Skiflug-WM: "Silber-Wellinger" am Kulm auf Gold-Jagd

Zweiter bei der Vierschanzentournee, Zweiter im Gesamtweltcup - Andreas Wellinger fliegt in dieser Saison so stabil wie nie zuvor in der Weltspitze mit. Gänzlich zufrieden ist der 28-Jährige damit aber dennoch nicht, schließlich fehlt noch ein Schritt nach ganz oben.

Wird "Silber-Wellinger" bei der Skiflug-Weltmeisterschaft von Freitag bis Sonntag am Kulm in Österreich also zum Gold-Champion in der Königsdisziplin der Lüfte?

Bundestrainer Stefan Horngacher glaubt daran: "Andi ist ein brutal guter Skiflieger - das hat er auch letztes Jahr wieder gezeigt. Der Kulm taugt ihm extrem gut."

Was den Chefcoach aus Österreich so zuversichtlich macht: Mit acht Podestplätzen in 14 Weltcup-Springen war sein Vorflieger permanent ganz vorn dabei und seine Leistungskurve zeigte zuletzt in Polen noch einmal deutlich nach oben.

"Andi hat wegen seiner langen Beine einen speziellen Sprung, bei dem er den Absprung wirklich perfekt treffen muss. Aber er ist mental und körperlich voll drauf und denkt immer nach vorn. Das ist ein gutes Zeichen und ich denke, dass er noch stärker werden kann."

Zudem hat der jeweils zweimalige Olympiasieger und Mixed-Weltmeister im deutschen Team einen Mann an der Seite, der weiß, wie man Skiflug-Weltmeister wird. Karl Geiger holte vor gut drei Jahren als insgesamt sechster Deutscher den begehrten Titel.

Laut Horngacher ist der Oberstdorfer gerade dabei, sich aus seinem Leistungs-Loch "herauszuschaufeln", in das er sich nach der enttäuschenden Vierschanzentournee "einbetoniert" hatte. "Karl Geiger ist Skiflug-Weltmeister, wenn bei dem der Knoten aufgeht, dann fliegt er ganz runter." Das wären dann auf der gigantischen Schanze im österreichischen Tauplitz/Bad Mitterndorf so um die 240 Meter.

Genau diese schier endlosen Acht-Sekunden-Flüge will der Intuitiv-Springer Wellinger komplett auskosten und seine erste Einzelmedaille bei Skiflug-Titelkämpfen gewinnen: "Die Skiflug-WM ist das Highlight der Saison. Auf die Schanze am Kulm habe ich mich schon letztes Jahr ganz gut eingeschossen."

Auch wenn er sich wieder mit den üblichen Verdächtigen messen wird. Dem Österreicher Stefan Kraft, im Gesamtweltcup Nummer 1 vor Wellinger und Skiflug-Weltrekordler mit 253,5 Metern. Und natürlich dem fliegenden Japaner Ryoyu Kobayashi, der Wellinger den Vierschanzentournee-Gesamtsieg wegschnappte.

Zu den Medaillenkandidaten zählt Horngacher auch die Slowenen, die jedoch auf ihren Besten verzichten müssen. Anze Lanisek hat sich im Training am Innenband des rechten Knies verletzt und muss rund zwei Monate pausieren. Sven Hannawald nennt zudem noch den Österreicher Jan Hörl mit "seinem außergewöhnlichen Flugsystem".

Für Sunnyboy Wellinger (Stephan Leyhe: "Andi ist genau für solche Situationen geboren") wird es in den vier Einzelsprüngen am Freitag und Samstag vor allem darauf ankommen, die Lockerheit der letzten Wochen zu konservieren und "dem Element Luft eine Chance im Flug zu geben", wie es Stefan Horngacher nennt. Gute Nerven sind wegen der schlechten Wettervorhersage mit viel Wind dazu gefordert.

Natürlich auch im Teamfliegen am Sonntag, wo Horngacher mit dem deutschen Quartett unbedingt eine Medaille gewinnen will. Leicht favorisiert ist Gastgeber Österreich, doch Deutschland war bei den letzten Titelkämpfen eine fast sichere Medaillen-Bank.

Bei vier der fünf letzten Skiflug-Weltmeisterschaften gab es Team-Silber, zweimal davon mit Andreas Wellinger. Gold hat Deutschland allerdings noch nie gewonnen und auch noch keinen WM-Titel am Kulm - eine perfekte Mission für "Silber-Wellinger"?