Habecks "Investitionsfonds"-Pläne:Ökonom: "Wir haben eine Standortschwäche"
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Wirtschaftsminister Robert Habeck will mit einem "Investitionsfonds" die deutsche Wirtschaft ankurbeln. Ob das funktionieren kann, erklärt ZEW-Präsident Achim Wambach.
Deutschland habe echte Standortnachteile, so Wirtschaftsexperte Wambach. Dagegen helfe auch der Investitionsfonds des Bundeswirtschaftsministers nicht. Es brauche Strukturreformen.23.10.2024 | 9:28 min
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Vorschläge für eine "Modernisierungsagenda" zur Stärkung der deutschen Wirtschaft vorgelegt. Er plädiert dabei für eine "Investitionsprämie" von zehn Prozent. Bezahlt werden soll die fünfjährige Prämie aus einem durch Schulden finanzierten Investitionsfonds. Erhalten sollen die Prämie Unternehmen, die in diesem Zeitraum Investitionen tätigen. Mit dem Vorschlag positioniert sich Habeck auch gegen den Koalitionspartner FDP, der auf die Einhaltung der Schuldenbremse besteht.
Was bringt der neue Vorschlag von Habeck zur Stärkung der Wirtschaft? Wie realistisch ist der Plan? Kann er helfen, die Probleme der deutschen Wirtschaft anzugehen? Darüber sprach ZDFheute live mit dem Ökonomen und Präsidenten des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach.
Sehen Sie das Interview in voller Länge oben im Video und lesen Sie hier eine Zusammenfassung.
Mehr als ein Konjunkturproblem in Deutschland
Es wäre zwar ein guter zweistelliger Milliardenbetrag, der im Rahmen des Investitionsfonds aufgewendet würde, sagt der Wirtschaftsexperte. Jedoch müsse man sich die Frage stellen, ob es wirklich die beste Art sei, das Geld dafür auszugeben, Unternehmen bei den Investitionen direkt zu helfen.
Die Wachstumsaussichten für Deutschland sähen zwar nicht gut aus, dennoch sei es kein reines Konjunkturproblem, erklärt Wambach. Es sei nicht so, dass die Schwäche in ein oder zwei Jahren wieder vorbei sei.
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Wambach: Investitionsförderung ist Bekämpfung von Symptomen
Es sei wichtig, Strukturreformen und den Standort anzugehen, fordert Wambach. Viele der Vorschläge von Habeck gingen auf die Standortthematik ein. Jedoch sei die Investitionsförderung für Unternehmen eine Symptom- und keine Ursachenbekämpfung. Daher sei dieser Teil des Vorschlags nicht so überzeugend.
Zur Standortproblematik in Deutschland gehörten hohe Energiepreise, starke Regulierung und Unternehmenssteuern, die in Deutschland höher seien als in den europäischen Nachbarländern, sagte Wambach. Das seien Bremsen für Investitionen und für Gewinne, die man in Deutschland erwirtschaften will.
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Wambach fordert konkrete Schritte gegen Standortprobleme
In dem Impulspapier von Habeck würden sich schon einige Vorschläge finden, um die Standortproblematik anzugehen, zum Beispiel bei der Bekämpfung der Bürokratiekosten, sagt der ZEW-Präsident. Wichtig sei jetzt aber, dass diese auch umgesetzt würden.
Das Lieferkettengesetz, die Nachhaltigkeitsberichterstattung, das sei zusätzlicher Aufwand, auch wenn davon geredet werde, den Aufwand eigentlich senken zu wollen, sagt Wambach.
Die Digitalisierung sei ebenfalls ein wichtiges Thema. So zeige ein Bericht des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi für die Europäische Kommission, dass Europa gerade im Bereich Digitalisierung den USA hinterherlaufe.
In diesem Bereich mache Habeck einige Vorschläge, sagt Wambach. Es gehe zum Beispiel darum, wie die Datenschutzbehörden zusammenarbeiten könnten, wie man bessere Datensysteme aufbaue, wie man besser auf Daten zugreifen könne. Jetzt liege es aber an der Regierung, diese Vorschläge auch umzusetzen.
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Ökonom erwartet keine Umsetzung der Investitionsprämie
In der Ampel-Koalition sei das "eine Totgeburt", sagt der ZEW-Präsident. Die FDP werde keine zusätzlichen Schulden zulassen und die Schuldenbremse nicht aufheben.
Eigentlich müsste man in einer Situation wie jetzt in Deutschland einen abgestimmten Vorschlag geben. Es sei nicht hilfreich, wenn ein Ministerium vorpresche und klar sei, dass die Koalitionspartner nicht mitziehe.
Insgesamt hält Wambach einen Fonds für sinnvoll, der die Infrastruktur ausbaut. So habe Deutschland einen immensen Ausbaubedarf für die Transformation im Stromnetz-Bereich, im Bereich der Wasserstoffnetze, im Schienennetz und im Straßennetz. Deutschland habe noch Spielraum im Schuldenbereich, zeigt sich der Ökonom überzeugt. Unternehmen würde es dann leichter fallen. Und es wäre attraktiver, in Deutschland zu investieren.
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Alica Jung. Zusammengefasst hat es ZDF-Redakteurin Caroline Kleine-Besten.
Quelle: ZDF
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