Boeing-Krise: Am Flugzeughimmel wird die Luft dünner
Analyse
Dauerkrise bei Boeing:Warum am Flugzeughimmel die Luft dünner wird
von Sina Mainitz
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Ob Dreamliner, Starliner oder Landung auf dem Flugzeugrumpf, bei Boeing heißt es gerade: "Aus der Traum!" Aber auch für Airbus scheinen die rosigen Zeiten vorbei.
Ein Boeing-787-Dreamliner von All Nippon Airways, Archivbild
Quelle: Reuters
Wenn einer der wichtigsten Flugzeughersteller immer mehr durch Pannen patzt, gibt es weniger Boeing-Flieger am Himmel, mehr freie Plätze für den europäischen Konkurrenten Airbus und vielleicht eine Chance für einen chinesischen Wettbewerber.
Denn eine Hiobsbotschaft jagt gerade die nächste bei Boeing. Am Mittwoch musste eine Boeing 763 auf dem Flughafen Istanbul auf dem Rumpf landen und schlitterte meterweit über die Landebahn. Ein Hydraulikfehler am Fahrwerk war die Ursache.
Erst gestern kam die Nachricht, dass beim Zivilflugzeug 787 Dreamliner technische Inspektionen eventuell nicht korrekt ausgeführt worden sein sollen. Die US-Flugaufsichtsbehörde FAA ermittelt wegen Dokumentenfälschung. Mitarbeiter sollen die Elektronik nicht vollständig und wie vorgeschrieben kontrolliert und entsprechende Berichte gefälscht haben. Boeing ist wegen mehrerer Pannen in den vergangenen Monaten in der Kritik.
Rekordjahr für Boeing-Konkurrent Airbus
Die geplante Raumfahrt-Mission mit dem Starliner musste erneut verschoben werden. Beide Raumfahrer, die am Montag schon angeschnallt in ihren Sitzen auf den Start vom Weltraumbahnhof Cape Caneveral warteten, mussten wieder raus aus der Rakete. Wegen technischer Probleme wurde die Mission abgeblasen.
Während Boeing also immer öfter wegen technischer Probleme am Boden bleiben muss, macht der europäische Flugzeugbauer und Boeing-Konkurrrent Airbus Luftsprünge vor Freude.
Die Krise der Flugbranche ist wie weggeblasen: Airbus verzeichnet 2023 einen enormen Auftragszuwachs.29.04.2024 | 2:02 min
Vergangenes Jahr war ein Rekordjahr, fast 2.100 Flugzeuge wurden bei Airbus bestellt, so viel wie noch nie. Die Amerikaner und die Europäer teilen in einem "quasi-Duo-Pol" den Himmel unter sich auf. Das hat auch finanzielle Folgen für Passagiere.
Mangel an Flugzeugen lässt Ticketpreise steigen
"Ein Grund für die hohen Ticketpreise liegt in der Tat darin begründet, dass die Fluggesellschaften nicht genug Flugzeuge haben, um die Nachfrage zu decken", erklärt Heinrich Großbongardt von der Expairtise Aviation Industry Consulting.
Das liegt zum einen daran, dass Boeing Flugzeuge nicht zum geplanten Termin ausliefert, das liegt aber auch daran, dass es bei Airbus Lieferprobleme gibt, weil es bei Zulieferunternehmen hakt, vor allem wegen Personalmangel.
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Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte
Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. So, wie chinesische Wettbewerber immer mehr auf dem Elektro-Automarkt vorpreschen, sind sie auch im Flugzeugbau aktiv.
Comac: Konkurrenz für Boeing und Airbus aus China?
Der C919 der chinesischen Marke Comac ist das erste Passagierflugzeug, das vollständig in China entwickelt wurde. Im Mai 2017 ist es erstmals gestartet. Bisher heißt es, der C919 soll nur den chinesischen Markt bedienen. Also keine Konkurrenz am Himmel für Airbus und Boeing?
Ich bezweifle, dass die C919 ein ernstzunehmender Konkurrent für die Airbus A320neo und die Boeing 737MAX ist, dafür ist das Flugzeug technisch nicht modern genug.
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Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte
Der chinesische Flugzeugbauer Comac präsentiert seine C919 während der Singapore Airshow am 20. Februar 2024.
Quelle: epa
"Und dann muss es sich erst einmal im Einsatz bewähren, das heißt, zeigen, dass es technisch zuverlässig genug ist", so Großbongardt weiter. "Aber selbst unter günstigsten Umständen wird das Flugzeug nicht wirklich Gewicht haben. Airbus und Boeing zusammengenommen produzieren pro Jahr weit über 1.000 Flugzeuge in dieser Kategorie, Comac kommt nicht einmal auf 50."
Kostentreiber Luftfahrt: Material- und Personalknappheit
Was sich aber zeigen könnte: Wenn die Chinesen ihre eigenen Flugzeuge bauen, wirkt sich das empfindlich auf die Exportzahlen bei Airbus und Boeing aus. Die Zeiten der Rekordumsätze dürften langfristig gesehen vorbei sein.
Ebenso vorbei sein dürften für Passagiere die Wochenend-Trips, an denen sie mal eben für 99 Cent nach London fliegen konnten - Schnee von gestern. Aus vielerlei Gründen ist der Ära der Superbilligflugtickets vorüber.
In der Vergangenheit war die Preisdisziplin in der Branche recht schlecht. Es war auf allen Routen so viel Angebot, dass die Preise purzelten. Doch wir haben generell in der Luftfahrtbranche Personal- und Materialknappheit. Es drückt an allen Ecken.
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Guido Hoymann, Transport-Analyst Bankhaus Metzler
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Entspannung bei Flugticketpreisen frühestens 2025
Weitere Kostentreiber sind die jüngst eingeführte Ticketsteuer, die Pilotengehälter und die strengen Regeln für den Klimaschutz. E-Fuels sind deutlich teurer als herkömmliches Kerosin.
Das alles - gepaart mit der Knappheit bei Flugzeugen, dem Personal- und dem Materialmangel - dürfte noch lange nicht für entspannte Preise sorgen. Erst für kommendes Jahr rechnen Luftfahrtexperten wieder mit einer Rückkehr zur Normalität, was auch immer das in diesen Zeiten heißen mag.
Sina Mainitz ist Redakteurin und Moderatorin im ZDF-Börsenstudio in Frankfurt.
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