Firmenchef und noch keine 18:Junge Gründer: Ein Weg mit großen Hürden
von Julia Ludolf
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Fast jeder zweite junge Mensch zieht zwar die Gründung eines Unternehmens in Betracht, aber nur wenige setzen diesen Gedanken in die Tat um. Woran liegt das?
Was motiviert junge Menschen dazu, ein Unternehmen zu gründen?02.01.2025 | 3:57 min
Derzeit sind Unternehmensgründungen von Minderjährigen in Deutschland eher ein Nischenphänomen. Wer den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, stößt besonders in ganz jungem Alter auf große bürokratische Hürden. Diese Erfahrung machten auch drei Abiturienten aus Büren, die deswegen mit der Gründung bis zur Volljährigkeit gewartet haben.
Innovative Ansätze zur Problemlösung
Philipp Siedhoff, Jost Reelsen und Felix Lachtrup haben inzwischen nicht nur ihr Abitur in der Tasche, sondern auch ihr eigenes Unternehmen. Im Physik-Leistungskurs bemerkten sie, wie ihre Motivation kontinuierlich sank. Der Grund: Viele Experimente konnten mangels Ausstattung oder zu hoher Kosten nicht durchgeführt werden.
Infolgedessen gründeten sie das Unternehmen "AR-Physics" - eine App mit der Experimente mittels Augmented Reality durchgeführt werden können.
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Expertin: Affinität für digitale Medien
"Das junge Alter birgt einige Vorteile", sagt Teita Bijedić-Krumm, Expertin für Unternehmensgründungen am Institut für Mittelstandsforschung in Bonn. "Sie können sich ausprobieren und ohne große Verpflichtungen Erfahrungen sammeln." Zudem müssten junge Gründer*innen nur wenig Geld aufwenden, da die meisten Tätigkeiten zu Hause am PC ausgeführt werden können, so die Wissenschaftlerin.
So können sie sich laut Bijedić-Krumm effizienter ihre Zielgruppe erschließen und schneller Kontakte knüpfen.
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Ihre Affinität für digitale Medien spiegelt sich auch in den Branchen wider, die für junge Gründer*innen besonders attraktiv sind: Dazu zählen künstlerische und kreative Tätigkeiten sowie der Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie.
Im Jahr 2017 gab es in Deutschland rund 4.200 minderjährige Selbstständige, davon 1.350 Neuzugänge. Diese Zahl umfasst sowohl echte Gründungen als auch Vermögensübertragungen, etwa durch Erbschaften.
Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn gehen davon aus, dass jährlich zwischen 290 und 610 tatsächliche Unternehmensgründungen von Minderjährigen erfolgen, bei denen sie auch das Geschäft führen. Die große Spannweite entsteht durch die Unsicherheit, wie viele der Neuzugänge echte Gründungen und wie viele lediglich Vermögensübertragungen sind.
Positive Eltern-Haltung fördert Gründungen
Die meisten jungen Gründer seien zwischen 15 und 17 Jahre alt und vorwiegend männlich, berichtet Teita Bijedić-Krumm. Zudem seien sie meist überdurchschnittlich gut in der Schule.
"Wir sehen auch, dass sie aus einem eher bildungsnahen Elternhaus kommen." Die Eltern würden manchmal auch selbst über unternehmerische Erfahrung verfügen, so Bijedić-Krumm. Das sei aber gar nicht der entscheidende Punkt.
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Viel Förderung, aber wenig Mut zur Gründung
Bijedić-Krumm weist auf die "vielfältigen Förderprogramme" für junge Gründer*innen hin. Allerdings: "Studien zeigen schon seit jeher, dass die Kultur unternehmerischer Selbstständigkeit in Deutschland nicht besonders stark ausgeprägt ist."
Dies sei auch auf kulturelle Aspekte zurückzuführen. "Es sind die Werte und Normen in der Gesellschaft, die eher zu risikoaversem Verhalten führen."
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Hürden für junge Gründer
Junge Gründer*innen berichten oftmals von entmutigenden Erfahrungen mit Behörden. Ein Beispiel: Ein Beispiel: das sogenannte Ermächtigungsverfahren, dass Minderjährige durchlaufen müssen, um ein eigenes Unternehmen zu gründen und zu führen.
Der Prozess ist Teita Bijedić-Krumm zufolge zwar notwendig und richtig, um das Kindeswohl zu gewährleisten, allerdings sei das Verfahren an sich verbesserungsbedürftig. "Die fehlende Standardisierung und Intransparenz hinsichtlich der Anforderungen und der Bewertungskriterien sind die größten Hürden für die Antragsstellenden und ihre Erziehungsberechtigten."
Zudem könne es sich sehr lange hinziehen - von mehreren Monaten bis zu einem Jahr dauern.
Daher hatten sich auch die drei Abiturienten aus Büren dazu entschlossen mit der Gründung bis zu ihrem 18. Lebensjahr zu warten.
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Gründungskompetenz in Schulen stärken
Laut Bijedić-Krumm mangelt es zusätzlich an der Gründungssensibilisierung in Schulen.
Das Thema Selbstständigkeit könnte in verschiedenen Projekten in den Unterricht miteingebracht werden. So müsse nicht direkt das Curriculum verändert werden, betont die Gründungsexpertin.
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Blick auf Selbstständigkeit weiten
Beim Gründen denken viele an große Erfolgsgeschichten wie die von Bill Gates. Dabei könne man sich auch in ganz anderen Bereichen selbstständig machen, etwa in Handwerksberufen oder im sozialen Bereich, sagt Bijedić-Krumm
Diese "Alltags-Selbstständigkeit" müsse sichtbarer werden. Die Expertin rät angehenden Gründer*innen dazu, nicht unbedingt den Weg von berühmten Unternehmer*innen nachzuahmen.