Skispringen: Was für Wellinger spricht - und was gegen ihn

    Duell um den Tournee-Gesamtsieg:Was für Wellinger spricht - und was gegen ihn

    von Lars Becker
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    Holt Andreas Wellinger in Bischofshofen den Gesamtsieg der Vierschanzentournee? Oder hat Ryoyu Kobayashi das bessere Ende für sich? Die beiden Topspringer im direkten Vergleich.

    Andreas Wellinger
    Andreas Wellinger geht als Zweiter ins letzte Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen.
    Quelle: Reuters

    Vor dem knappsten Finale einer Vierschanzentournee seit sieben Jahren trennen Spitzenreiter Ryoyu Kobayashi und Andreas Wellinger nur 4,8 Punkte - das sind knapp 2,67 Meter.

    Kobayashi ist klarer Favorit. Aber das heißt noch lange nix. Am Samstag fällt die Entscheidung.

    Andreas Wellinger

    Die Statistik spricht vor dem Duell in Bischofshofen am Samstag (16:30 Uhr/ARD) um die Siegprämie von 100.000 Schweizer Franken und den berühmten Goldenen Adler dennoch eine deutliche Sprache. Ein Rückstand von mehr als vier Punkten wurde beim Finale letztmals vor 30 Jahren aufgeholt, als Espen Bredesen mit unfairer Hilfe seines Landmanns Lasse Ottesen noch den deutschen Spitzenreiter Jens Weißflog überholte.
    Vierschanzentournee in Bischofshofen: Andreas Wellinger bei einem Trainingssprung
    Andreas Wellinger springt in der Qualifikation zum letzten Tourneespringen zehn Meter kürzer als Konkurrent Ryoyu Kobayashi. Der Deutsche bleibt aber kämpferisch.05.01.2024 | 0:41 min
    Auch in der Qualifikation am Freitag lag Wellinger als Neunter (128 Meter) deutlich hinter Sieger Kobayashi (138 Meter). Der Doppel-Olympiasieger glaubt aber noch an den ersten deutschen Gesamtsieg seit 22 Jahren. Wie sind seine Chancen? Was spricht für ihn, was für den Japaner?

    Der direkte Vergleich der beiden Adler:

    Ausgangsposition und Statistik

    Ryoyu Kobayashi geht mit einem psychologisch wichtigen Vorsprung ins Finale. Zudem hat er den Skisprung-Grand-Slam 2019 vor Markus Eisenbichler und 2022 vor Karl Geiger schon zweimal vor deutschen Springern gewonnen.
    Wellingers beste Tournee-Gesamtplatzierung war Rang zwei 2018. Auf seiner "Heimschanze" in Bischofshofen - Wellinger reist oft aus Berchtesgaden zum Training an - war der Deutsche schon einmal Dritter (2018). Kobayashi hat hier 2019 auch schon gewonnen.
    Vorteil für den Japaner, 1:0 für Kobayashi
    Andreas Wellinger am 03.01.2024 in Innsbruck in Aktion.
    Die Gesamtführung verloren, die Hoffnungen bewahrt: Andreas Wellinger besitzt nach Platz fünf in Innsbruck weiter die Chance auf den Tournee-Triumph.03.01.2024 | 2:22 min

    Ski und Anfahrtsgeschwindigkeit

    Ryoyu Kobayashi springt Ski der Marke BWT. Andreas Wellinger war mit seinen Van Deer-Latten - der von Red-Bull-Technologie unterstützten Firma der Alpin-Legende Marcel Hirscher - meist deutlich schneller unterwegs. Bei Wellingers Auftaktsieg in Oberstdorf waren es in zwei Sprüngen insgesamt 1,9 Stundenkilometer. Pro km/h mehr in der Anfahrt sind bei gleicher Sprungleistung fünf Meter mehr drin - und die Schanze in Bischofshofen hat einen extrem langen Anlauf.
    Vorteil für Wellinger, 1:1

    Weitere Faktoren, die eine Rolle spielen können



    Absprung

    Die deutschen Springer setzen traditionell von ihrem Flugstil auf einen kräftigen Absprung. Wellinger hat sich vor dieser Saison noch einmal verbessert: Er springt aus dem Stand etwa 60 Zentimeter hoch. Deshalb schwebt er nach dem Absprung bei einem guten Sprung immer sehr hoch in der Luft. Kobayashi hat dagegen eine flachere Flugkurve, er setzt nach dem Absprung darauf, möglichst schnell in eine perfekte Fluglage zu kommen und nimmt mehr Geschwindigkeit mit.
    Beide Ansätze funktionieren, im Absprung geht der Punkt jedoch an Wellinger, 2:1 für den Deutschen

    Flug

    Andreas Wellinger ist als "intuitiver Skispringer" ein echtes Flugtalent. Doch Ryoyu Kobayashi toppt im Flug auch durch seinen blitzschnellen Absprung-Übergang und sein außergewöhnliches Gefühl alle anderen Skispringer dieser Welt. "Technisch und fliegerisch macht Ryoyu allen etwas vor", sagt auch der letzte deutsche Tournee-Gesamtsieger Sven Hannawald.
    Deutlicher Vorteil für Kobayashi, 2:2

    Nervenstärke und Persönlichkeit

    Beide Adler haben schon gezeigt, dass sie Großereignisse gewinnen können: Wellinger ist Doppel-Olympiasieger und zweimal Mixed-Weltmeister, Kobayashi hat nur einmal Olympia-Gold und keinen WM-Titel, dafür aber zwei Tournee- und Gesamtweltcup-Siege auf dem Konto.
    Beide sind Familienmenschen, die aus sportlichen Großfamilien stammen. Eher offene und lockere Typen, die zum Beispiel auf Instagram ihre Fans begeistern (Wellingers Kanal hat 157.000 Follower, Kobayashi 133.000). Wellinger liebt gutes Essen und Genuss, Surfen und Reisen. Kobayashi schnelle Autos, Schuhe und riskante Aktivitäten wie Bungee-Jumping.
    Unentschieden in diesem Bereich: Endstand 3:3

    Sport
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