Kennzeichnung von Tierhaltung auch in Restaurant und Imbiss?
Tier- und Verbraucherschutz:Tierhaltungslabel auch für Gastronomie?
von Britta Hilpert
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Was an der Fleischtheke üblich ist, kennt man aus Restaurants und Imbissen nicht: Angaben über Herkunft und Haltung des Tieres. Die Regierung will das ändern.
Wie ging es dem Schnitzel, als es noch ein Schwein war? SPD und Grüne fordern eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch. Darüber debattiert der Bundestag. 20.12.2024 | 1:41 min
Am Mö-Grill in der Mönckebergstraße in Hamburg drängen sich die Hungrigen: Der Shopping-Marathon zur Weihnachtszeit zehrt an den Kräften, die schnelle heiße Wurst zwischendurch ist da sehr willkommen. Was da auf dem Grill brutzelt, sieht verlockend aus - aber was für ein Leben das Tier hatte, aus dem die Wurst gemacht ist - das ist unklar.
Auf Nachfrage fänden das aber schon viele am Imbisstand gut: "Gerade in einer Zeit, in der wir uns alle damit beschäftigen, wo das Fleisch herkommt, fände ich eine Kennzeichnung gut", meint Jakob Edelmann.
Jörg Severin hält es auch für wichtig, "nur wie es praktikabel gemacht werden kann, das weiß ich nicht." Und Claudia Gretz meint: "Ich möchte, wenn ich Fleisch esse, schon wissen, wo es herkommt, aber ob es Zwang sein muss? Das fände ich nicht so gut."
Eine verbesserte Tierhaltung für mehr Tierwohl erfordert bauliche Maßnahmen der Landwirte. Das kostet Geld, die Landwirte brauchen aber oft die finanziellen Mittel und die Planungssicherheit, dass sich solche Investitionen langfristig auch lohnen.15.01.2024 | 6:15 min
Bundestag diskutiert über Gesetzesänderung
Was also essen wir da außer Haus? Eine Gesetzesänderung der rot-grünen Minderheitsregierung will zur Klarheit verpflichten.
Sie wurde am Freitag im Bundestag erstmals diskutiert. "Ein Drittel der Schweinefleisch-Produktion in Deutschland wird in Restaurants gegessen", ruft Renate Künast von den Grünen in die Runde. Da sei eine verpflichtende Kennzeichnung auch im Interesse der Landwirte.
"Denn die Menschen essen weniger Fleisch - und die, die hier noch Tiere halten und noch Fleisch produzieren, sollen am Markt klar erkennbar sein." Es sei im harten Konkurrenzkampf um die Kundschaft von Vorteil für Landwirtschaft und Kunden, meint Künast:
Im Handel gibt es ein (freiwilliges) Label
Man kennt es zudem schon aus dem Lebensmittelhandel: Dort wird oft heute schon freiwillig gekennzeichnet, auf welche Art das Tier gehalten wurde. Die vier farbig hinterlegten Stufen von rot (Stallhaltung) bist grün (Premium) kleben auf vielen Verpackungen, in Fleischereien hängen oft Plakate mit Angaben zu Hersteller und Haltung.
Für Schweinefleisch gibt es jetzt noch ein Tierhaltungskennzeichen - diesmal vom Staat. Bringt das was? Wir zeigen, was sich hinter den Stufen verbirgt.
Ab Sommer 2025 soll die Kennzeichnung im Lebensmittelhandel schrittweise als Pflicht eingeführt werden, sodass die Information flächendeckend zur Verfügung steht.
Dehoga spricht von "Bürokratiewahn"
Der Bundestag diskutiert nun, ob diese Regelung um "Ausser-Haus-Verpflegung" erweitert wird, für Restaurants, Imbisse, Mensen, sogar für Pflegeheime - Jens Stacklies vom Gaststättenverband Dehoga nennt das "Bürokratiewahn".
"Ich müsste wieder alle Speisekarten neu drucken lassen", sagt er. "Die müssen ständig gepflegt werden. Ich müsste das immer abgleichen mit dem Lieferanten. Ist das richtig, was er mir da liefert?"
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, fordert höhere Preise für Fleisch. Mehr Tierwohl in die Ställe zu bringen, würden die Landwirte nicht alleine schaffen. 28.06.2023 | 5:49 min
Der Verbandsvertreter hat selbst ein schickes Restaurant in der Speicherstadt und sorgt sich um die Praxis, wenn zum Beispiel kurzfristig ein Lieferant gewechselt werden muss oder wenn viele verschiedene Lieferanten für eine Speise zuständig sind. Er meint, die Wirte seien am Ende der Kette, man müsse aber am Anfang beginnen:
CSU: Zu viele Vorgaben für Tierhaltung
Stacklies bekommt im Bundestag Rückendeckung von der Union. Der Bayer Max Straubinger prangert die Gesetzesneuregelung als einen weiteren Beweis für grüne Regelungswut an. Die habe dazu geführt, dass viele Tierhaltungsbetriebe aufgeben:
Wenn Tierhalter aufgeben würden, sei das auf die Politik der Grünen zurückzuführen, meint Straubinger, "weil die Anforderungen so hoch sind, dass sie sagen: Unter diesen Bedingungen können wir nicht mehr weiter arbeiten".
Verbraucherzentrale gegen Ausnahme für Gastronomie
Jana Fischer von der Verbraucherzentrale dagegen meint, der Aufwand für die Wirte sei vertretbar: Die Information müsse ja nicht auf der Menükarte stehen, sie könne separat ausgehängt werden. Oder sie kann digital erfolgen - der QR-Code auf der Menükarte ist vielen bereits vertraut für die digitale Information über das Essensangebot.
Bio boomt. Artgerechte Tierhaltung und Nachhaltigkeit von Lebensmitteln sind gefragt. Doch woher kommt die Idee der heutigen ökologischen Landwirtschaft?05.12.2024 | 44:01 min
"Die Supermärkte müssen auch sicherstellen, dass Bioprodukte wirklich bio sind, sagt Fischer. "Und wenn sie das nicht sind, dann darf es auch nicht so gekennzeichnet werden. Und da sollte die Gastronomie in dem Sinne nicht ausgenommen werden."
Wie das Schwein gehalten wurde, aus dem die Wurst gemacht ist - diese Informationspflicht soll noch vor den Wahlen verabschiedet werden, wenn es nach der rot-grünen Minderheitsregierung geht. Ob das noch klappt, ist mehr als fraglich.
Britta Hilpert leitet das ZDF-Landesstudio Hamburg.
Quelle: ZDF
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