Wahlkampf zur Bundestagswahl: Wirtschaft sucht Sanierer
Wahlkampfthema Wirtschaft:Gesucht: Ein Sanierer für Deutschland
von Christian Hauser und Florian Neuhann
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Die Wirtschaft hofft, dass die nächste Bundesregierung auch zu unpopulären Maßnahmen bereit ist. Gesucht wird ein Sanierer, doch mindestens zwei relevante Fragen bleiben offen.
Das zweite Jahr in Folge ist Deutschland in der Rezession. Das Thema Wirtschaft gehört zu den wichtigsten bei der Bundestagswahl. Welche Pläne haben die Parteien?12.01.2025 | 3:49 min
So könnte sie aussehen - die Stellenanzeige, die die deutsche Volkswirtschaft gerade aufgibt. Gesucht wird:
Ihre Aufgabe: Stärkung der deutschen Wirtschaft.
Ihre Fähigkeit: Unpopuläre Maßnahmen durchsetzen.
Vertragszeit: 2025-2029
Noch immer ist Deutschland die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Ein Land mit starker Industrie - doch seit 2018 stagniert die Wirtschaftsleistung, mittlerweile befindet sich das Land im zweiten Jahr in der Rezession. Viele Kennzahlen belegen die Krise:
Die andauernde Wirtschaftskrise in Deutschland spiegelt sich in den erfassten Unternehmens-Insolvenzen wider. 19.12.2024 | 1:35 min
Nicht an allem ist die Politik schuld, doch jetzt soll sie Abhilfe leisten. Die Bewerber auf den Posten des Sanierers laufen sich warm.
Offene Fragen im Wirtschaftswahlkampf: Beispiel Wasserstoff in Wuppertal
Mit Spannung blickt auch Mortimer Glinz auf die Versprechen der großen Parteien. Er steht in Wuppertal an einer von seinem Unternehmen errichteten Wasserstofftankstelle.
Wuppertal ist an diesem Tag eingeschneit. Gerade wird ein mit wasserstoffbetriebener Schulbus betankt. Etwa 20 Prozent ihrer Flotte betreiben die dortigen Stadtwerke mit dieser Antriebsform.
Die deutsche Industrie kämpft mit schwierigen Rahmenbedingungen und einer anhaltenden Autokrise, die auch Stahl- und Chemieunternehmen belastet. Während viele Firmen im Ausland investieren, bleibt die Frage: Wie sieht die Zukunft 2025 aus?18.12.2024 | 2:37 min
Vor einigen Jahren, so erzählt Glinz, wollten sie ihn alle: den Wasserstoff. Doch heute fehle ihm für Investitionen in Projekte wie dieses in Wuppertal die Planungssicherheit. Etwa 400 seiner knapp 3.000 Beschäftigten arbeiten im Bereich Wasserstoff. Ob er jetzt mit weiteren Fördermitteln in diesem Bereich rechnen kann? Unklar.
"Wenn wir keine Planungssicherheit haben, werden wir nicht investieren können", sagt Glinz. "Dann können auch unsere Kunden nicht investieren. Und dann müssen wir die Arbeitsplätze aus Deutschland verlagern." Planungssicherheit ist dabei nur ein Baustein. Auch weitere Fragen bleiben im Wirtschaftswahlkampf der großen Parteien offen.
Trotz Wirtschaftskrise gibt es so viele Erwerbstätige wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Wie der Stellenaufbau zur Krise passt, und was das für den Arbeitsmarkt 2025 heißt.02.01.2025 | 1:37 min
Wie weiter mit den Sozialabgaben?
Sozialbeiträge sind der Teil des Lohns, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Finanzierung der Sozialsysteme zahlen. In diesem Jahr beträgt der Anteil 41,9 Prozent am Bruttolohn. Zusammen mit dem Zusatzbeitrag für Kinderlose ergibt sich sogar ein Wert von 42,5 Prozent - Rekord. Bis zum Jahr 2030 könnte der Anteil, so sagen verschiedene Prognosen, auf über 45 Prozent des Bruttolohns steigen.
Heißt im Umkehrschluss: weniger Geld für Arbeitnehmer, höhere Kosten für Arbeitgeber. "Fatal für den Standort Deutschland", nennt dies Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes "Die Familienunternehmer", gegenüber ZDFheute.
Sozialbeiträge auf Rekordkurs
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Als Reaktion darauf verspricht die Union in ihrem kürzlich vorgestellten Programm "Agenda 2030", dass sich das Niveau "wieder auf die 40-Prozent-Marke hinbewegt". Wie sie das erreichen will, aber bleibt offen. Zumal die CSU bereits über eine erneute Ausweitung der Mütterrente spricht - was diesem Ziel zuwiderlaufen würde.
Die SPD hingegen will das Rentenniveau stabilisieren. Um dies zu erreichen, müsste jedoch vermutlich der Beitrag zur Rentenversicherung erhöht werden. Ergebnis: Sozialbeiträge steigen, Löhne sinken.
Wie sollen die Versprechen finanziert werden?
Die Parteien machen in ihren Wahlprogrammen viele Versprechen zu Investitionszuschüssen, Subventionen oder auch Steuersenkungen. Die Finanzierung bleibt allerdings oft vage. Die SPD will ebenso wie die Grünen die Schuldenbremse lockern. Ob das ausreicht, ist fraglich.
Die Salzgitter AG will künftig auf grünen Stahl setzen. Laut Vorstandsvorsitzendem Gröbler müsse die Politik nun Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung der Industrie schaffen.05.01.2025 | 4:35 min
Union und FDP wiederum wollen an der Schuldenbremse nichts verändern - was viele Ökonomen skeptisch beurteilen, so etwa Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING:
Auch Unternehmer Glinz sieht Lücken: "Die Wahlversprechen lassen erkennen, dass es Fehler in der Finanzierung gibt", so Glinz. "Das kann nicht funktionieren." Den Bewerber, der sich im Kampf um den Job des Sanierers durchsetzt, erwarten große Aufgaben.
Quelle: ZDF
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