Olympia 2024: Ni Xia Lian und ihr Erfolgsrzept

    Ni Xia Lian fordert Topfavoritin:Das Erfolgsrezept der "Tischtennis-Oma"

    von Florian Haupt
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    Im Alter von 61 Jahren fordert Ni Xia Lian die Weltranglistenerste im Tischtennis heraus. Ein Match in Paris hat sie schon gewonnen, in der Szene ist sie ein Star.

    Die luxemburgische Tischtennisspielerin Ni Xia Lian bei den Olympischen Spielen 2024.
    Die 61-jährige Tischtennisspielerin Ni Xia Lian strahlt nach ihrem Sieg gegen Sibel Altinkaya.
    Quelle: AFP

    Als sie nach drei vergebenen Matchbällen ihr Erstrundenspiel endlich gewonnen hatte, ging Jubel durch die Tischtennishalle bei den Olympischen Spielen in Paris. Ni Xia Lian, die während der Partie sehr ernst gewirkt hatte, strahlte bis über beide Ohren.

    Ni Xia Lian in Paris ein Publikumsliebling

    Sie riss die Arme hoch, warf Kusshändchen in die Menge, lachte mit ihrem Coach, der gleichzeitig ihr Mann ist, umarmte ihre Gegnerin und überhaupt jeden, der entlang kam. Unter vielem Winken und noch mehr Applaus verließ sie dann die Halle - ein Publikumsliebling. NI X.L. steht hinten auf ihrem Trikot. Doch was sie leistet, ist XXL.
    Ni Xia Lian ist 61 Jahre alt - und damit die älteste Olympiateilnehmerin außerhalb des Pferdesports, wo die Tiere die physische Arbeit verrichten und nicht die Reiter. Trotzdem schlug sie die halb so alte Türkin Sibel Altinkaya mit 4:2.

    Millionen Follower in China

    Am Mittwoch steigt nun ein heimliches Highlight der Tischtennis-Wettbewerbe bei diesen Spiele: Ni trifft um 11 Uhr auf die Weltranglistenerste Sun Yingsha aus ihrem Geburtsland China.

    Sie ist mir weit überlegen, aber für mich ist es eine große Ehre, gegen sie zu spielen.

    Ni Xia Lian, Olympia-Tischtennisspielerin

    Doch selbst in China werden viele Menschen wohl sie anfeuern. Dort hat sie Millionen Follower in sozialen Netzwerken. Auch wenn sie für Luxemburg startet.
    Ni inspiriert über Grenzen hinweg. Vor 41 Jahren wurde sie Weltmeisterin im Mixed und in der Mannschaft, vor 39 Jahren addierte sie zwei weitere Medaillen. Dann wanderte sie aus Shanghai nach Europa aus. Die Konkurrenz im eigenen Land war zu groß, und Tischtennis zwar populär, aber im armen China jener Zeit noch kein Überlebensgarant. Ni wollte studieren, die Welt kennenlernen.
    Die Tischtennisspielerin Ni Xia Lian im Spiel gegen Sibel Altinkaya.
    Ni Xia Lian schreibt Olympia-Geschichte: Mit 61 Jahren gewinnt sie als älteste Teilnehmerin das Erstrundenspiel.
    Quelle: AFP

    Über Deutschland und Luxemburg zu Olympia

    Sie landete zunächst in Deutschland, wo sie für Bayer Uerdingen in der zweiten Liga antrat, und bald in Luxemburg. Dort wollte man sie ursprünglich als Trainerin haben, doch ihre Qualitäten als Spielerin waren so gut, dass sie in der Herrenliga an den Start ging. 2000 gewann sie die Europameisterschaft und stand bisweilen unter den Top Ten der Weltrangliste. Tischtennis war mittlerweile olympisch geworden. In Sydney 2000 kam sie zu einer Olympiateilnahme, mit der sie nie gerechnet hätte.
    Dabei wäre es womöglich auch geblieben, hätten 2008 nicht die Spiele in ihrem Geburtsland stattgefunden. Der Gedanke, in Peking anzutreten, motivierte sie noch einmal, die Qualifikation zu schaffen, nachdem sie es vor 2004 wegen ihrer zwei Kinder etwas schleifen lassen hatte. Ni war jetzt 45. So weit, so normal: Tischtennis ist kein ultraphysischer Sport, gute Spieler in diesem Alter gibt es öfter.

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    36 Jahre später noch einmal eine WM-Medaille

    Nicht mehr normal ist, was seither passierte. Denn Ni spielte nicht nur einfach immer weiter, sie hielt und verbesserte sogar ihr Niveau. 2019 wurde sie EM-Dritte. 2021 gewann sie im Doppel mit Sarah de Nutte die Bronzemedaille im WM-Doppel. 36 Jahre nach ihrer letzten WM-Medaille.
    Wie außergewöhnlich das ist, zeigt auch ein Vergleich mit der anderen "Tischtennis-Oma" der Spiele. Die für Chile startende Zeng Zhiying, ebenfalls gebürtige Chinesin, debütierte im Alter von 58 Jahren bei Olympia. Doch ihrem Spiel sah man den Altersunterschied an. Sie scheiterte in der Vorausscheidung an einer 46-jährigen Libanesin.

    Ernährung, Erfahrung und Wohlbefinden

    Ni dagegen scheint sieben Sportleben zu haben. Über die Gründe wird sie natürlich immer wieder gefragt. Ihre Antworten reichen von der Ernährung über die Erfahrung bis zur Heimeligkeit ihres Landes ("Ich bin ein Familienmensch, deshalb passt Luxemburg so gut zu mir"). Experten führen außerdem die ungewohnte Noppenbeschichtung ihres Schlägers an, die einen ungewohnten Schnitt hervorruft.
    Am wichtigsten ist aber wohl ihre Einstellung. Wie Ni Xia Lian sagt:

    Ich weiß, dass ich nicht mehr die Jüngste bin. Aber ich sage mir jeden Tag: 'Heute bin ich jünger als morgen.'

    Ni Xia Lian, Olympia-Tischtennisspielerin

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