Fachkräfte aus dem Ausland: Erfolgsstorys von Zugewanderten

    Erfolgsstorys von Zugewanderten:"Ich habe endlich Arbeit gefunden"

    von Dorian Bein
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    Die Jobsuche ist für Menschen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte voller Hürden, trotz Uniabschluss und Berufserfahrung. Doch engagierte Initiativen unterstützen die Newcomer.

    Der Afghane Reza Haidari bezieht sein eigenes Büro.
    Deutschland sucht Fachkräfte, und viele wären verfügbar. Doch nach einem Jahr sind erst sieben Prozent der Geflüchteten in Arbeit. Wie geht es schneller?26.09.2024 | 29:45 min
    Menschen, die neu nach Deutschland kommen, sind ein Riesen-Potenzial, das noch viel zu wenig ausgeschöpft wird. Ihnen schnell auf die eigenen Beine zu helfen, ist eine Win-win-Situation - für Leute und Land. Denn der Fachkräftemangel bremst die deutsche Wirtschaft. Freie Stellen bleiben unbesetzt.
    Gleichzeitig tragen bürokratische Hürden dazu bei, dass nach einem Jahr in Deutschland gerade einmal sieben Prozent der Geflüchteten einen Job haben. Erst nach sechs Jahren klettert die Beschäftigungsquote auf mehr als die Hälfte.
    Doch es gibt auch Erfolgsgeschichten. Wie sie in Deutschland schnell eine qualifizierte Arbeit gefunden haben, berichten ein Afghane und eine Ukrainerin.

    Reza Haidari, 39, Start-up-Gründer

    Reza Haidari trägt eine Kiste beim Einzug in sein eigenes Büro.
    Der Afghane Reza Haidari bezieht sein eigenes Büro, ermöglicht durch Förderung für sein Start-up.
    Quelle: ZDF

    "Es war ein normaler Bürotag, im August 2021. Ich arbeitete damals als leitender Energieberater der afghanischen Regierung. Plötzlich weinte meine Sekretärin und sagte, wir müssten unser Büro sofort verlassen, weil die Taliban ganz in der Nähe seien. Ich holte meinen Sohn Taha aus der Schule ab und tauchte bei Freunden unter.
    In den Augen der Taliban war ich ein Kollaborateur, weil ich für das Energieministerium mit der US-Armee zusammengearbeitet hatte. Meine Frau Zahra lebte damals in Saarbrücken, um einen Master in Biologie zu machen. Erst Monate später gelang uns über den Iran die Flucht zu ihr nach Deutschland. Das war eine sehr schwierige Zeit für uns als Familie.
    Jetzt waren wir in Sicherheit, doch wie sollte ich mir in einem fremden Land eine neue Existenz aufbauen? Ich habe so schnell wie möglich Deutsch gelernt. Parallel habe ich mein Fachwissen genutzt, um eine Software zu entwickeln. Die hilft Unternehmen, auf grünen Strom umzusteigen und ihren CO2-Ausstoß zu senken. Damit wollte ich mich selbstständig machen, aber natürlich hatte ich keine Ahnung, wie man das hier anstellt.
    Nachwuchs fürs Handwerk
    Jedes Jahr bleiben rund 20.000 Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt. Viele Betriebe suchen händeringend Nachwuchs. Höchste Zeit, die Ausbildung attraktiver zu machen.12.09.2024 | 29:45 min
    Dann habe ich von einem Förderprogramm gehört: Die "Perspektive Neustart" hilft Leuten wie mir, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Welche Anträge muss man stellen, welche Dokumente besorgen? Außerdem haben sie mir geholfen, Förderprogramme zu finden. Ich habe an verschiedenen Start-up-Wettbewerben teilgenommen, und siehe da: Das Saarland hat mir eine Starthilfe von 150.000 Euro für mein Start-up in Aussicht gestellt.
    Außerdem habe ich den Förderpreis der Universität des Saarlands für die beste Start-up-Idee gewonnen. Jetzt habe ich ein eigenes Büro und arbeite an einer Marketing-Strategie, um Kunden zu akquirieren. Ohne die "Perspektive Neustart" wäre ich in zwei Jahren nie so weit gekommen. "Perspektive Neustart" ist ein Best-Practice-Beispiel in diesem Bereich, Migranten zu helfen, in Deutschland zu gründen. Die Leute von "Perspektive Neustart" waren immer sehr nett. Und die sind nicht nur meine Mentoren, sondern auch meine besten Freunde."



