Experte zur Elektroauto-Krise: Braucht es wieder Prämien?

    Experte zu Kritik an CO2-Grenze:E-Auto-Krise: Braucht es wieder Prämien?

    von Manfred Kessler
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    Die Automobilbranche hat mit sinkenden Absätzen bei E-Autos zu kämpfen - nun grassiert Angst wegen bald geltenden CO2-Grenzwerten. Wie kann das Geschäft wieder angekurbelt werden?

    Ein Elektroauto wird an einer Ladestation in der Innenstadt geladen.
    Die Absätze von Elektroautos gehen zuletzt zurück - wie können sie wieder angekurbelt werden?
    Quelle: dpa

    In der Autoindustrie herrscht Krisenstimmung. Die Autobauer fürchten Milliardenstrafen der EU wegen der strengeren CO2-Grenzwerte, die in einer ersten Stufe ab nächstem Jahr in Kraft treten. Von 13 Milliarden ist die Rede. In einem internen Papier der europäischen Automobilindustrie wird von dem Verlust von Millionen Arbeitsplätzen gesprochen durch die schärferen Klimavorgaben.
    Der Direktor des "Center of Automotive Management" in Bergisch-Gladbach, Stefan Bratzel, hält die Zahlen der Autoindustrie für übertrieben. Die CO2-Vorgaben seien seit Jahren festgelegt und kämen nicht über Nacht. Auch müsse man berücksichtigen, dass einige Hersteller auf diese CO2-Grenzwerte besser eingestellt seien als andere. Diejenigen, die sich sehr angestrengt hätten, dürften jetzt nicht benachteiligt werden, so der Branchenexperte. Als deutscher Automobilkonzern stünde zum Beispiel BMW besser da als die anderen.
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    Bratzel: E-Auto-Kaufprämie wieder einführen

    Bratzel vermisst allerdings Planungssicherheit für die Automobilindustrie durch die Politik und kritisiert den Wegfall der E-Auto-Förderung:

    Wenn man über Nacht die Förderung killt und vorher sagt, man will 15 Millionen Elektroautos, dann hat man ein Problem.

    Stefan Bratzel, Center of Automotive Management

    Die Regierung habe ein total falsches Signal an die Öffentlichkeit gesendet. Der Autoexperte spricht sich deshalb dafür aus, wieder eine Kaufprämie für Elektroautos einzuführen. Sie müsse ja nicht so hoch sein wie das letzte Mal.
    Klar sei aber, dass diese Kaufprämien am stärksten beim Konsumenten wirken würden. Es seien ja gerade zehn Milliarden an Intel-Subventionen frei geworden. Vielleicht reiche das ja dafür, eine Kaufprämie zu finanzieren. In China würden beispielsweise momentan Abwrackprämien gezahlt, um den E-Automarkt weiter anzukurbeln.
    ZDF-Korrespondent Karl Hinterleitner zugeschalte aus Berlin im Gespräch mit Moderator Carsten Rüger im Studio.
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    Auch Politiker denken offenbar über Kaufprämien nach. In einem "Zeit"-Interview hat sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der auch im Aufsichtsrat von VW sitzt, für neue staatliche Kaufanreize ausgesprochen, um den Absatz von E-Autos wieder anzukurbeln.

    Experte: Hersteller müssen Preise für E-Autos senken

    Neben einer staatlichen Prämie müsse aber der finanzielle Hauptimpuls von den Herstellern kommen, so Bratzel. Um die E-Auto-Krise zu lösen und die drohenden EU-Strafzahlungen zu vermeiden, müssen die Automobilhersteller nach Bratzels Meinung auf einen Teil ihrer Gewinnmarge verzichten. Das Geld sollte lieber dafür genutzt werden, E-Autos günstiger zu machen, damit sie besser verkauft werden könnten.
    Im Vergleich zum Verbrenner sei das Thema Preis ein zentrales Problem. Strafzahlungen wegen Nichteinhaltung der CO2-Vorgaben an die EU zahlen zu müssen, wäre ein Imageverlust für die großen Automobilhersteller, betont Bratzel.
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    VW plant für Ende 2025, ein günstiges Elektromodell, den ID2, auf den Markt zu bringen. Doch um Strafzahlungen zu verhindern, kommt dieses Fahrzeug zu spät. Man müsse jetzt bei VW im Wesentlichen mit den vorhandenen Modellen zu Recht kommen.

    China als "das Brennglas der Transformation"

    Automobilexperte Bratzel beobachtet auch den Markt in China und macht sich vor Ort ein Bild: Aus China sei nichts über Nacht gekommen. Das Land habe eine enorme Innovationsstärke und sei "das Brennglas der Transformation". Das bekomme jetzt auch VW zu spüren. "Dort sind die schon viel weiter, und die kommen jetzt auch nach Europa".
    Bratzel glaubt aber nicht, dass dies über Nacht geschehen werde. Er sei nicht besorgt, dass die Chinesen im nächsten Jahr den Elektroautomarkt überschwemmen würden. Zuerst müssten sie Vertriebsstrukturen aufbauen, "aber die kommen", prognostiziert er. Die Chinesen werden aus seiner Sicht einen gewissen Marktanteil erobern, so wie Japaner vor 30 Jahren und Koreaner vor 20 Jahren.
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    EU verlangt Einhaltung von CO2-Grenzwerten

    Ab 2030 hat die EU einen CO2-Grenzwert von 49,5 Gramm pro Kilometer festgelegt. Dann wären nach Bratzels Berechnungen 40 bis 45 Millionen E-Fahrzeuge notwendig, um diesen Wert zu erreichen. Wie schnell sowas gehen kann, sehe man gerade in China. Da liege der Marktanteil von reinen E-Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden in den letzten zwei Monaten schon über 50 Prozent, erklärt Bratzel.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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