E-Auto-Batterien: Bund kappt Fördermittel für die Forschung

    Bundesregierung kappt Mittel:Wie die Batterieforschung ausgebremst wird

    von Gregor Lischka
    |

    Ein Förderstopp für die Batterieforschung sorgt für massive Kritik, auch aus der Autoindustrie. Droht Deutschland ein Rückschlag in einer Schlüsseltechnologie der Zukunft?

    Baden-Württemberg, Stuttgart: Ein Fahrgestell mit Batterie für ein E-Auto
    Ein Fahrgestell mit Batterie für ein E-Auto
    Quelle: dpa

    Kai-Christian Möller ist stolz auf die deutsche Batterieforschung. Seit 2008/2009 habe sich in diesem Bereich enorm viel getan, berichtet Möller, der für die Batterie-Allianz der Fraunhofer Institute und damit genau an der Schnittstelle zwischen Forschung und Industrie arbeitet.

    Wir haben ein Wettrennen gestartet. Zunächst mussten wir mit Asien und den USA aufholen, aber jetzt sind wir in der Forschung gut aufgestellt.

    Kai-Christian Möller, Fraunhofer Institut

    Aus vielerlei Perspektiven ist das eine gute Nachricht: Aus Klimaschutzsicht, aus industriepolitischer Sichtund auch aus geopolitischer Sicht.
    Denn: Batterien werden in verschiedensten Bereichen benötigt: Ob für reichweitenstarke Elektrofahrzeuge aus Deutschland und Europa oder für die so dringend benötigten langlebigen Stromspeicher.
    ZDF Logo
    Wind und Sonne liefern einen immer größeren Anteil unseres Stroms. Doch was machen wir bei Flaute und Dunkelheit? Es fehlt an Speichern.16.04.2023 | 28:30 min

    Förderstopp bremst Fortschritt in Batterieforschung aus

    Die Batteriebranche könnte sich in der Zukunft als eine Schlüsselindustrie für Deutschland erweisen. Doch nun droht ein Rückschlag, so Möller:

    Ich denke, wir werden nicht mehr wettbewerbsfähig sein, weil das eine Vollbremsung ist.

    Kai-Christian Möller, Batterie-Allianz Fraunhofer Institute

    Was er mit "Vollbremsung" meint: Ab dem kommenden Jahr werden keine neuen Batterieforschungsprojekte mehr durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das bestätigte das FDP-geführte Ministerium in dieser Woche gegenüber einigen Medien wie auch ZDFheute.

    Fehlende Finanzierung von Grundlagenforschung

    Bisher finanzierte das BMBF rund 30 Prozent der öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben in der Batterietechnologie in Deutschland.
    Ein Baustellenarbeiter trägt eine gelbe Warnweste mit der Aufschrift "Northvolt"
    Der schwedische Batterie-Hersteller Northvolt baut in Schleswig-Holstein eine große Batterie-Fabrik. Größtes Argument für den Standort war die Nähe zu Strom aus Windenergie.25.03.2024 | 1:32 min
    Über 150 Millionen Euro flossen jährlich in den Aufbau von Forschungskapazitäten an Universitäten und Instituten. Doch ohne Finanzierung wird es zunehmend schwierig, diese bestehenden Strukturen in der so wichtigen Grundlagenforschung zu halten. Möller warnt:

    Die Arbeitsgruppen werden ausbluten.

    Kai-Christian Möller, Batterie-Allianz Fraunhofer Institute

    "Die laufen mit den Projekten jetzt aus in den nächsten paar Jahren. Dann ist das Fass leer und man muss in fünf Jahren wieder von vorn anfangen", erklärt Möller.
    Bundeskanzler Scholz läuft mit einer Gruppe auf einer Versammlung in Belgrad.
    Bundeskanzler Scholz hat mit Serbien ein Abkommen über Abbau und Lieferung von Lithium unterzeichnet. Es wird vor allem für Batterien, zum Beispiel in E-Autos, benötigt.19.07.2024 | 1:26 min

    Branchenverbände und Industrie schlagen Alarm

    Die Entscheidung des BMBF sorgt für scharfe Kritik aus Wissenschaft und Industrie. Forscher, deren Nachwuchsgruppen nun vor dem Aus stehen, sprechen von einem Skandal. Branchenverbände poltern, die Entscheidung sei gleichbedeutend mit der Aufgabe der technologischen Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.
    Auch die kriselnde Automobilindustrie, die auf leistungsstarke Batterien angewiesen ist, sieht sich bedroht. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), nennt die Entscheidung einen "Widerspruch zwischen den gesetzten Zielen und der tatsächlichen Politik".
    Batterie CC
    Die erste Batterie der Welt erfand der Physiker Volta, indem er Kupferscheiben, in Säure getauchten Karton und Zinkscheiben übereinanderschichtete zur sogenannten "Volta-Säule".13.06.2022 | 0:46 min
    Auch Stefan Bratzel, Automobilexperte vom Center for Automotive Management, warnt vor den Folgen des Förderstopps: "Die Batterie stellt rund 40 Prozent der Wertschöpfung eines Elektrofahrzeugs dar und ist innovationspolitisch enorm wichtig."

    Ein Rückgang der Förderungen ist ein negatives Signal.

    Stefan Bratzel, Automobilexperte

    Internationale Konkurrenz zieht an deutschen Firmen vorbei

    In der globalen Konkurrenz - vor allem mit China - sieht Bratzel große Herausforderungen: "Wir müssen in Deutschland mindestens so innovativ sein, wie wir teuer sind. Günstiger als die Konkurrenz werden wir nicht sein."
    Die chinesischen Zulieferer seien der deutschen Industrie sowohl in der Produktionskapazität als auch in der Innovationskraft aktuell weit voraus.
    Batterierecycling-Fabrik in Brandenburg
    In Schwarzheide wird eine neue BASF-Batterie-Recyclinganlage gebaut. Dadurch soll die Abhängigkeit von China verringert werden.29.06.2023 | 1:54 min
    Man könnte die Gemengelage also so zusammenfassen: Die deutsche Automobilindustrie kriselt und ist ohnehin gerade dabei, in der wichtigsten Zukunftstechnologie den Anschluss zu verlieren - und nun werden auch noch die Forschungs- und Entwicklungsausgaben durch den Bund in genau diesem Bereich gekürzt.

    Phantom-Debatten um alternative Antriebe

    Dass nun in Deutschland gleichzeitig wieder Diskussionen über den Verbrennungsmotor, E-Fuels und Wasserstoff-Antriebe geführt werden, sieht Bratzel als rückwärtsgewandt:

    Die Batterie ist mittlerweile alternativlos. Themen wie Wasserstoff und E-Fuels sind noch nicht ausgereift.

    Stefan Bratzel, Automobilexperte

    "In China hat die Elektromobilität das Rennen mit weitem Abstand für sich entschieden", so Bratzel weiter. Ein Rennen, in dem das BMBF nun eine Vollbremsung einlegt.

    Mehr zu Batterietechnologie