Trotz Doping-Debatte: New York feiert Jannik Sinner

    Trotz Doping-Debatte:New York feiert Jannik Sinner

    von Heiko Oldörp
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    Jannik Sinner ist aktuell der beste Tennisspieler der Welt. Doch der Italiener ist seit einigen Tagen auch ein überführter Doper. Seinem Ansehen bei den US Open schadet das kaum.

    Tennis: Jannik Sinner bei den US Open.
    Tennis: Jannik Sinner bei den US Open.
    Quelle: AP

    Jannik Sinner versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als er zu seinem Erstrunden-Match der US Open ins Arthur Ashe Stadium in Flushing Meadows schritt. Es half dem Italiener, dass das Publikum in New York ihn mit Applaus begrüßte. Nur ganz vereinzelt waren Buhrufe zu vernehmen. 

    Sinner mit Applaus empfangen

    Und somit war die wichtigste Frage des Matches von Sinner gegen den US-Amerikaner Mackenzie McDonald schnell beantwortet. Denn diese lautete nicht, wer wohl das Duell zwischen dem Branchenprimus und der Nummer 140 der Weltrangliste gewinnen würde, denn dafür war McDonald einfach ein zu klarer Außenseiter.
    Nein, es ging viel mehr darum, wie das Publikum mit Sinner umgehen würde, nachdem vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass er im März zweimal innerhalb weniger Tage positiv auf das Anabole Steroid Clostebol getestet worden war. 

    Klarer Sieg gegen McDonald

    Es sei für ihn keine einfache Situation gewesen, sagte Sinner nach dem ziemlich problemlosen 2:6, 6:2, 6:1, 6:2. Nur im ersten Satz hatte er Mühe, einige, für ihn untypische, leichte Fehler gemacht. Umso mehr freue es ihn, betonte der 23-Jährige, wie er mit allem umgegangen sei. Und eben deshalb könne er "viel Positives" aus dem Tag mitnehmen.
    Sinner lobte die Fans, "großartig" seien sie gewesen. Nicht nur während des Matches, sondern auch schon bei seinen Trainingseinheiten in den Tagen zuvor. 

    US-Fans mit ambivalentem Verhältnis zu Doping 

    Die Amerikaner haben zum Doping schon immer ein ambivalentes Verhältnis gehabt. Beim American Football oder im Baseball ist es vielen schlichtweg egal, wenn die Idole leistungsfördernde Mittel nehmen.
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    Radsportler wie Lance Armstrong oder die Leichtathletin Marion Jones hingegen erlebten nach ihren Doping-Geständnissen mediale und öffentliche Spießrutenläufe. Sinner scheint vorerst nichts an Ansehen eingebüßt zu haben.

    Vorwurf fehlender Transparenz 

    Er gibt sich unschuldig, führte die positiven Dopingtests auf eine Übertragung durch die Haut zurück. Sein Masseur, Giacomo Naldi, hätte sich eine Wunde am Finger zugezogen und diese mit einem in Italien rezeptfreien Spray behandelt, das die verbotene Substanz enthalte. 
    Die International Tennis Integrity Agency (ITIA) nahm Sinner diese Version ab. Sie hatte ihn zwar im Frühjahr, nach Bekanntwerden der positiven Proben, zunächst gesperrt. Als der Tennis-Profi jedoch erfolgreich Einspruch einlegte, durfte Sinner anschließend wieder an Turnieren teilnehmen. Weil all dies durch die ITIA erst am 20. August öffentlich gemacht wurde, musste sich die Organisation den Vorwurf fehlender Transparenz gefallen lassen. 

    Ein Publikumsliebling, kein Rebell

    Obwohl ihm eine längere Sperre erspart blieb, tut sich Sinner sichtlich schwer mit der Situation. Mit den bohrenden Fragen der Medien, dem Nachhaken und Zweifeln. Er hat den Ruf des netten, sympathischen Tennis-Profis. Ein Mann, der sportlich erst am Anfang einer viel vielversprechenden Karriere steht, der nicht aneckt, dem die Fans gerne zuschauen. 
    Der Lockenkopf ist kein Rebell, wie 2021-US-Open-Champion Daniil Medvedev, sondern einer aus der Kategorie Publikumsliebling à la Roger Federer und Rafael Nadal. 

    Beste Hartplatz-Bilanz des Jahres 

    Als Sinner am Dienstag seinen Matchball nutzte und die Auftakthürde übersprungen hatte, winkte er mit der linken Hand ins Publikum. Die Fans verabschiedeten ihn so, wie sie ihn begrüßt hatten: mit Applaus. Sportlich gesehen gehört der Weltranglisten-Erste zum engsten Favoritenkreis beim letzten Grand Slam des Jahres. 
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    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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