Teure Autos, langsames Laden:E-Mobilität: Neue Strategie, alte Knackpunkte
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Die Elektromobilität in Deutschland kommt nicht in Fahrt. Nicht mehr Kaufprämien, sondern niedrige Strompreise, fordert die Autoindustrie. Und es gibt zu viele Defizite beim Laden.
Baden-Württemberg, Stuttgart: Ein Auto steht an einer Elektroladestation in der Stuttgarter Innenstadt.
Quelle: dpa
Deutschlands Markt für Elektroautos erholt sich nur langsam vom plötzlichen Wegfall der Kaufprämie im Dezember 2023. Die Nachfrage nach E-Autos zog zuletzt zwar leicht an, doch für Otto-Normalverbraucher sind die Stromer hierzulande mit einem Durchschnittspreis von 45.000 Euro immer noch zu teuer.
Das Angebot bezahlbarer Fahrzeuge bleibt bislang überschaubar. Der Ruf nach einer Neuauflage von Subventionen aber bleibt aus. Im Gegenteil. Der Chef von BMW, Oliver Zipse, spricht aus, was die meisten deutschen Autobauer denken: "Wir sind gegen eine Förderung." Zu groß ist die Sorge, dass eine neuerliche Kaufprämie nur ein Strohfeuer auslöst, nicht aber die eigentlichen Probleme angeht.
Automobilverband gegen neue Förderung
Das eigentliche Problem sind die Strompreise, sagt Hildegard Müller. Die Präsidentin des Automobilverbandes VDA forderte daher jüngst:
Laden muss günstiger sein als Tanken.
Hildegard Müller, Präsidentin Automobilverband VDA
Die Forderung nach einer neuen Förderprämie hört man von der Autolobbyistin dagegen nicht mehr. Ein Strategiewechsel, der grundsätzlich genau der richtige Ansatz sei, sagt Christoph Stürmer, Autofachmann und Dozent an der Hochschule Aalen.
Volkswagen-Chef Oliver Blume zieht die Situation in China als Vergleich heran: Dort koste Strom zum Laden zwischen drei und vier Cent je Kilowattstunde an öffentlichen Säulen. Preise, von denen wir in Deutschland weit entfernt sind. Unter 40 Cent pro kWh erhalten E-Auto-Fahrende unterwegs selten Energie, schreibt der ADAC.
Betriebskosten der Stromer noch zu hoch
"Wir müssen die Ladestrompreise in den Griff bekommen", fordert auch Stefan Bratzel. Der Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM) verweist dabei auf die Betriebskosten. Die müssten auf Dauer mit denen der Verbrennerfahrzeuge mithalten können.
Und das gelte insbesondere auch für das Schnellladen, was häufig derzeit noch besonders teuer sei. Denn, so Bratzel, für ihn mindestens genauso wichtig: "Dass man innerhalb von zehn Minuten 200 Kilometer Reichweite nachlegen kann."
BYD mit neuem Schnellladesystem - kein "Gamechanger"
Fast so schnell laden wie ein normales Auto zum Tanken braucht - damit lässt der chinesische Hersteller BYD aufhorchen: 500 Kilometer in fünf Minuten. Das neue Ladesystem, das das ermöglichen soll, wird allerdings noch Jahre benötigen, um sich am Markt zu etablieren - wenn überhaupt.
Für Stürmer ist die neue Technologie kein Gamechanger. Das, was BYD da vorgestellt hat, hält er für eine "technische Spielerei", für die Batteriezellen notwendig seien, die sehr teuer seien. Andere Ladeverfahren, wie das in Deutschland verwendete MCS-Laden für LKWs, seien bereits praxiserprobter.
Kontroverse Debatte ums Schnellladen
Überhaupt misst Stürmer, anders als Bratzel, dem Schnellladen keine hohe Bedeutung bei. Laden muss wie Parken werden, eben nicht - oder nur in Ausnahmefällen - wie Tanken. Immer wenn man parkt, wird geladen - diese Strategie hält Stürmer für sehr viel zielführender. Weitaus wichtiger ist ihm das Thema Vereinfachung beim Ladevorgang an öffentlichen Säulen.
Was heute als störend empfunden wird - dass man, wenn man an die Ladesäule fährt, erst mal eine Ladekarte rausfummeln und schauen muss, dass die funktioniert.
Christoph Stürmer, Dozent Hochschule Aalen
Und bei der Bedienung der inzwischen über 160.000 Ladepunkte in Deutschland gibt es große Unterschiede. Mal brauchen die Autofahrer eine Ladekarte, mal muss man den Stromfluss mit Hilfe einer App aktivieren. Mal bezahlt man direkt, mal per Rechnung. Häufig ist nicht klar, was die einzelne Kilowattstunde eigentlich gekostet hat.
Zahlreiche Probleme beim Laden - Verlässlichkeit nötig
Hinzu kommen weitere Probleme. "Das fängt an bei: Ist das Kabel kaputt?", weiß Bratzel aus eigener Erfahrung,. "Klappt das mit der Authentifizierung? Bis hin zu der Frage: Läuft am Ende der Strom wirklich?" Entscheidend ist, so der CAM-Gründer: "Kann ich mich drauf verlassen, wenn ich mit 20 Kilometer Reichweite an die Ladesäule fahre, dass es funktioniert?"
Gerade für die breite Kundengruppe, die jetzt überlegt, sich ein E-Auto zu kaufen, dürften das entscheidende Fragen sein. Und so bleibt die Erkenntnis: Mindestens genauso wichtig wie bezahlbare Autos und niedrigere Strompreise ist das reibungslose Zusammenspiel aller Komponenten. Erst dann dürfte die Elektromobilität in Deutschland so richtig ins Rollen kommen.
Quelle: dpa
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