Arbeitslosigkeit steigt weiter: Herbstbelebung fällt aus
Arbeitslosigkeit steigt weiter:Herbstbelebung am Arbeitsmarkt fällt aus
von Stephanie Barrett
|
Jahrelang war Arbeitslosigkeit in Deutschland kein Thema mehr, die Zahlen gingen stetig zurück. Das ändert sich gerade. Die Zahlen steigen wieder, langsam zwar, aber unübersehbar.
In Deutschland hat sich die Zahl der Arbeitslosen im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat kaum verändert. Die Arbeitslosenquote bleibt unverändert bei sechs Prozent.30.10.2024 | 0:18 min
Normalerweise bringt der Herbst nochmal richtig Schwung in den Arbeitsmarkt, nach der Sommerpause melden Unternehmen viele offene Stellen, holen Arbeitskräfte an Bord, das wirkt sich belebend auf den Arbeitsmarkt aus. Diesmal aber fällt die saisonale Belebung aus. Im Vergleich zum Vormonat ging die Arbeitslosigkeit im Oktober zwar minimal um 16.000 auf 2,791 Millionen Menschen zurück. Im Vergleich zum Vorjahr nimmt die Zahl der Arbeitslosen aber zu, um 183.000.
Am Unternehmertag in Wiesbaden kritisierten führende Unternehmenslenker die Wirtschaftspolitik der Ampel scharf. Die Forderung: Mehr handeln, weniger Sitzungen. 29.10.2024 | 2:32 min
Wirtschaft seit zwei Jahren im Abschwung
Kein Wunder, seit zwei Jahren ist die deutsche Wirtschaft im Abschwung und allmählich kommen die Bremsspuren auch am Arbeitsmarkt an: Seit Monaten schon kündigen deutsche Traditionsfirmen, wie Thyssenkrupp, Miele oder BASF Stellenabbau an. Jetzt beginnen die Alarmglocken lauter zu schrillen, wo auch beim größten Autobauer VW Tausende Arbeitsplätze auf dem Prüfstand stehen.
Man fühlt sich an die Nuller-Jahre erinnert: Deutschland litt - wie auch heute - nach Jahren des Nullwachstums unter hohen Lohnnebenkosten und einem verkrusteten Arbeitsmarkt. Fast fünf Millionen Menschen waren 2005 arbeitslos. Damals reagierte die rot-grüne Regierung mit der "Agenda 2010" - einer weitreichenden Arbeitsmarkt- und Sozialreform, die Deutschland auf lange Sicht wieder auf Erfolgskurs führte. Auch heute wird der Ruf nach einer Agenda für 2030 laut. Denn das Maßnahmenpaket der Ampel für mehr Wachstum ist aus Sicht von Ökonomen nicht schlagkräftig genug.
Der Präsident des Mittelstandverbundes fordert von der Bundesregierung Reformen: "Beim Thema Bürokratieabbau sind wir ziemlich enttäuscht", so Schwarzer. 22.10.2024 | 5:22 min
Trendwende nicht überraschend
Arbeitsmarktexperten sind nicht überrascht von der Trendwende: "Dass die Zahlen steigen ist kein Wunder, denn wir sehen den Abschwung seit zwei Jahren, gepaart mit Transformationsdruck in den Unternehmen", so Enzo Weber, vom IAB, dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung.
Zudem sinkt die Zahl der offenen Stellen, Unternehmen werden vorsichtiger, gehen vor dem Hintergrund unsicherer Auftragslage weniger Risiko ein. Im Oktober waren 60.000 weniger offene Stellen gemeldet als noch im Vorjahr.
Hohe Verluste im Satellitengeschäft sorgen dafür, dass Airbus fast 2.500 Stellen streicht. Der Konzern kämpft mit großer Konkurrenz, unter anderem durch Elon Musk.16.10.2024 | 0:24 min
Neuer Stellenaufbau geschieht vor allem im öffentlichen Sektor, der allerdings aus Steuermitteln finanziert wird. Die hängen jedoch von den Erträgen der Unternehmen ab. Gehen Aufträge zurück, bedeutet das auch weniger Steuereinnahmen. IAB-Experte Weber bilanziert:
Das sieht auch DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben so: Es gebe zwar keinen flächendeckenden Personalabbau, aber die Zeit sinkender oder stabiler Arbeitslosenzahlen dürfte erst einmal vorbei sein.
"Anders als in den letzten Jahren wird es zukünftig auch vermehrt Arbeitsplatzverluste gegeben. Derzeit wird das noch durch die demografische Entwicklung gebremst", sagt Wansleben. Also dadurch, dass mehr Beschäftigte in Ruhestand gehen als neue auf den Arbeitsmarkt drängen.
Auch Wärmepumpenhersteller Stiebel Eltron hat massive finanzielle Probleme. ZDF-Börsenexpertin Stephanie Barrett berichtet über die Herausforderungen der Branche.12.08.2024 | 0:59 min
Aufbruchstimmung fehlt
Nach Meinung von IAB-Experte Enzo Weber fehlt es an Aufbruchstimmung für einen transformativen Aufschwung:
Es hapere aber bei der Umsetzung in rentable Anwendungen und Geschäftsmodelle." Die dann auch neue Arbeitsplätze entstehen ließen.
Planbarkeit und Verlässlichkeit höre man fast mantra artig aus der Wirtschaft. Darum die Forderung, dass die Politik an einem Strang ziehe, so die Einschätzung von Valerie Haller.29.10.2024 | 1:26 min
So erwarten Experten auch im Wahljahr 2025 eine anhaltende Flaute. Deutschland könnte sogar schon im Frühling die Schallmauer von drei Millionen Arbeitslosen durchbrochen werden, das gab es zuletzt 2015.
Hoffnung geht allerdings vom Dienstleistungssektor aus, der wächst noch stetig. "Im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Bildung und Erziehung, der Logistik und zuletzt auch in der Finanzbranche wird noch kräftig eingestellt". Das stellt die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht fest.
Quelle: ZDF
Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.