Abgaben auf Kapitalerträge: Ergibt Habecks Idee "keinen Sinn"?

    Analyse

    Sozialabgaben auf Kapitalerträge:Ergibt Habecks Idee "keinen Sinn"?

    von Frank Bethmann
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    Der Wirtschaftsminister will Reiche stärker an Finanzierung des Gesundheitssystem beteiligen. Kleinsparer müssten sich keine Sorgen machen. Doch Habecks Vorstoß bleibt unpräzise.

    Robert Habeck
    Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) erntete viel Kritik für seinen Vorstoß
    Quelle: dpa

    Noch immer schlägt die Idee, Einkünfte auf Kapitalerträge stärker zu belangen, von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hohe Wellen. Der Bundeswirtschaftsminister will mit den Mehreinnahmen die Kassenlage der Kranken- und Pflegeversicherungen verbessern und gleichzeitig eine Ungleichheit beseitigen. Nämlich die, dass Arbeitslöhne sozialversicherungspflichtig sind, Erträge aus Kapitalanlagen aber nicht.
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    Zusätzliche Finanzierungsquellen gesucht

    In der Sache hat Habeck nicht unrecht: Die sozialen Sicherungssysteme stoßen zunehmend an ihre finanziellen Grenzen. Zum Jahreswechsel haben zahlreiche gesetzliche Krankenversicherungen den Zusatzbeitrag deutlich erhöht. Im Schnitt zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nun jeweils zur Hälfte 17,5 Prozent des Bruttolohns bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
    Sozialabgaben auf Kapitalerträge seien deshalb der richtige Ansatz, findet Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg, Professor an der Uni Hamburg: "Diese Erweiterung der Beitragsbasis würde es uns erlauben, den zu erwartenden weiteren Beitragssatzanstieg abzumildern."

    Experte beurteilt Habecks Vorstoß kritisch

    Weitaus skeptischer beurteilt Marcel Thum Habecks Vorschlag. Vor allem, weil diejenigen, die durchschnittlich bis weniger gut verdienen kaum Kapitalerträge hätten und Gutverdiener sowie Privatversicherte außen vor wären. Weswegen der Leiter des Ifo Instituts Dresden mit Blick auf mögliche Mehreinahmen vermutet: "Es kommt kaum etwas zusammen."
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    Kritisch beurteilt auch Ökonomin Veronika Grimm, die im Sachverständigenrat die Bundesregierung in der Wirtschaftspolitik berät, die Pläne: "Der Vorschlag macht keinen Sinn." Denn:

    Dies würde insbesondere jene belasten, die ihr Einkommen regelmäßig sparen und investieren, um langfristig Vermögen aufzubauen, beispielsweise für die Altersvorsorge.

    Veronika Grimm, Ökonomin

    Berechnungen: Habecks Vorschläge kosten Rendite

    Die Experten des IW Köln haben durchgerechnet, das bei einem Anlagevermögen von 100.000 Euro die (zugrunde gelegte) Renditeerwartung von 5 Prozent durch Steuern und Abgaben auf 3,1 Prozent fallen würde. "Rund 38 Prozent der Kapitalmarktrendite würden damit dem Staat zufallen, obwohl er nicht das Investitionsrisiko trägt", schreibt das IW.
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    Treffen würde es Familien, die für ihre Kinder Geld in Aktien anlegen, genauso wie Ruheständler: "Wer 1.855 Euro Rente im Monat bezieht und als private Altersvorsorge noch einmal 1.261 Euro Kapitaleinkünfte aus Aktien erzielt", schreibt die FAZ, "müsste künftig rund 368 statt 162 Euro im Monat an Beiträgen bezahlen; das wäre ein Anstieg um 127 Prozent."

    Sozialabgaben auf Kapitalerträge polarisieren

    Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger lässt kein gutes Haar an den Plänen Habecks: "Ich bin erstaunt, dass so ein Vorschlag von einem deutschen Wirtschaftsminister kommt. Mir fehlten die Worte." Dulgers Empörung teilt Schreyögg keineswegs.
    Er verteidigt die Gedankenspiele, Einkünfte aus Kapitalerträgen für die Finanzierung der Krankenkassen heranzuziehen: "Auch unter Gerechtigkeitsaspekten hätte dies den Vorteil, dass wir Personen, die kaum Arbeitseinkommen haben und überwiegend von Kapitalerträgen leben, für die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme heranziehen. Bisher zahlen diese Personen kaum Beiträge in die Sozialversicherung."

    Habeck: Kleinsparer müssten sich keine Sorgen machen

    Habeck selbst verteidigte sich nun nochmal. Ihm ginge es bei diesem Thema vor allem um hohe Kapitaleinkünfte; sprich um die Reichen. Diejenigen, die ihren Lebensunterhalt hauptsächlich aus Zinsen und Dividenden bestreiten würden. Der Kleinsparer müsse sich keine Sorgen machen, so der Kanzlerkandidat der Grünen. Es gehe nicht um die Altersvorsorge. Für Normalverdiener werde es Freibeträge geben.
    Doch noch immer hat Habeck keine konkreten Zahlen folgen lassen. Würde der Bundeswirtschaftsminister die Sparerfreibeträge und die Beitragsbemessungsgrenzen anheben? Und wenn ja, bis auf welche Höhen? Diese wichtigen Fragen bleiben weiterhin unbeantwortet, machen Habeck angreifbar und zeigen: Es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Themen.

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    Quelle: ZDF

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