Gerade in der Baubranche suchen viele unqualifizierte Arbeitskräfte einen Job - davon gibt es dort aber immer weniger, sagt die Chefin der Arbeitsagentur, Andrea Nahles.
Quelle: dpa
Konjunkturschwäche und Fachkräftemängel haben den deutschen Arbeitsmarkt gespalten: Einerseits werde in einigen Dienstleistungsbranchen, etwa bei Wirtschaftsprüfern oder in der Pflege, händeringend Personal gesucht, sagte die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, bei der Vorstellung ihrer Dezember-Statistik in Nürnberg.
2023 zählt zu den Jahren mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Dezember allerdings jahreszeitlich bedingt leicht an.03.01.2024 | 1:30 min
Immer weniger Helferjobs
Der
Fachkräftemangel werde auch im laufenden Jahr ein großes Thema bleiben, betonte Nahles. Schon jetzt gehe der Beschäftigungszuwachs zu 100 Prozent auf das Konto von Menschen mit ausländischem Pass.
In anderen Bereichen gebe es eine verfestigte Arbeitslosigkeit, sagte die BA-Chefin. 61 Prozent der Arbeitslosen seien auf der Suche nach Helferjobs, die es immer weniger gebe. Die Gruppe weniger qualifizierter Arbeitsloser werde es immer schwerer haben, eine Arbeitsstelle zu finden. Deshalb sei Qualifizierung bitter notwendig, ganz egal, ob es um eine jahrelange Weiterbildung gehe, ein Schweißer-Zertifikat oder einen Führerschein.
Arbeitsagentur bangt um Mittel für Qualifizierungen
Die Analyse von Nahles dürfte auch als eine Art Appell an die
Bundesregierung zu verstehen sein. Qualifizierungsmaßnahmen etwa für Langzeitarbeitslose werden - nicht wie Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld - aus den Beiträgen der Arbeitslosenversicherung bezahlt, sondern aus Steuermitteln.
Arbeitsminister Heil will mehr Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren, um so den Fachkräftemangel auszugleichen. 20.11.2023 | 1:49 min
Die Bundesagentur bangt nach früheren Angaben von Nahles um Hunderte von Millionen Euro in diesem Topf, die den Sparrunden der Bundesregierung zum Opfer fallen könnten. Vor allem aber brauche die Bundesagentur Planungssicherheit - und deswegen schnelle Klarheit.
Hinzu kommt, dass eigentlich als Zuschüsse gewährte Milliardenhilfen des Bundes aus der
Corona-Zeit zurückgezahlt werden sollen, wie ein in Berlin kursierender Gesetzentwurf vorsieht - 5,2 Milliarden Euro in den nächsten Jahren. Dies belaste aber nicht die aktive Arbeitsmarktpolitik, sondern verzögere das Bilden einer Rücklage.
Arbeitskräftesicherung "Garant des Wohlstands"
Die Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Leonie Gebers, sprach von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. Die Arbeitskräftesicherung bleibe Garant des Wohlstands und damit eine zentrale Aufgabe für alle Akteure am Arbeitsmarkt, betonte sie.
Für Alleinerziehende oder Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, ist es oft schwierig, eine Berufsausbildung zu machen. Abhilfe soll die Ausbildung in Teilzeit schaffen.30.11.2023 | 1:23 min
"Ob Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen, Förderung von Weiterbildung in Betrieben, die besonders vom Strukturwandel betroffen sind, oder die intensive Betreuung
Geflüchteter nach deren Einstellung durch engagierte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber - es braucht das gesamtgesellschaftliche Engagement zur Arbeitskräftesicherung und zur Wohlstandssicherung in Deutschland."
Viele Unternehmen suchen dringend Fachkräfte. Auf einer Jobmesse in München im Dezember hatten Arbeitgeber Angebote für Einsteiger und Hochqualifizierte dabei.12.12.2023 | 1:40 min
Arbeitslosigkeit im Dezember leicht gestiegen
Die
Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im Dezember jahreszeitlich bedingt angestiegen. Laut Bundesagentur für Arbeit stieg die Zahl der Arbeitslosen im letzten Monat des vergangenen Jahres um 31.000 auf 2,637 Millionen Menschen. Die Quote stieg um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent. Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr lag die Zahl der Arbeitslosen um 183.000 höher.
Nahles betonte, 2023 zähle insgesamt zu den Jahren mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der deutschen Wiedervereinigung. Die schwache Konjunktur habe jedoch Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Für 2024 rechnet die Arbeitsagentur insgesamt mit einer "moderat besseren Entwicklung" auf dem Arbeitsmarkt, einsetzend ab dem zweiten Quartal.
Der Fachkräftemangel ist in Pflege, Medizin, Handel und Gastronomie sowie in Handwerk und technischen Berufen groß. Was können Politik und Gesellschaft dagegen tun? Mehr dazu hier.
Quelle: dpa, AFP