Zentralbanken treiben den Goldpreis - Schwellenländer aktiv
Zentralbanken sichern sich ab:Warum der Goldpreis steigt - und wer ihn treibt
von Mischa Ehrhardt
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Der Goldpreis erreicht neue Rekorde. Die Nachfrage ist ungebrochen groß. Vor allem manche Zentralbanken auf der Welt decken sich mit dem Edelmetall ein - auch zur Absicherung.
Goldbarren werden immer begehrter - gerade in Zeiten von wachsender Unsicherheit.
Quelle: dpa
Die Rallye am Goldmarkt geht weiter. Nachdem das Edelmetall bereits im vergangenen Jahr um satte 27 Prozent gestiegen war, erreichte der Goldpreis in dieser Woche einen neuen Rekord. Eine Feinunze war zeitweise über 2.940 Dollar wert. Manche Beobachter glauben, dass nun auch die nächste psychologische Marke von 3.000 US-Dollar geknackt werden könnte.
Zentralbanken verstärkt als Gold-Käufer
Was den Preis treibt ist vor allem Unsicherheit: Gold gilt Anlegern seit jeher als Anker in unruhigen Zeiten. Sinkende Zinsen in großen Wirtschafsräumen wie den USA und Europa haben ebenfalls eine Rolle gespielt. Denn für Gold gibt es keine Zinsen. Sinken die Zinsen, kann Gold vor allem mit Staatsanleihen besser als Wertanlage konkurrieren. Doch reichen diese Erklärungen für die aktuelle Rallye nicht aus.
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Denn 2024 war der Gipfel der Inflationskrise bereits überschritten. Und die Notenbanken senkten die Zinsen weniger entschlossen, als man das zu Beginn des Jahres noch erwartet hatte. Was sich allerdings als Trend bereits seit 2008 beobachten lässt, ist, dass bestimmte Notenbanken verstärkt als Gold-Käufer auftreten.
Hohe Staatsschulden in den USA
Die höchsten Goldreserven der Welt hält die amerikanische Notenbank FED, gefolgt von der Deutschen Bundesbank. Doch sind es nicht diese Zentralbanken, die am Goldmarkt nun in Erscheinung treten - die Bestände der FED als auch der Bundesbank bleiben seit Jahren fast unverändert. Es sind vor allem Notenbanken aus Schwellenländern, die Goldbestände aufbauen.
Dabei liegt der Beginn des Anstiegs von Notenbankkäufen nicht zufällig in den Jahren nach 2008: In der Folge der großen Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise sind die Staatsschulden in vielen Ländern explodiert. Auch in den USA ist die Verschuldung in jenen Jahren stark gestiegen. Mittlerweile liegt die US-Schuldenquote bei rund 120 Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung.
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Goldreserven schaffen mehr Unabhängigkeit gegenüber Dollar
Und mit US-Präsident Donald Trump dürfte die Schuldenquote weiter steigen. Denn der hat Steuergeschenke für Vermögende und Unternehmen versprochen, die über Kredite finanziert werden müssen. Zudem hat seine Zollpolitik das Potenzial, einen Anstieg der US-Inflation zu bewirken. Zinsanhebungen könnten die Folge sein. Dann aber steigt auch die Zinslast für die Staatsschulden, womit wiederum mehr Geld in die Schuldenfinanzierung fließen muss.
Diese Entwicklungen können auch in der weltweit größten Volkswirtschaft zu Problemen führen - und die Leitwährung Dollar schwächen. Goldreserven machen Notenbanken grundsätzlich unabhängiger von der Weltleitwährung - was deren Interesse an Gold erklärt.
Geopolitische Lage verstärkt Gold-Nachfrage
Doch warum sind es vor allem Notenbanken in Schwellenländern, die sich mit Gold eindecken? Die Antwort liegt in den zunehmenden geopolitischen Spannungen und einer neuen Blockbildung. Russland hat durch die Sanktionen in Folge seines Angriffes auf die Ukraine erfahren, dass seine Dollar- oder Euroreserven eingefroren werden können.
Gleichzeitig haben andere Länder den Handelsausfall des Westens mit Russland kompensiert. Insbesondere Länder wie China und Indien haben den Handel mit Russland intensiviert und nehmen Moskau seine Rohstoffe ab.
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Und China ist zum großen Rivalen der USA aufgestiegen. Nach Angaben der chinesischen Notenbank hat das Land allein im Jahr 2023 rund 225 Tonnen Gold angekauft. Gut möglich, dass es noch mehr war. Denn die Angaben von Notenbanken zu ihren Goldkäufen basieren auf Freiwilligkeit.
Gold als Sicherheit
Im Jahresbericht des World Gold Council lässt sich nachlesen, dass der Gold-Ankauf von Zentralbanken insgesamt im vergangenen Jahr das dritte Mal in Folge bei über 1.000 Tonnen gelegen hat. Zum Vergleich: Die Bundesbank - als zweitgrößte Gold-Horterin der Welt nach der amerikanischen Notenbank FED - hat einen Goldbestand von insgesamt gut 3.350 Tonnen.
Ähnlich wie Privatanleger versuchen verschiedene Zentralbanken also mit Goldkäufen Risiken zu minimieren. Und manche von ihnen versuchen offenbar, sich durch Gold von der US-Leitwährung Dollar unabhängiger zu machen. Kurzum: Gold verspricht Sicherheit - auch und gerade in einer sich zunehmend polarisierenden Welt.
Quelle: dpa
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