So steht es um autonom fahrende Autos in Deutschland
FAQ
KI auf deutschen Straßen:So steht es um das autonome Fahren
von Tobias Bluhm
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Wirtschaftsminister Habeck will die Entwicklung des autonomen Fahrens unterstützen - denn bisher hängt Deutschland hinterher. Wie ist der aktuelle Stand bei selbstfahrenden Autos?
Fahren ohne die Hand am Steuer: In den nächsten Jahren könnten autonome Fahrsysteme immer mehr zum Alltag gehören.
Quelle: dpa
Mit einem zweistelligen Millionenbetrag wird das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung autonomer Fahrzeugsysteme unterstützen. Das Geld ist aus Sicht der Automobilhersteller dringend nötig - schließlich eilen Konkurrenten aus China oder den USA mit ihren KI-gesteuerten Systemen seit einigen Jahren in hohem Tempo voraus.
"Die Zukunft des Fahrens wird autonom sein", ist sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sicher. In einem vom Bund geförderten Projekt sollen Hersteller nun verstärkt beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz zusammenarbeiten. Doch wie steht es um das autonome Fahren in Deutschland? Fragen und Antworten.
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Was können autonome Fahrzeuge schon?
Autonome Fahrzeuge können sich fortbewegen, ohne dass ein Fahrer in den Betrieb eingreifen muss. Diese Technologie entwickelte sich in den vergangenen Jahren rasant. Im Sommer 2023 erhielten Waymo, das Schwesterunternehmen von Google, sowie Konkurrent Cruise aus dem Autokonzern General Motors erstmals die Erlaubnis, autonome Fahrzeugmodelle als Taxis im normalen Straßenverkehr einzusetzen.
San Francisco ist seit 2023 ein einzigartiger Testfall für den kommerziellen Betrieb selbstfahrender Autos wie die von Waymo.
Quelle: Andrej Sokolow/dpa
Im Stadtgebiet von San Francisco fahren heute mehr als 250 Robotaxis, die per App zu einem Abholort bestellt werden können und Kunden zu ihrem Zielort chauffieren. Dies gelingt mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg: Bilder von blockierten Straßen und Parkplätzen machten in den vergangenen Monaten die Runde. In den meisten Fällen funktioniert die Technologie jedoch gut. Auch zu Unfällen mit den KI-Autos kommt es statistisch immer seltener.
Welche Stufen gibt es auf dem Weg zum autonomen Fahrzeug?
In der Technik wird zwischen fünf verschiedenen Stufen der Autonomie unterschieden. Sie reichen von assistiertem Fahren, bei dem der Fahrer weiterhin die volle Kontrolle über sein Auto hat, bis zu vollkommen selbstfahrenden Fahrzeugen:
Fünf Stufen zum autonomen Fahren
Beim assistierten Fahren hat der Fahrer die volle Kontrolle über sein Auto und muss den Verkehr ständig im Blick behalten. Einzig bestimmteFahraufgaben werden von technischen Systemen übernommen. Hierzu zählen zum Beispiel Tempomaten, Abstandsregler oder Spurhalteassistenten.
Beim teilautomatisieren Fahren gibt der Fahrer Teile seiner Fahrzeugkontrolle ab, muss aber den Verkehr im Blick behalten. Dank Systemen wie einem Überholassistenten oder einer automatischen Einparkfunktion kann er teils trotzdem die Hände vom Lenkrad nehmen.
Autos dieser Stufe können Autos selbstständig und ohne menschlichen Eingriff fahren, wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen. Sie überholen, bremsen und beschleunigen zum Beispiel als "Staupilot" von allein, während sich der Fahrer kurzzeitig anderen Aufgaben widmen kann. Meldet das System ein Problem, muss er das Lenkrad jederzeit übernehmen können.
Der Fahrer wird beim vollautomatisieren Fahren endgültig zum Passagier, da das Auto alle Aufgaben selbstständig durchführt - vom Fahren auf der Autobahn bis zum Navigieren im Parkhaus. Währenddessen dürfen Passagiere schlafen, das Smartphone nutzen oder Zeitung lesen, könnten allenfalls aber auch eingreifen. Das Auto kann auch ohne Passagiere fahren.
Bei der letzten Stufe ist das autonome Fahren erreicht: Der Pkw wird komplett vom System gesteuert und erledigt alle komplexen Aufgaben selbstständig. Es gibt keinen Autofahrer mehr, sondern nur noch Passagiere.
In Deutschland sind bisher nur Fahrzeuge bis zur dritten Autonomie-Stufe im Verkauf: Mercedes bietet ein Modell mit Staupilot an, der allerdings nur bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h genutzt werden kann. "Echtes" autonomes Fahren der Stufen vier und fünf ist bisher nur in vorab genehmigten Betriebsbereichen erlaubt, zum Beispiel bei Shuttlebussen auf Firmen- oder Messegeländen.
Im Mai 2021 hatten Bundestag und Bundesrat einem Gesetz zugestimmt, dem zufolge vollständig autonome Fahrzeuge in Deutschland grundsätzlich am Straßenverkehr teilnehmen dürfen. An den konkreten Ausführungsbestimmungen wird aber weiter gearbeitet, Genehmigungen werden nur in Einzelfällen erteilt.
Auch die zu entwickelnde Technik ist komplex, so dass in Deutschland bisher noch kein vollautonomes Fahrzeug für den Straßenverkehr zugelassen wurde. Das Gesetz ist zudem nur eine Übergangslösung, bis auf internationaler Ebene einheitliche Vorschriften vorliegen.
2035 oder 2045: Wie weit sind Roboter-Autos noch entfernt?
Vor wenigen Jahren gab sich die Automobilindustrie optimistisch: Bis 2035 werde jede dritte Fahrt in einem autonomen Auto absolviert, hieß es. Damit einher ginge mehr Sicherheit, Komfort, Effizienz und Umweltschutz. Doch durch die technologischen und insbesondere rechtlichen Unsicherheiten ist fraglich, wie realistisch dieses Ziel noch ist.
Inzwischen gehen Experten eher davon aus, dass das fünfte Autonomie-Level flächendeckend frühestens zum Jahr 2040 erreicht werden kann. Bis dahin wird die Politik weiter an einem international einheitlichen Rechtsrahmen und die Wirtschaft an technologischen Weiterentwicklungen arbeiten.
Noch in dieser Woche könnte laut Medienberichten dabei der nächste Meilenstein erreicht werden: Der US-Autobauer Tesla will am Donnerstag sein eigenes Roboter-Taxi vorstellen.
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Welche Modellprojekte gibt es hierzulande?
Auch in Deutschland gibt es immer neue Projekte für Autos mit Fahrassistenten und hochautomatisierten Funktionen. Mercedes, BMW und Ford bieten Fahrzeuge mit Level-2- oder Level-3-Systemen an, bei denen die Verantwortung aber weiterhin beim Fahrer oder der Fahrerin liegt.
Tests mit fahrerlosen Fahrzeugen laufen bisher nur in eingegrenzten Testgebieten: Im Juli startete zwischen Darmstadt und Offenbach ein Shuttle, das bisher aber einzig zum Sammeln von Daten eingesetzt wird. Volkswagen arbeitet daran, dass im kommenden Jahr autonome Shuttle-Busse in Hamburg eingesetzt werden.
Und auch in Berlin, Gera, Paderborn oder Karlsruhe werden seit einigen Monaten auf Betriebsflächen fahrerlose Fahrzeuge getestet. Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer hofft allerdings, dass es noch vor Ende des Jahrzehnts sogenannte Level-4-Fahrzeuge auf den Straßen geben wird.
Quelle: ZDF
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