Hartung zu Sportförderung: Know-how bleibt nicht im System
Interview
Sportförderung in der Kritik:Hartung: "Das Know-how bleibt nicht im System"
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Als Ex-Topathlet und Leiter der Sportstiftung NRW kennt Maximilian Hartung alle Seiten der Sportförderung. Eine wichtige Stellschraube ist für ihn die Besserstellung der Trainer.
Max Hartung: Vielleicht sogar beides. Auf der einen Seite werden die Sportlerinnen und Sportler auf vielfältige Weise vom Bund unterstützt und der kommende Sporthaushalt wurde vom Bundestag deutlich erhöht. Andererseits bekommt man bei den Olympischen Spielen mit, wie es in anderen Ländern läuft, dass die Prämien in einigen anderen Staaten höher ausfallen. Das anzusprechen, ist dann auch in Ordnung. Die Athleten haben den Moment genutzt, um in die Diskussion zu gehen.
Stark war, dass sie formuliert haben, dass nicht nur der Moment des Olympiasieges, sondern auch der Zeitraum zwischen den Spielen Aufmerksamkeit und Unterstützung braucht.
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Max Hartung
ZDFheute: Sie selbst waren Weltklasse-Fechter. Wie schwierig war es, Ihren Lebensunterhalt zu finanzieren?
Hartung: Es gab ganz unterschiedliche Phasen. Ich habe die Sportfördergruppe der Bundeswehr verlassen, weil ich Zeit haben wollte, um zu studieren. Ich wollte mein erstes Semester nicht gleich wieder wegen einer militärischen Übung verschieben. Nach den Olympischen Spielen 2012 und 2016 war das Geld dann schon knapp. Zum Ende meiner Sportlerkarriere hatte ich ein gutes Auskommen, auch durch das Elite-Plus-Programm der Sporthilfe und später zusätzlich durch Sponsoren.
ZDFheute: Wer erstmal in der Weltspitze angekommen ist, erhält auch eine bessere finanzielle Unterstützung. Aber wie schaffen junge Athletinnen und Athleten den Weg dahin?
Hartung: Das ist vielleicht die herausforderndste Zeit. Viele machen nach dem Abitur den Schritt zu den Sportfördergruppen von Bundeswehr oder Polizei, das ist finanziell die lukrativste Möglichkeit für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler in Deutschland. Aber der Weg dahin ist schwer. Das ist der Grund, weshalb wir bei der Sportstiftung NRW sagen, wir konzentrieren uns vor allem auf den Jugendbereich und auf die Nachwuchskader.
... ist ein ehemaliger Weltklasse-Säbelfechter. Er gewann vier EM-Titel, wurde Mannschafts-Weltmeister und nahm an drei Olympischen Spielen teil. Engagement im Sport: Gründungspräsident des Vereins "Athleten Deutschland", vier Jahre Mitglied im Aufsichtsrat der Stiftung Deutsche Sporthilfe, vier Jahre im Präsidium des Deutschen Fechter-Bundes, zwei Jahre als Athletenvertreter im Präsidium des Deutschen Olympischen Sport Bundes (DOSB). Aktuell ist der 34-jährige Geschäftsführer der Sportstiftung NRW.
Die Sportstiftung NRW
Gefördert werden mit vom Land NRW bereit gestelltem Stiftungskapital Talente aus olympischen, paralympischen, deaflympischen (Gehörlosensport) und World-Games-Sportarten. Der Fokus liegt auf die Nachwuchskader. Neben direkter finanzieller Unterstützung gibt es die Förderung von Sportinternats-Plätzen, Stipendien bei herausragenden Leistungen in der Schule oder an der Uni sowie psychologische Beratung und Coaching-Angebote.
ZDFheute: Sehen Sie noch Talente, die gefunden und gefördert werden? Viele Trainer und Funktionäre sehen da ein großes Problem.
Hartung: Im Fechten bin ich noch besonders nah dran und da sehe ich, dass es sich immer weniger Vereine noch leisten können, Nachwuchsleistungssport zu betreiben. Die Reisen und Unterkünfte werden immer teurer, die Anforderungen an Vereine und ehrenamtliche Übungsleiter steigen. Viele Vereine machen deshalb nicht mehr den Schritt vom Breiten- zum Leistungssport. Auf der anderen Seite sehe ich die ungefähr 500 jungen Menschen, die wir mit der Sportstiftung NRW unterstützen. Das sind richtig tolle junge Leute, die begeistert und begeisternd ihren Sport machen. Ich weiß nicht, wie viele von denen am Ende bei den Olympischen Spielen stehen und Medaillen gewinnen werden, aber ich sehe, was sie jetzt erleben und was sie weitergeben in ihre Schulklassen, in ihre Hörsäle, später auch an ihren Arbeitsplätzen. Das hat einen riesigen Wert.
Leistungssport hat einen riesigen Wert für unsere Gesellschaft.
Das schwache Abschneiden des deutschen Olympia-Teams bei den Sommerspielen ist aus Sicht des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln auch Folge einer unzureichenden Sportförderung.
Hartung: Die beiden wichtigsten Player sind die Sportler und die Trainer. Bei den Sportlern tun wir mit der Sportstiftung NRW, was wir können. Die Sporthilfe und die Sportfördergruppen tun auch, was sie können. Bei den Trainern ist es problematisch.
In anderen Ländern werden erfolgreiche Sportler systematisch zu Trainern ausgebildet und in Funktionen im Sport überführt. In Deutschland gelingt das nur punktuell. Damit ist klar, dass das Know-How, was da ist, nicht im System bleibt.
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Max Hartung
Aber Trainer zu haben, die individuell auf Sportler eingehen können, die ihre Erfahrungen und ihr Wissen weitergeben, die hochqualifiziert sind, das ist eine zentrale Stellschraube.
ZDFheute: Die deutsche Mannschaft hat in Paris wieder schlechter abgeschnitten als zuvor und nun wird erneut viel über die Mängel im System diskutiert. Wie blicken Sie auf die gerade zu Ende gegangenen Sommerspiele und auf den Spitzensport in Deutschland?
Diese zwei Wochen Olympia waren doch eine großartige Zeit
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Max Hartung
Das Interview führte Susanne Rohlfing
Quelle: dpa
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