Rassismus im Fußball-Stadion: Spiel für Gegner werten?
Beleidigung im Fußball-Stadion:Rassismus-Forscher: Spiel für Gegner werten
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Immer wieder werden Fußballer rassistisch beleidigt. Sei es von Zuschauern oder Kollegen. Ein Rassismus-Forscher fordert nun härtere Sanktionen.
Als mehrfaches Opfer von Rassismus auf einer Pressekonferenz darauf angesprochen, beginnt Vinicius Junior (Real Madrid) zu weinen.
Quelle: dpa
In zweieinhalb Monaten beginnt in Deutschland die Fußball-EM. Und ein Problem dieses eigentlich so völkerverbindenden Sports beschäftigt die Verbände immer mehr: der zunehmende Rassismus in Europas Stadien. Braucht es härtere Strafen und schnellere Spielabbrüche?
Rassismus-Forscher: Spezielles Fußball-Problem
Rassismus-Forscher Lorenz Narku Laing von der Evangelischen Hochschule Bochum sieht "nicht nur ein gesamtgesellschaftliches Problem, sondern es hat auch mit dem Fußball selbst zu tun: Denn an diesem sozialen Ort wurde viel zu lange nichts gegen Rassismus getan". Empfindlichere Strafen könnten helfen, meint er:
Der brasilianische Stürmerstar Vinicius Junior von Real Madrid brach in der vergangenen Woche in Tränen aus, als er bei einer Pressekonferenz seines Nationalteams zum Thema Rassismus befragt wurde.
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Am Osterwochenende forderte der 23-Jährige dann via X, dem früheren Twitter: "Rassisten müssen entlarvt werden und die Spiele dürfen nicht mit ihnen auf der Tribüne fortgesetzt werden."
Rassismus-Opfer Vinicius Junior
Vinicius ist schon häufiger Opfer rassistischer Anfeindungen geworden. 2021 baumelte eine schwarze Puppe mit einem Trikot des Stürmers von einer Brücke in Madrid - aufgehängt wie an einem Galgen.
Von Stadionverboten oder gar Gefängnisstrafen für Täter ist Forscher Laing aber wenig überzeugt. "Mein Traum ist eigentlich, dass ein Mann, der in der Kurve eine rassistische Beleidigung loslässt, von seinen Mitmenschen gesagt bekommt, dass das nicht geht."
Forscher: Fußball ist sich Problem nicht bewusst
In der Gesellschaft gebe es zwar eine "neue Sensibilität dafür, dass Rassismus falsch ist, auch wenn er Millionären passiert." Nur fehle es im Fußball noch häufig an diesem Bewusstsein.
"Es ist ein Problem, dass der Fußball es noch nicht schafft, Rassismus als ein eigenes Problem zu begreifen", erklärt Laing.
Inter Mailands Verteidiger Francesco Acerbi darf ab sofort wieder spielen. Ein Sportrichter hat ihn vom Rassismus-Vorwurf freigesprochen.
In der vergangenen Woche wurde der italienische Nationalspieler Francesco Acerbi von einem Sportgericht freigesprochen. Er soll den Brasilianer Juan Jesus vom SSC Neapel rassistisch beleidigt haben. Acerbi dementiert dies, sein Verein Inter Mailand verteidigt ihn.
SSC Neapel: "Kosmetische Initiativen"
Doch Juan Jesus hält an seiner Anschuldigung fest. "Ich bin wirklich entmutigt über den Ausgang dieser ernsten Angelegenheit", sagte der 32-Jährige über das Sportgerichts-Urteil.
Sein Klub aus Neapel will sich aus Protest an keiner Anti-Diskriminierungs-Maßnahme des italienischen Verbands mehr beteiligen. Das seien nur noch "rein kosmetische Initiativen", heißt es in einer Stellungnahme des Klubs.
Doch was soll der Fußball stattdessen tun? Schon 2011 führte die UEFA einen Drei-Stufen-Plan ein, der im Fall rassistischer Vorfälle in einem Stadion bis zum Spielabbruch führen kann. Erster Schritt: Spielunterbrechung. Zweiter Schritt: Spieler zeitweise in die Kabine schicken. Dritter Schritt: Abbruch.