Ladepark in Thüringen eröffnet:Umstieg auf E-Lkw: Welche Hürden es gibt
von Anna Buchschwenter
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40-Tonner mit E-Antrieb - sie sollen Diesel-Lkw ersetzen und den Straßengüterverkehr elektrifizieren. Eine Hürde: schnelles Laden. In Thüringen hat nun ein Lkw-Ladepark eröffnet.
Ein Ladepark für E-Lastwagen hat am Hermsdorfer Kreuz eröffnet.
Quelle: dpa
Wenn Mike Darnstedt aufs Pedal tritt, läuft sein 40-Tonner auf Hochtouren. Nur zu hören ist kaum etwas in der Fahrerkabine. Kein Vibrieren, kein Spritgeruch.
Seit Februar fährt er einen der 14 neuen E-Lkw des deutschen Logistikunternehmens Zufall GmbH. Diese machen ein Viertel der Gesamtflotte aus. Die Spedition hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2028 komplett CO2-frei unterwegs sein. "Eine Herausforderung", sagt Bereichsleiterin Anne Blüthner. Denn für Langstrecken-Touren fehle es den Fahrzeugen noch an Reichweite und Möglichkeiten zum schnellen Zwischenladen.
Ladepark für E-Lkw in Thüringen eröffnet
Das soll sich jetzt ändern. Das niederländische Unternehmen Milence arbeitet an einem europaweiten Ausbau der Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Lkw. In Thüringen haben sie heute einen ihrer ersten deutschen Ladeparks eröffnet. An acht bis zu 400 kW starken Ladesäulen soll es möglich sein, E-Lkw in unter einer Stunde wieder vollzuladen, so Anja van Niersen, CEO von Milence.
Deutschland ist ein wichtiges Land für den Straßengüterverkehr in Europa. Daher kommt es darauf an, für die richtige Ladeinfrastruktur zu sorgen.
Anja van Niersen, Milence
Der Bau des Ladeparks am Hermsdorfer Kreuz sei ein entscheidender Schritt, die Elektromobilität entlang der großen Verkehrsachsen Deutschlands voranzubringen und ein zuverlässiges und offenes Ladenetz für schwere Nutzfahrzeuge bereitzustellen.
Wie steht es um die Zukunft der E-Lkw?
In den letzten drei Jahren hat sich die Anzahl an elektrisch betriebenen Lkw auf Deutschlands Straßen mehr als verdoppelt. 2021 waren es gut 32.000, heute sind es fast 80.000.
Im europaweiten Vergleich bewege sich Deutschland damit im oberen Drittel, sagt Prof. Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung gegenüber ZDFheute. Grund seien die Förderungen des Bundes, die es bis vor kurzem noch gab, und die sehr großzügige Mautbefreiung für E-Lkw.
Auch der Klimaschutz und EU-Richtlinien spielten eine Rolle. So zwingen beispielsweise europäische Flottengrenzwerte Hersteller sukzessive zur Umstellung auf emissionsarme oder emissionsfreie Fahrzeuge. Das verändere den Transportsektor und mache öffentliche Ladeparks unabdingbar, sagt der Mobilitätsexperte.
Öffentliche Schnellladeparks fehlen
Hatten Start-ups den Anfang gemacht - 12-Tonner mit geringer Reichweite, unterwegs im regionalen Lieferverkehr -, bringen nun vermehrt auch große etablierte Hersteller E-Lkw auf den Markt. 40-Tonner - gedacht für den Fernverkehr.
Schaffen neue Modelle zwar bis zu 500 Kilometer, könne der E-Fernverkehr aber nur dann funktionieren, wenn die Fahrer auch mal zwischenladen können, so Plötz. Dafür notwendige öffentliche Ladeparks gilt es von langer Hand zu planen. Sie brauchen viel Platz und Netzanschlüsse mit ausreichender Ladeleistung.
Vom Antrag über Genehmigung bis hin zur Fertigstellung können bis zu zehn Jahre vergehen. Seit September arbeitet auch das Bundesministerium für Verkehr und Digitales an einem deutschlandweiten Schnellladenetz für E-Lkw.
Experte: 1.000 Ladepunkte bis 2030 benötigt
Soll der Umstieg in den E-Fernverkehr ohne lange Wartezeiten gelingen, bräuchte Deutschland laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts bis 2030 um die 1.000 Ladepunkte.
Patrick Plötz sagt, das sei zwar sportlich, aber machbar: "An vielen Orten gibt es schon einige Megawatt, die an Anschlussleistung zur Verfügung stehen. Da kann man sofort bauen. Das ist genau das, was Milence und andere derzeit tun."
Während sich die Branche auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur konzentriert, kritisiert Martin Kammer vom Landesverband des Thüringer Verkehrsgewerbes, dass der Bund an der falschen Stelle investiere. Gefördert werden müsse etwa die Anschaffung von E-Lkw, die fast drei Mal so viel kosteten.
Langstrecken als Herausforderung
Es gibt also noch viele Baustellen. Für Speditionsfahrer Mike Darnstedt sind gerade Langstrecken eine Herausforderung.
Wenn ich 700 Kilometer fahren muss, die schaffe ich mit etwas Glück am Tag mit einem Diesel, aber mit einem Elektro definitiv nicht.
Mike Darnstedt, Speditionsfahrer
Ob er glaubt, dass die Wende hin zur mehr E-Mobilität im Fernverkehr gelingen kann? Ungewiss.
Anna Buchschwenter ist Reporterin im ZDF-Studio Thüringen.
Quelle: dpa
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