Prämiensparverträge: BGH bestätigt Referenzzins für Nachzahlung
Streit um Prämiensparverträge:BGH: So viel müssen Banken Sparern nachzahlen
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Zinsklauseln bei Prämiensparverträgen waren ein unrechtmäßiger Nachteil für Sparer. Doch wie viel sollen sie zurückbekommen? Der BGH hat dafür nun einen Referenzzins bestätigt.
Der jahrelange Rechtsstreit über unwirksame Zinsklauseln bei Prämiensparverträgen ist beendet. Der BGH bestätigt einen Referenzzins für die Nachberechnung der Zinsen. 09.07.2024 | 1:28 min
Seit Jahren streiten Verbraucherschützer mit Sparkassen und Volksbanken vor Gericht über Nachzahlungen wegen unwirksamer Zinsklauseln bei Prämiensparverträgen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in einem Urteil erstmals einen Referenzzins für die Nachberechnung der Zinsen bestätigt.
Konkret ging es um zwei Entscheidungen der Oberlandesgerichte Naumburg und Dresden, die eine Zinsberechnung auf Grundlage der Umlaufrendite börsennotierter Bundesanleihen mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit festgelegt hatten. Der Referenzzinssatz habe der Überprüfung des Bundesgerichtshofs standgehalten, so der Senat.
Bei Prämiensparverträgen erhalten Sparerinnen und Sparer zusätzlich zum variablen Zins eine meist nach Vertragslaufzeit gestaffelte Prämie. Je länger regelmäßige Sparbeiträge eingehen, umso höher fällt die Prämie aus.
Solche Sparverträge wurden in den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre vertrieben - vor allem von Sparkassen unter den Namen "Vorsorgesparen" oder "Vermögensplan", aber auch von Volks- und Raiffeisenbanken unter Namen wie "Bonusplan" oder "VRZukunft".
Quelle: dpa
Verträge erlaubten Bank Spielräume beim Zins
Grund des Streits: Viele der Prämiensparverträge enthalten Klauseln, die Geldhäusern einseitig das Recht einräumen, die zugesicherte Verzinsung nach Belieben zu ändern. Die Bank konnte den Zins so zum eigenen Vorteil anpassen, also verringern. Der BGH erklärte das bereits vor 20 Jahren für rechtswidrig.
Wie die Zinsen für diese Produkte stattdessen zu berechnen sind, war bisher aber nicht höchstrichterlich geklärt.
Das wollten die Verbraucherzentralen ändern. Da der von den Oberlandesgerichten festgelegte Referenzzinssatz ihnen nicht ausreichte, legten sie gegen die entsprechenden Entscheidungen Revision ein. Sie wollten vom BGH stattdessen feststellen lassen, dass die Zinsen auf Basis der letzten zehn Jahre von Umlaufrenditen inländischer Hypothekenpfandbriefe mit einer garantierten Restlaufzeit von 10 Jahren berechnet werden. Sie forderten zudem gleitende Durchschnittswerte.
Der BGH lehnte dies wie schon die Vorinstanzen am Dienstag ab.
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Gericht sucht "fairen" Zins für Sparer und Banken
Der Elfte Zivilsenat in Karlsruhe fand keinen Grund, den von den Oberlandesgerichten herangezogenen Referenzzinssatz zu beanstanden. Die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit als Grundlage entspreche den Anforderungen an Referenzzinssätze, erklärte der Vorsitzende Richter, Jürgen Ellenberger.
Der Zinssatz begünstige weder Sparer noch die beklagten Sparkassen. Er spiegele zudem die jeweils aktuellen Zinsen am risikolosen Kapitalmarkt wider.
Verbraucherverbände rechnen mit hohen Nachzahlungen
Trotz der zurückgewiesenen Revision zeigten sich die Verbraucherverbände mit dem Urteil dennoch zufrieden. Nun gebe es endlich Klarheit, sagte Patrick Langer vom Bundesverband (vzbv). Mit der nun gültigen Berechnungsmethode würden trotzdem "in nicht seltenen Fällen vierstellige Beträge" für die Kunden herauskommen. Bundesweit rechnet der vzbv mit mehreren tausend Betroffenen.
Die Verbraucherzentralen hätten insgesamt 18 Musterfeststellungsklagen eingereicht. Wer sich keiner dieser Klagen angeschlossen hat, dessen mögliche Ansprüche könnten nach drei Jahren verjährt sein. Solche Fälle würden einzeln angeschaut, sagte Carsten Biesok, Direktor Recht der Sparkasse Dresden. Er betonte, dass seine Sparkasse bereits mit mehr als der Hälfte der betroffenen Kunden Vergleiche geschlossen habe.
Die Auswirkungen des Urteils für das Dresdner Institut seien daher eher gering.
Sparkassen stehen vor "erheblichen Nachzahlungen"
Für die Verbraucherzentrale in Sachsen kündigte deren Teamleiter Recht, Michael Hummel, an, dass Verbraucher angeschrieben würden, die sich der Klage angeschlossen hätten. Alle anderen müssten sich an ihre Sparkasse wenden und mögliche Ansprüche einfordern. Gegenüber dem ZDF sagt Hummel:
Wir haben mehr gewollt, aber unterm Strich bleibt bestehen, dass die Sparkasse viel zu wenig Zinsen ausgezahlt hat an ihre Kunden und dass sie jetzt ganz erheblich Nachzahlungen leisten muss.
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Michael Hummel, Verbraucherzentrale Sachsen
Der vzbv kündigte an, er werde einen Musterbrief auf seine Internetseite stellen.
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"Wichtige Klarstellung" für Kunden und Sparkassen
Die Finanzaufsicht Bafin begrüßt das BGH-Urteil.
Die endgültigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sind eine wichtige Klarstellung für den kollektiven Verbraucherschutz.
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Thorsten Pötzsch, Bafin-Exekutivdirektor
Bafin-Exekutivdirektor Pötzsch sagt weiter: "Wir werden jetzt die Urteilsgründe auswerten und prüfen, ob wir als Aufsicht weitere Maßnahmen ergreifen."
Bindend ist das Urteil im juristischen Sinn nur für die beiden beklagten Sparkassen: Die Saalesparkasse und die Ostsächsische Sparkasse Dresden. Da es sich aber um Standardprodukte der Sparkassen handelt, könnten die Festlegungen des Gerichts aus Sicht der Verbraucherzentrale inhaltlich auch für Prämiensparverträge anderer Sparkassen gelten. Der Bundesgerichtshof ließ offen, ob auch andere Referenzzinssätze für die Zinsanpassungen infrage kämen.
Quelle: dpa
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