Deutsche Autoindustrie in der Krise: Was kann noch helfen?

    Automobilbranche am Scheideweg:Was deutsche Autobauer für die Zukunft brauchen

    Redakteur Lothar Becker, ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
    von Lothar Becker
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    Trump will Zölle für deutsche Autos erheben, die Ampel hat den Standort nicht auf Trab gebracht. Die Gewinne der Autobauer brechen weg. Was die deutsche Autobranche benötigt.

    Typical: Autoindustrie
    Wegen der schwächelnden Konjunktur will der Industrie- und Automobilzulieferer Schaeffler in Europa 4.700 Stellen streichen. 05.11.2024 | 1:48 min
    Eins vorneweg: Hätte es die Technologieoffenheit, nach der in Deutschland derzeit so laut gerufen wird auch bei der Entwicklung alternativer Antriebe gegeben, stünde Deutschlands Automobilindustrie heute besser da. Und besser wäre es schon, wenn man nicht mit dem Rücken zur Wand stünde.
    Felix Kuhnert, Automotive Leader bei PwC Deutschland, bringt es auf den Punkt:

    Die deutsche Elektrophobie und die Phantomdebatte um die Technologieoffenheit treiben uns international immer mehr ins Abseits.

    Felix Kuhnert, Automobil-Experte bei PwC Deutschland

    TN: Keine Chance gegen chinesische E-Autos?
    Die Nachfrage nach Elektroautos in China steigt und damit auch der Konkurrenzkampf um den größten Absatzmarkt. Können westliche Hersteller mithalten? Die Analyse bei ZDFheute live.24.04.2024 | 39:28 min
    Vielmehr müsste man die deutsche Autoindustrie so auf den E-Motor und sein Ökosystem ausrichten, "wie wir das über Jahrzehnte erfolgreich beim Verbrenner gemacht haben", sagt Kuhnert.

    Produktionskosten mit Gewinnen aus China finanziert

    Dass deutsche Autobauer einmal straucheln könnten, schien ob ihrer technologischen Vorreiterrolle bei den Verbrennungsmotoren und den Qualitätsstandards lange unvorstellbar, zumindest auf den ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung wurden jedoch vergleichsweise hohe Produktionskosten in Deutschland wohl mit den Verkaufserlösen aus China querfinanziert. Doch die Gewinne aus dem Reich der Mitte brechen nun drastisch ein - die hohen Produktionskosten hierzulande jedoch bleiben.
    TN: Zukunft ohne Deutschland?
    Die Tarifverhandlungen bei Volkswagen gehen in die nächste Runde. Während VW Löhne und Gehälter kürzen will, fordert die Gewerkschaft sieben Prozent mehr Gehalt.30.10.2024 | 1:35 min

    Langes Festhalten am Verbrenner in Deutschland

    Die harte Landung in der Realität ist schmerzhaft. Werksschließungen, Stellenabbau auch bei namhaften Zulieferern sollten auch dem letzten Zweifler klar machen: Mit dem jahrelangen Festhalten nur und allein am Verbrennungsmotor hat man auf das falsche Pferd gesetzt. Die Vorstellung, dass Vorstände und Verbände der Automobilbranche dieses Pferd in Deutschland noch weitergeritten haben, als es international längst tot war, macht das Bild nicht schöner.

    Wenn jetzt nicht entschieden gehandelt wird, sprechen wir in wenigen Monaten nicht mehr über Personalabbau, sondern über Insolvenzen in der Autoindustrie. Das kann keiner wollen.

    Felix Kuhnert, PwC-Automotive

    Krise beim Zulieferer ZF
    Wegen der Krise in der Automobilbranche ist auch der Zulieferer ZF in Schieflage geraten. An den deutschen Standorten droht ein massiver Stellenabbau.11.11.2024 | 1:32 min

    Zölle von neuem US-Präsidenten Trump könnten Autobauer doppelt treffen

    Trumps Strafzölle auf Importe könnten die deutschen Autobauer dabei doppelt hart treffen. Zum einen auf die Fahrzeuge selbst, zum anderen aber auch bei der Lieferkette. Es könnte nach Ansicht von Felix Kuhnert dazu führen, dass deutsche Autobauer komplett auf nicht-chinesische Produkte umstellen müssten. Gerade hinsichtlich der Batterie würde das eine sehr große Herausforderung darstellen, so Kuhnert.
    Europa: Krisen der europäischen Autoindustrie
    Der deutsche Automobilhersteller VW kündigte jüngst umfangreiche Sparmaßnahmen an. Ein Blick in drei weitere europäische Länder zeigt die Auswirkungen der Automobilkrise.10.09.2024 | 3:19 min
    So gesehen sind auch die EU-Zölle gegenüber chinesischen E-Auto-Importen nur eine Seite der Medaille. Weil die deutschen Konzernvorstände das Potenzial der E-Mobilität über Jahre fatal unterschätzt haben, gaben sie das Rennen um die Batteriezellforschung und Produktion auf. Um zu spät wieder einzusteigen und Milliarden schwere Lieferverträge unter anderem mit chinesischen Herstellern abzuschließen.

    Hin und Her zwischen Verbrenner- und Elektro-Welt

    Dieses Hin und Her zwischen alter Verbrenner- und neuer Elektro-Welt führte in die Sackgasse, in der Auto-Deutschland nun steckt. Rechtzeitig zum nun aufkeimenden Wirtschaftskrieg zwischen Europa, China und den USA.
    Es sieht nicht gut aus, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Gründer des CAR-Institute in Bochum. Die aktuellen Quartalsergebnisse seien schlicht katastrophal, so Dudenhöffer. Derzeit sehe man, dass immer weniger Aufträge kommen.

    Deutschland ist das teuerste Produktionsland der Welt.

    Ferdinand Dudenhöffer, Gründer des CAR-Institute

    Zudem würden in den deutschen Entwicklungszentren nicht die Fahrzeuge entwickelt, die Chinesen kaufen wollten.
    VW Auto, Werk im Hintergrund
    Krisentreffen in Wolfsburg: Bei VW droht die Schließung deutscher Fabriken. ZDFheute live analysiert die Folgen der Krise von Deutschlands größtem Autobauer für die Wirtschaft. 04.09.2024 | 31:55 min

    Klares Bekenntnis zum Elektroauto benötigt

    Der Weg aus der Krise brauche klare Perspektiven, langfristige Rahmenbedingungen für Hersteller und Kaufanreize für Käufer von Elektroautos und wie schon seit Jahren in China ein klares Bekenntnis zum batterieelektrischen Automobil, so Dudenhöffer.

    Wir brauchen eine völlig neue Strategie, brauchen eine völlig neue Politik. Deutschland ist vergammelt in seiner Infrastruktur.

    Ferdinand Dudenhöffer, Gründer des CAR-Institute

    Nur so könne man Deutschland wieder auf die Füße stellen, erläutert Dudenhöffer.
    Und zurück zum Verbrenner? Das dürfte kein erfolgversprechender Weg sein. Die deutsche Automobilbranche muss sich neu erfinden und beweisen, dass sie wirklich so gut ist, wie sie selbst stets behauptet.
    Lothar Becker ist Reporter im ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
    Elektroauto an einer öffentlichen Ladestation in Hamburg
    Die Elektromobilität in Deutschland kämpft derzeit mit erheblichem Imageverlust. Schuld sind nach Expertenmeinung die Sparzwänge der Bundesregierung infolge des Haushaltsurteils.02.04.2024 | 9:24 min

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    Quelle: ZDF

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