Skispringen: Was für Wellinger spricht - und was gegen ihn
Duell um den Tournee-Gesamtsieg:Was für Wellinger spricht - und was gegen ihn
von Lars Becker
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Holt Andreas Wellinger in Bischofshofen den Gesamtsieg der Vierschanzentournee? Oder hat Ryoyu Kobayashi das bessere Ende für sich? Die beiden Topspringer im direkten Vergleich.
Andreas Wellinger geht als Zweiter ins letzte Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen.
Quelle: Reuters
Vor dem knappsten Finale einer Vierschanzentournee seit sieben Jahren trennen Spitzenreiter Ryoyu Kobayashi und Andreas Wellinger nur 4,8 Punkte - das sind knapp 2,67 Meter.
Kobayashi ist klarer Favorit. Aber das heißt noch lange nix. Am Samstag fällt die Entscheidung.
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Andreas Wellinger
Die Statistik spricht vor dem Duell in Bischofshofen am Samstag (16:30 Uhr/ARD) um die Siegprämie von 100.000 Schweizer Franken und den berühmten Goldenen Adler dennoch eine deutliche Sprache. Ein Rückstand von mehr als vier Punkten wurde beim Finale letztmals vor 30 Jahren aufgeholt, als Espen Bredesen mit unfairer Hilfe seines Landmanns Lasse Ottesen noch den deutschen Spitzenreiter Jens Weißflog überholte.
Ryoyu Kobayashi geht mit einem psychologisch wichtigen Vorsprung ins Finale. Zudem hat er den Skisprung-Grand-Slam 2019 vor Markus Eisenbichler und 2022 vor Karl Geiger schon zweimal vor deutschen Springern gewonnen.
Wellingers beste Tournee-Gesamtplatzierung war Rang zwei 2018. Auf seiner "Heimschanze" in Bischofshofen - Wellinger reist oft aus Berchtesgaden zum Training an - war der Deutsche schon einmal Dritter (2018). Kobayashi hat hier 2019 auch schon gewonnen.
Vorteil für den Japaner, 1:0 für Kobayashi
Ski und Anfahrtsgeschwindigkeit
Ryoyu Kobayashi springt Ski der Marke BWT. Andreas Wellinger war mit seinen Van Deer-Latten - der von Red-Bull-Technologie unterstützten Firma der Alpin-Legende Marcel Hirscher - meist deutlich schneller unterwegs. Bei Wellingers Auftaktsieg in Oberstdorf waren es in zwei Sprüngen insgesamt 1,9 Stundenkilometer. Pro km/h mehr in der Anfahrt sind bei gleicher Sprungleistung fünf Meter mehr drin - und die Schanze in Bischofshofen hat einen extrem langen Anlauf.
Vorteil für Wellinger, 1:1
Weitere Faktoren, die eine Rolle spielen können
Schon beim Tourneespringen von Innsbruck waren Papa, Schwester, Schwager und ein Spezl von Andreas Wellinger an der Schanze, beim Finale in Bischofshofen wird es eine ganze Delegation von Familie und Freunden sein plus Tausende deutscher Anhänger. Dazu hat der deutsche Hoffnungsträger ein perfektes deutsches Team von Bundestrainer Stefan Horngacher bis zu Material-Guru Erik Simon an seiner Seite.
Ryoyu Kobayashi hat sich sein eigenes "Team ROY" zusammengestellt mit seinem finnischen Erfolgscoach Janne Väätäinen an der Spitze - ungewöhnlich in Japan, wo Skispringer traditionell in großen Firmen-Teams angestellt sind. Dazu hat er seinen großen Bruder Junshiro, der im Mittelfeld mitspringt, immer an seiner Seite. Fans werden Kobayashi beim Tournee-Finale wohl keine unterstützen - dafür hat er aber viel weniger Druck als Wellinger, auf dem die Erwartungen von ganz Skisprung-Deutschland nach 22 Jahren ohne Gesamtsieg lasten. Wellingers Antwort auf die Frage, warum Kobayashi so gut fliegt: "Vielleicht, weil er weniger reden muss als ich."
Ryoyu Kobayashis Karriere ging mit kleineren Rückschlägen fast geradeaus nach oben. Andreas Wellinger machte dagegen nach seinem frühen Aufstieg zum Olympiasieger mit 18 ganz schwere Zeiten durch. Horror-Sturz 2014, Kreuzbandriss 2019 und weitere Verletzungen wie ein Schlüsselbeinbruch beim Surfen. Wellinger kam jedoch immer zurück: "Ich habe immer wieder mal paar auf den Deckel gekriegt. Aber Jammern hilft nichts - nur kämpfen um meine große Leidenschaft Skispringen." Das gilt auch für das Tournee-Finale.
Absprung
Die deutschen Springer setzen traditionell von ihrem Flugstil auf einen kräftigen Absprung. Wellinger hat sich vor dieser Saison noch einmal verbessert: Er springt aus dem Stand etwa 60 Zentimeter hoch. Deshalb schwebt er nach dem Absprung bei einem guten Sprung immer sehr hoch in der Luft. Kobayashi hat dagegen eine flachere Flugkurve, er setzt nach dem Absprung darauf, möglichst schnell in eine perfekte Fluglage zu kommen und nimmt mehr Geschwindigkeit mit.
Beide Ansätze funktionieren, im Absprung geht der Punkt jedoch an Wellinger, 2:1 für den Deutschen
Flug
Andreas Wellinger ist als "intuitiver Skispringer" ein echtes Flugtalent. Doch Ryoyu Kobayashi toppt im Flug auch durch seinen blitzschnellen Absprung-Übergang und sein außergewöhnliches Gefühl alle anderen Skispringer dieser Welt. "Technisch und fliegerisch macht Ryoyu allen etwas vor", sagt auch der letzte deutsche Tournee-Gesamtsieger Sven Hannawald.
Deutlicher Vorteil für Kobayashi, 2:2
Nervenstärke und Persönlichkeit
Beide Adler haben schon gezeigt, dass sie Großereignisse gewinnen können: Wellinger ist Doppel-Olympiasieger und zweimal Mixed-Weltmeister, Kobayashi hat nur einmal Olympia-Gold und keinen WM-Titel, dafür aber zwei Tournee- und Gesamtweltcup-Siege auf dem Konto.
Beide sind Familienmenschen, die aus sportlichen Großfamilien stammen. Eher offene und lockere Typen, die zum Beispiel auf Instagram ihre Fans begeistern (Wellingers Kanal hat 157.000 Follower, Kobayashi 133.000). Wellinger liebt gutes Essen und Genuss, Surfen und Reisen. Kobayashi schnelle Autos, Schuhe und riskante Aktivitäten wie Bungee-Jumping.
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