Trainer Ingebrigtsen: Söhne mit Gewalt zum Erfolg getrimmt?

    Trainervater Ingebrigtsen:Die Söhne mit Schlägen zum Erfolg getrimmt?

    von Sigrid Harms, Oslo
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    Der norwegische Trainer Gjert Ingebrigtsen hat seine drei Söhne zu Weltklasseläufern gemacht. Nun steht er vor Gericht: Sie werfen ihm vor, sie als Kinder geschlagen zu haben.

    Gjert Ingebrigtsen (links) bespricht sich bei der Hallen-EM 2019 in Glasgow mit seinen Söhnen Filip und Jakob (rechts).
    Hallen-EM 2019 in Glasgow: Gjert Ingebrigtsen (links) bespricht sich mit seinen Söhnen Filip und Jakob (rechts).
    Quelle: Imago/ Bildbyran / Vegard Wivestad Grott

    Sie sind schneller als andere, doch ihrem Vater konnten sie nicht entkommen. So sehen es die norwegischen Läufer Jakob, Henrik und Filip Ingebrigtsen, die gegen ihren Vater vor Gericht ziehen.

    Die Ingebrigtsens: Olympiasieger, Welt- und Europameister

    Er soll sie in ihrer Kindheit misshandelt haben. Am Montag, den 24. März, beginnt der Prozess vor einem Gericht in Rogaland.
    Die drei Ingebrigtsen-Brüder sind der Stolz der norwegischen Leichtathletik. Jakob, mit 24 Jahren der jüngste der drei Läufer, hat bei den Olympischen Spielen zwei Goldmedaillen gewonnen: In Tokio 2021 über 1.500 Meter, in Paris 2024 über 5.000 Meter. Zudem ist er zweimaliger Weltmeister über 5.000 Meter.
    Filip (31) wurde 2016 in Amsterdam Europameister über 1.500 Meter, Henrik (34) holte 2012 in Helsinki EM-Gold über 1.500 Meter.
    Der Norweger Jakob Ingebrigtsen jubelt nach dem Gewinn der Goldmedaille im 5000-Meter-Finale der Männer.
    Jakob Ingebrigtsens jüngster großer Erfolg: Olympiasieger 2024 über 5.000 Meter.
    Quelle: AP

    Doku-Serie über die Familie Ingebrigtsen

    Die Brüder gehören in Norwegen zu den bekanntesten Sportlern des Landes. Dazu beigetragen hat auch eine Dokumentarserie des norwegischen Fernsehens, die die Familie Ingebrigtsen über fünf Jahre hinweg begleitete.
    Training, Familienfeiern, Geburten und Hochzeiten - die Familie war öffentliches Eigentum und schien keine Geheimnisse zu haben.
    Auf der rechten Bildseite blickt eine junge Frau ernst in die Kamera. Auf der linken Bildseite ist ein Kinderfoto der jungen Frau zu sehen.
    Als Michèle 11 Jahre alt ist, verlässt ihre Mutter die Familie und lässt sie bei ihren Halbbrüdern zurück. Michèle ist von da an auf sich alleine gestellt.07.01.2025 | 17:15 min

    Vorwurf: Eine Kultur der Angst

    Der Schock kam im Herbst 2023: Jakob, Henrik und Filip warfen ihrem Vater und Trainer in einem Zeitungsbeitrag vor, sie in ihrer Kindheit misshandelt zu haben.

    Wir sind mit einem Vater aufgewachsen, der sehr aggressiv und kontrollierend war und im Rahmen seiner Erziehung körperliche Gewalt und Drohungen gebraucht hat.

    Jakob, Henrik und Filip Ingebrigtsen

    Das erklärten die Brüder damals gegenüber der Zeitung "Verdens Gang". Es geht um jahrelange physische und psychische Gewalt, wie Kontrollverhalten, Anschreien, Schläge auf den Kopf, Nackengriffe und eine Kultur der Angst.

    Jakob Ingebrigtsen berichtet von Schlägen

    Die Schilderungen, vor allem von Jakob sind erschütternd. Als er im Alter von acht oder neun Jahren vom Fahrrad fiel, soll ihm sein Vater der Anklageschrift zufolge in den Magen geboxt haben.
    Ein Jahr zuvor soll er den Jungen mit beiden Händen auf den Kopf geschlagen haben, während er ihn anschrie.

    Gjert Ingebrigtsen bestreitet Vorwürfe

    Der siebenfache Familienvater Gjert Ingebrigtsen hat die Vorwürfe stets bestritten.

    Er plädiert auf nicht schuldig und hält daran fest, keines seiner Kinder körperlich oder seelisch misshandelt zu haben.

    Anwalt John Christian Elden

    Im Verhör sagte er laut der Online-Zeitung "Nettavisen", er habe nie einen Konflikt mit Jakob gehabt, er habe ihn vielmehr auf einem goldenen Stuhl getragen.
    Auch Filip und Henrik berichteten von Gewalttaten durch ihren Vater, bei denen er sie ins Gesicht geschlagen, am Hals gepackt und durch den Raum geworfen haben soll.

    Fünf Fälle eingestellt

    Insgesamt umfassten die Ermittlungen alle sieben Kinder. Fünf Fälle wurden eingestellt, weil sie verjährt oder schwer zu beweisen sein sollen.
    Nur der Fall von Jakob und seiner jüngeren Schwester (heute 18) werden nun vor dem Gericht verhandelt. Die Anklage lautet: grobe und wiederholte Misshandlung von Verwandten durch Drohungen, Nötigung, Freiheitsberaubung, Gewalt durch Bedrohung und Zwang.

    Großes Medieninteresse erwartet

    Der Anwalt von Gjert Ingebrigtsen hatte beantragt, die Öffentlichkeit von der Verhandlung auszuschließen. "Er befürchtet, dass der bevorstehende Prozess eher zu einem Medienzirkus wird, der sich in das Privatleben seiner Familie einmischt, als ein würdiger und fairer Prozess", sagte John Christian Elden der Zeitung "Verdens Gang".
    Das Bezirksgericht Süd-Rogaland lehnte den Antrag jedoch ab. Der Prozess ist auf sieben Wochen angesetzt. Alle sieben Geschwister sind als Zeugen geladen.
    Auch der Läufer Narve Gilje Nordås soll aussagen. Seit 2022 ist Gjert Ingebrigtsen sein fester Trainer.

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    Quelle: Reuters

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