Zu große Risiken: Warum die EZB die Zinsen unverändert lässt
Analyse
Zu große Risiken:Warum die EZB die Zinsen unverändert lässt
von Klaus Weber
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An der Börse hatten sie darauf gehofft, doch die EZB lässt die Zinsen unverändert. Senkungen wird es wohl so schnell nicht geben. Die Inflation bleibt klar oberhalb von 2 Prozent.
Die Börsen legten in den vergangenen Wochen mal wieder einen klassischen Fehlstart hin. Die Kurse stiegen, weil die Spekulation lautete, dass Christine Lagarde spätestens bei der heutigen Ratssitzung die Katze aus dem Sack lassen und eine baldige Senkung des Leitzinses in Aussicht stellen würde. Fallende Zinsen bedeuten nämlich bessere Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen, was in der Regel zu einem Ankurbeln der Wirtschaft führt.
Doch es kam anders. Der Sack mit der Katze wurde im Prinzip schon vergangene Woche, beim Weltwirtschaftsforum in Davos, provisorisch zugemacht. Dort erklärte die EZB-Chefin, dass die Märkte vorausgeeilt und die Erwartungen viel zu hoch seien, im Vergleich zu dem, was wahrscheinlich geschehen wird.
Zu früh für Zinssenkungen
Heute nun hat sie den Sack nicht nur geschlossen, sondern endgültig fest verschnürt. Lagarde betonte nochmals explizit, dass Konsens im Rat darüber geherrscht habe, dass es zu früh sei, um über Zinssenkungen zu sprechen.
Obwohl die Börsen also drängelten und drückten, scheint sich der alte Spruch, "Gegen die Zentralbank kann man nicht gewinnen", wieder einmal zu bewahrheiten. Der schnelle Zinsschritt nach unten ist also zunächst auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben, die Hoffnung der Börsen zerstört.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, hat es kommen sehen:
Nach dem Kraftakt der starken Leitzinserhöhungen aus dem vergangenen Jahr will die EZB in jedem Fall vermeiden, das Ruder zu früh herumzureißen. Erst müssen sich die Erfolge bei der Inflationseindämmung festigen.
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Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank
Was Kater meint und die Börse zuletzt weitestgehend ausblendete: Die Inflation liegt - trotz zehn Zinssenkungen in Folge - immer noch deutlich oberhalb des von der Europäischen Zentralbank angepeilten Inflationsziels.
Dieses beinhaltet, dass die Preise höchstens etwa zwei Prozent steigen dürfen. Die Teuerung im Euro-Raum ist zwar von den stattlichen 10,6 Prozent im Oktober 2022 ein Jahr später auf 2,4 Prozent gefallen, aber im Dezember gab es bereits einen Rückschlag und die Inflation stieg wieder auf 2,9 Prozent an. In Deutschland, dem größten Euroland, gar auf 3,7 Prozent.
Unabsehbare Risiken
Ein Umfeld also, in dem die Notenbänker noch lange nicht im "Inflations-Wohlfühlbereich" angekommen sind und deshalb entspannt Zinssenkungen verkünden können. Zumal die wirtschaftliche Lage im Moment mehr als kapriziös ist und aus Risiken besteht, die uns dauerhaft in den nächsten Monaten begleiten werden. Aktuell auch abzulesen an Arbeitskämpfen wie dem Bahnstreik.
Die Löhne in der Euro-Zone steigen auf breiter Front an, so stark wie nie seit Einführung des Euros. Und der Fachkräftemangel wird dafür sorgen, dass dies auf längere Sicht auch so bleibt. Ein unkalkulierbares Risiko für die EZB. Löhne und Preise könnten sich gegenseitig befeuern.
Die Zentralbank äußerte schon ihr Unbehagen. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sieht die Lohnzuwächse alles andere als im Einklang mit dem Zwei-Prozent-Inflationsziel der Währungshüter.
Weitere Risiken, wie eine Rezession in Europa, steigende Transportkosten oder Lieferengpässe wegen der geopolitischen Lage oder Kosten für die grüne Transformation könnten sogar zu einer dauerhaften Erhöhung der Inflation führen. Für Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, durchaus vorstellbar:
Es spricht einiges dafür, dass wir in der ersten Jahreshälfte über drei bleiben und uns in der zweiten zwischen zwei und drei einpendeln.
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Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING
Die Drei also die neue Zwei? Eine Aussicht, die nicht nur Börse und EZB schrecken wird, sondern vor allem die Verbraucher.
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