Deutsche Airports: Warum das Flugangebot schrumpft

    Steigende Kosten an Airports:Warum das deutsche Flugangebot schrumpft

    Sina Mainitz
    von Sina Mainitz
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    Luftverkehrssteuer und hohe Gebühren für Sicherheitschecks setzen Airlines zu: An deutschen Flughäfen wird das Flugangebot dünner. Und die Tickets werden teurer.

    Diverse Flugzeuge am Flughafen Frankfurt
    Im neuen Winterflugplan hinkt Deutschland dem restlichen Europa beim Flugangebot hinterher.
    Quelle: dpa

    Airlines bieten immer weniger Flüge von deutschen Flughäfen an. Im vergangenen Jahr waren es fast 200 Strecken weniger als noch vor zehn Jahren. In fast allen Ländern Europas hat das Passagieraufkommen Vor-Corona-Niveau erreicht. In Deutschland nicht.
    An deutschen Flughäfen gibt es weniger Maschinen und dementsprechend geringere Passagierzahlen. Nach Daten des Flughafenverbands AVD gab es dieses Jahr 14 Prozent weniger Passagiere im Juli als noch vor einem Jahr.
    "Im Winterflugplan ab Oktober sehen wir einen Rückstand des deutschen Flugangebots von 27 Prozentpunkten gegenüber dem europäischen Durchschnitt", sagt Alexander Klay vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). "Deutschland kommt auf 83 Prozent des Angebots im Vergleich zu 2019. Das restliche Europa auf 110 Prozent."

    Das ist ein Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland, denn immer mehr deutsche Verbindungen werden massiv zurückgefahren.

    Alexander Klay, BDL-Sprecher

    Gründe dafür gibt es viele: So schlagen sich Luftverkehrssteuer, Luftsicherheitsabgaben und Flugsicherungsgebühren für die Airlines schließlich bei den Ticketpreisen nieder.

    Standortkosten an deutschen Flughäfen stark gestiegen

    Die Entwicklung der staatlichen Standortkosten am Beispiel des Flughafens Stuttgart zeigt: Die Kosten für einen innereuropäischen Flug Typ A320 mit 150 Passagieren sind von 2019 bis 2024 von 2.389 Euro auf 4.404 Euro gestiegen. Das entspricht einem Plus von 84 Prozent. Damit haben sich die staatlichen Standortkosten am Flughafen Stuttgart innerhalb von fünf Jahren fast verdoppelt.
    Mehrere Flugzeuge des Modells Boeing 737 MAX stehen wegen eines Startverbots am Flughafen Seattle, USA.
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    An anderen deutschen Flughäfen sieht es ähnlich aus. Inzwischen entfallen fast 30 Prozent des Ticketpreises eines typischen One-Way-Fluges von Deutschland zu einem europäischen Ziel auf die staatlichen Standortkosten. Durch diese Entwicklung verfestigt sich die Position der deutschen Flughäfen als diejenigen mit den höchsten staatlichen Standortkosten Europas.

    Viel Personal für Sicherheitskontrollen

    Einen großen Batzen dieser Kosten machen inzwischen die Luftsicherungsgebühren aus. Laut BDL-Sprecher Klay geht Deutschland hier im wahrsten Sinne des Wortes auf Nummer sicher. Die Kontrollen beim Abflug in der Security-Schlange sind wohl das, was Passagiere am meisten an Flughäfen nervt.
    In Europa sind vier Personen zur Kontrolle Pflicht, in Deutschland stehen bis zu sieben Personen an der Sicherheitskontrolle. Sie kosten Zeit und Geld. Ab 2025 sollen die Kosten für Sicherheitskontrollen steigen.

    Ryanair zieht Flüge aus Berlin wegen Kosten ab

    Der irische Billigfluganbieter Ryanair zieht Konsequenzen aus den Entwicklungen. Künftig soll ein Fünftel der Flüge, die von Berlin aus starten, aus Kostengründen gestrichen werden.
    Hinzu kommen andauernde Lieferprobleme des US-Flugzeugbauers Boeing. Sie verhageln zusätzlich Ryanairs Wachstumspläne für dieses Jahr. Wegen ausbleibender Flugzeuglieferungen von Boeing werde Ryanair 2024 voraussichtlich fünf Millionen Passagiere weniger befördern als die ursprünglich geplanten 205 Millionen, erklärte die Fluggesellschaft.
    Flugbegleiterin in einem Ryanair-Flugzeug bei der Arbeit mit Verkaufswagen.
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    "Weltweit bleiben derzeit über 500 A320 Maschinen am Boden wegen technischer Probleme", sagt Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. "Weniger Maschinen am Himmel bedeuten mehr am Boden und weniger Gewinn."

    Gäbe es genug Flugzeuge, hätten wir auch mehr Angebot und damit andere Preise.

    Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte

    Allerdings macht Großbongardt auf den Umweltaspekt aufmerksam: "Die Frage ist doch auch: Wie laut müssen wir darüber weinen, dass wir weniger Flugbetrieb haben?"

    Kurzstrecke bringt Airlines kaum noch Ertrag

    Die Menschen rund um die Einflugschneisen deutscher Flughäfen dürfte der aktuelle Rückgang freuen. Generell findet in vielen Köpfen ein Umdenken in Sachen Umwelt statt. Kurzstreckenflüge werden von vielen kritisch gesehen. Für die Airlines bringen sie ohnehin kaum noch Ertrag. So will die Lufthansa mehr Kurzstreckenflüge von anderen Anbietern erledigen lassen. Grund ist eine höhere saisonale Nachfrage in den klassischen Urlaubszeiten, nachdem der Anteil von Geschäftsreisenden deutlich zurückgegangen ist.
    Und noch etwas ist deutlich zurückgegangen: die Möglichkeit, zum Spottpreis in die weite Welt zu fliegen. Doch hier sind sich die meisten Luftfahrtexperten einig: Flüge sollten auch einen gewissen Wert haben.

    Auf Kosten des Umweltschutzes
    :Fliegen für 37 Euro: Brasiliens Sozialprojekt

    Während Klimaschützer in Europa Flugverkehr reduzieren wollen, will Brasiliens Präsident immer mehr davon. Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit, sagt Lula da Silva.
    von Tobias Käufer
    Ein Flugzeug fliegt im wolkenlosen Himmel über eine Großstadt.

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