Zuschauer-Boom bei WM: "Wand" schreit Norweger zu Medaillen

    Boom bei Nordischer Ski-WM:Wie ein Land seine Helden zu Medaillen trägt

    von Lars Becker
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    Die Stimmung bei der Nordischen Ski-WM in Trondheim ist vor allem beim Skilanglauf phänomenal - die norwegischen Erfolge auch. Das steckt dahinter.

    Zuschauer-Tribüne in Trondheim
    Zuschauer-Tribüne in Trondheim
    Quelle: imago

    Als Norwegens Skilanglauf-Superstar Johannes Kläbo zur Goldmedaille am Auftakttag der Nordischen Ski-WM in der Heimat sprintete, explodierte die riesige Zuschauer-Tribüne in Trondheim in einem Jubelorkan.

    Krass - man fährt wie gegen eine Wand, die schreit. So etwas habe ich noch nie erlebt

    Skilangläuferin Coletta Rydzek

    Rydzeks Teamchef Peter Schlickenrieder sprach von einem "Hochhaus mit Menschen an Menschen".
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    Fünf Entscheidungen, fünf Medaillen - für Norwegen

    22.000 Zuschauer. Ausverkauftes Stadion. An einem Donnerstag zur normalen Arbeitszeit. Im Skilanglauf. Natürlich war auch Norwegens Kronzprinz Haakon samt Mette-Marit in Vertretung seines kranken Vaters Harald V. live vor Ort.
    So etwas hat es in der Geschichte dieses Sports noch nicht gegeben. Und die norwegischen Sportler befördern den Boom: In den ersten fünf WM-Entscheidungen gewannen sie fünf Medaillen, davon zwei in Gold.

    Kläbo und Bö sind Multi-Millionäre

    Über 200.000 Tickets wurden insgesamt schon für die Weltmeisterschaften verkauft. Mit denen, die im Wald stehen und anfeuern werden, könnten es am Ende über 400.000 Fans werden. Das zeigt, welche Wertigkeit der Wintersport in Norwegen genießt.

    Die Sportarten haben einen Stellenwert, von dem wir in Deutschland nur träumen können. Das ist bei uns höchstens im Fußball der Fall

    Biathlon-Sportdirektor Felix Bitterling

    Das gilt auch für die Verdienstmöglichkeiten: Top-Stars wie der nun zehnmalige Weltmeister und fünfmalige Olympiasieger Kläbo oder der 23-malige Biathlon-Rekord-Weltmeister Johannes Thingnes Bö sind Multi-Millionäre. Kläbos Jahreseinkommen wurde zuletzt mit mindestens zwei Millionen Euro taxiert.
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    Boom begann 1994 in Lillehammer

    So richtig begonnen hat der Boom in der Zeit, als Norwegen mit den legendären Olympischen Winterspielen 1994 in Lillehammer oder den ersten Nordischen Ski-Weltmeisterschaften 1997 in Trondheim Gastgeber für Großereignisse war. "Das hat eine Begeisterung ausgelöst. Auch in der Wirtschaft.

    Genug Geld für den Sport ist im vor allem durch die Öl-Vorkommen reich gewordenen Norwegen vorhanden. Im Winter-Olympia-Jahr 2022 gab das Land laut einer Statistik des Instituts für Angewandte Trainings-Wissenschaften (IAT) 322 Millionen Euro für die Spitzensport-Förderung aus. In Deutschland bewegte sich die Summe zuletzt jährlich immer um die 300 Millionen Euro.

    Allerdings hat Deutschland über 83 Millionen Einwohner. Norwegen dagegen nur etwa 5,5 Millionen, das ist etwa ein Fünfzehntel. Trotzdem gewannen die Skandinavier die Medaillenwertung der letzten Olympischen Winterspiele in Peking 2022 (16 Gold, 37 Medaillen) genauso überlegen wie der letzten Nordischen Ski-Weltmeisterschaften 2023 im slowenischen Planica (12 Gold, 27 Medaillen).

    Viele große Unternehmen sind in den Sport gekommen", erzählt die norwegische Langlauf-Legende Björn Dählie im Interview mit dem Münchner Merkur: "Was dazu führte, dass wir in Bereichen wie Material und Training führend waren und sind."

    Norwegische Lebenseinstellung: Draußen zuhause

    Geld ist aber nur ein Puzzleteil des Erfolgsgeheimnisses. Sehr viel hängt auch mit der sozialen Wertigkeit des Sports und der Lebenseinstellung der Norweger zusammen. "Norwegen ist für uns die  Inspirationsquelle Nummer eins", sagt Schlickenrieder: "Einfach diese Lust am Abenteuer, diese Lust am draußen unterwegs sein und entdecken. Mit Kind und Kegel, bei jedem Wetter."
    Es gibt sogar ein eigenes Wort im Norwegischen dafür: "Friluftsliv. Das heißt übersetzt "Leben in der Freien Natur". Friluftsliv als Fach ist in der Schule so normal wie in Deutschland Mathematik. Es soll das "sinnliche Erleben der freien Natur"fördern. Zunehmend wichtiger wird in Zeiten des Klimawandels zudem, dass es in Norwegen immer noch ausreichend Schnee für den Wintersport gibt. Aus alle diesen Gründen sind die "Wikinger"die Nummer 1 im Wintersport weltweit.

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    Quelle: Reuters

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