut den Immobilienweisen unter anderem hohe staatliche Abgaben. Deutschland sei "Europameister bei der Staatsquote", erklärte Mattner.
    Gemeint sind staatlich bedingte Kosten beim Bau von Wohnungen, etwa die Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer, technische Baubestimmungen oder energetische Anforderungen. Die Staatsquote liege in Deutschland derzeit bei 37 Prozent und damit teils deutlich über anderen europäischen Ländern wie Österreich (7 Prozent), Frankreich (19 Prozent) oder Polen (30 Prozent).
    Wenn die Quote beispielsweise auf 22 Prozent gesenkt würde, lägen Mieten von im Moment 15 Euro noch bei 12,80 Euro, erklärte Mattner. "Es könnte so einfach sein."

    Es ist der Staat, der hier die fette Beute macht.

    Andreas Mattern, Präsident Zentraler Immobilien Ausschuss

    Geywitz: 18 Milliarden für sozialen Wohnungsbau

    Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) setzt darauf, dass der Wohnungsbau wieder anspringt und verwies auf staatliche Förderungen. Zudem seien die Zinsen wieder gesunken, während sich bei Baumaterialien die Preise normalisiert hätten und die realen Einkommen steigen dürften. Der Bund investiere bis 2027 18 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau.
    Geywitz mahnte zudem, Bauinvestoren könnten heute nicht über diese Steuer noch Kitas und Straßen finanzieren. "Die Länder haben die Grunderwerbsteuer immer mehr in die Höhe gesetzt. Nun müssten sie prüfen, welchen Beitrag sie durch Senkung der Grunderwerbssteuer leisten können."
    Bundesbauministerin Klara Geywitz, SPD, im Gespräch mit ZDF-Mima-Moderatorin Mirjam Meinhardt
    Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sieht den Wohnungsbau als "Kernaufgabe des Staates".16.01.2024 | 4:51 min

    Verband will KfW-Programm zur Zinssenkung

    Positiv bewertetet der ZIA das neue Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment, für das der Bund 2024 eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen will.
    Der Verband dringe aber auf einen größeren Schritt: Ein Programm der staatlichen Förderbank KfW, das die Marktzinsen auf zwei Prozent senke, brächte bei einer Fördersumme von drei Milliarden Euro 100.000 zusätzliche Wohnungen.
    Bei neun Milliarden Euro wären es schon 300.000 neue Wohnungen. Das wäre "die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt". Ein vorübergehender Verzicht auf die Grunderwerbsteuer oder kommunale Abschöpfungen wären für die Branche wiederum "der Superturbo", sagte Mattner.

    ZIA: Anreize über degressive Abschreibung "unverzichtbar"

    Die von Bundesregierung und Bundestag gewünschte steuerlichen Anreize über die degressive Abschreibung hält der Verband ebenfalls für unverzichtbar. Dies ist Teil des sogenannten Wachstumschancengesetzes.
    Der Bundesrat hatte das Wachstumschancengesetz blockiert, weil es zu Einnahmeausfällen bei den Ländern führt. Deshalb steckt es im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Länderkammer. Die Union will dem Gesetz nur zustimmen, wenn die Streichung von Agrardiesel-Subventionen zurückgenommen wird. Der Vermittlungsausschuss tagt am Mittwochabend.
    Quelle: AFP, dpa, Reuters

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