    Aktenstapel auf einem Schreibtisch
    Die Bürokratie ist an vielen Stellen ein Problem für Start-ups. Daher fordern sie den Staat nun auf, Regeln für Investitionen und die Anwerbung ausländischer Fachkräfte zu lockern.09.09.2024 | 1:43 min

    Nadiia Andruschtschenko, 38, Webentwicklerin

    Die Ukrainerin Nadiia Andruschchenko beim Pitchtraining der Women Speaker Foundation.
    Die Ukrainerin Nadiia Andruschchenko (r.) beim Pitchtraining der Women Speaker Foundation.
    Quelle: ZDF

    "Als 2022 der Krieg in der Ukraine ausbrach, haben wir viele Nächte in Schutzbunkern verbracht, mein 15-jähriger Sohn Wolodymyr und ich. Ich bin alleinerziehend. Irgendwann sind wir zu einer Bushaltestelle gelaufen. Die stand in freiem Gelände, kein Schutz in der Nähe, als ein Hubschrauber über uns auftauchte - und der hatte keine ukrainische Flagge. Ich dachte wirklich, er würde auf uns schießen. Ich schaute meinen Sohn an und in diesem Moment habe ich mir geschworen: Das war's. Morgen hauen wir ab!
    Junger Mann (Gen Z) liegt auf der Couch und isst Chips
    Deutschland kriegt die Krise: Es herrscht Fachkräftemangel und bei so manchem Arbeitgeber liegen die Nerven blank. Gen Z sei zu faul, zu schlecht ausgebildet und zu anspruchsvoll.09.11.2023 | 12:38 min
    Ich habe meine Eltern zurückgelassen, eine Eigentumswohnung und einen gut bezahlten Job als Anwältin am Obersten Gerichtshof in Kiew. Wir sind bei einer ukrainischen Freundin untergekommen, die schon viele Jahre in München lebt. Die ersten Monate wohnten wir zu viert in eineinhalb Zimmern. Wir sind sehr glücklich, dass wir hier diese Möglichkeit haben, ein neues Leben in totaler Sicherheit zu beginnen.
    Mein Juraabschluss wurde in Deutschland nicht anerkannt. Ich müsste noch einmal ganz von vorne beginnen, um in meinem Beruf zu arbeiten. Deshalb habe ich mich nach einer neuen beruflichen Perspektive umgesehen.
    Ukrainische Ärztinnen
    Von knapp 1.700 geflüchteten ukrainischen Ärzten dürfen bisher gerade einmal 187 in Deutschland arbeiten. Der Grund dafür: Umfangreiche bürokratische Hürden, die die Integration von Ärzten aus Drittstaaten erschweren.28.08.2024 | 2:05 min
    Dabei bin ich auf die ReDi School in München gestoßen, einer Schule für digitale Integration. Dort können Geflüchtete eine 18-monatige Ausbildung absolvieren. Zwar ersetzt der Unterricht kein Informatikstudium, er orientiert sich aber an den Anforderungen des Arbeitsmarkts und bereitet gut auf das Berufsleben vor.
    Ich habe mich zur Programmiererin umschulen lassen. Als Abschlussprojekt bekam ich die Aufgabe, eine neue Website für eine Münchner Swing-Tanzschule mit zu entwickeln. Der Kunde war sehr zufrieden. So habe ich meinen Abschluss bekommen - und nur vier Wochen später eine Zusage für einen Job als Entwicklerin bei einem Münchner IT-Unternehmen. Ich bin sehr glücklich, ich habe endlich Arbeit gefunden. Ich bin ReDi sehr dankbar."



    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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