E-Auto-Batterien: Bund kappt Fördermittel für die Forschung
Bundesregierung kappt Mittel:Wie die Batterieforschung ausgebremst wird
von Gregor Lischka
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Ein Förderstopp für die Batterieforschung sorgt für massive Kritik, auch aus der Autoindustrie. Droht Deutschland ein Rückschlag in einer Schlüsseltechnologie der Zukunft?
Ein Fahrgestell mit Batterie für ein E-Auto
Quelle: dpa
Kai-Christian Möller ist stolz auf die deutsche Batterieforschung. Seit 2008/2009 habe sich in diesem Bereich enorm viel getan, berichtet Möller, der für die Batterie-Allianz der Fraunhofer Institute und damit genau an der Schnittstelle zwischen Forschung und Industrie arbeitet.
Aus vielerlei Perspektiven ist das eine gute Nachricht: Aus Klimaschutzsicht, aus industriepolitischer Sichtund auch aus geopolitischer Sicht.
Denn: Batterien werden in verschiedensten Bereichen benötigt: Ob für reichweitenstarke Elektrofahrzeuge aus Deutschland und Europa oder für die so dringend benötigten langlebigen Stromspeicher.
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Förderstopp bremst Fortschritt in Batterieforschung aus
Die Batteriebranche könnte sich in der Zukunft als eine Schlüsselindustrie für Deutschland erweisen. Doch nun droht ein Rückschlag, so Möller:
Was er mit "Vollbremsung" meint: Ab dem kommenden Jahr werden keine neuen Batterieforschungsprojekte mehr durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Das bestätigte das FDP-geführte Ministerium in dieser Woche gegenüber einigen Medien wie auch ZDFheute.
Fehlende Finanzierung von Grundlagenforschung
Bisher finanzierte das BMBF rund 30 Prozent der öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben in der Batterietechnologie in Deutschland.
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Über 150 Millionen Euro flossen jährlich in den Aufbau von Forschungskapazitäten an Universitäten und Instituten. Doch ohne Finanzierung wird es zunehmend schwierig, diese bestehenden Strukturen in der so wichtigen Grundlagenforschung zu halten. Möller warnt:
"Die laufen mit den Projekten jetzt aus in den nächsten paar Jahren. Dann ist das Fass leer und man muss in fünf Jahren wieder von vorn anfangen", erklärt Möller.
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Branchenverbände und Industrie schlagen Alarm
Die Entscheidung des BMBF sorgt für scharfe Kritik aus Wissenschaft und Industrie. Forscher, deren Nachwuchsgruppen nun vor dem Aus stehen, sprechen von einem Skandal. Branchenverbände poltern, die Entscheidung sei gleichbedeutend mit der Aufgabe der technologischen Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.
Auch die kriselnde Automobilindustrie, die auf leistungsstarke Batterien angewiesen ist, sieht sich bedroht. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), nennt die Entscheidung einen "Widerspruch zwischen den gesetzten Zielen und der tatsächlichen Politik".
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Auch Stefan Bratzel, Automobilexperte vom Center for Automotive Management, warnt vor den Folgen des Förderstopps: "Die Batterie stellt rund 40 Prozent der Wertschöpfung eines Elektrofahrzeugs dar und ist innovationspolitisch enorm wichtig."
Internationale Konkurrenz zieht an deutschen Firmen vorbei
In der globalen Konkurrenz - vor allem mit China - sieht Bratzel große Herausforderungen: "Wir müssen in Deutschland mindestens so innovativ sein, wie wir teuer sind. Günstiger als die Konkurrenz werden wir nicht sein."
Die chinesischen Zulieferer seien der deutschen Industrie sowohl in der Produktionskapazität als auch in der Innovationskraft aktuell weit voraus.
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Man könnte die Gemengelage also so zusammenfassen: Die deutsche Automobilindustrie kriselt und ist ohnehin gerade dabei, in der wichtigsten Zukunftstechnologie den Anschluss zu verlieren - und nun werden auch noch die Forschungs- und Entwicklungsausgaben durch den Bund in genau diesem Bereich gekürzt.
Phantom-Debatten um alternative Antriebe
Dass nun in Deutschland gleichzeitig wieder Diskussionen über den Verbrennungsmotor, E-Fuels und Wasserstoff-Antriebe geführt werden, sieht Bratzel als rückwärtsgewandt:
"In China hat die Elektromobilität das Rennen mit weitem Abstand für sich entschieden", so Bratzel weiter. Ein Rennen, in dem das BMBF nun eine Vollbremsung einlegt.