VfB-Stürmer Woltemade: Wie er sich in den Blickpunkt dribbelt

Natürlich regnete es Superlative nach dem 3:1-Sieg der deutschen U-21-Nationalmannschaft gegen Spanien - und fast alle galten Nick Woltemade, der alle drei Treffer beigesteuert hatte.

Fraglos hätte der Stürmer des VfB Stuttgart auch im Mittelpunkt gestanden, wenn ihm gegen die Iberer drei schnöde Abstaubertore gelungen wären, doch das wäre dem 1,98 Meter großen Angreifer an diesem Abend in Darmstadt wohl zu wenig gewesen.

Den eröffnete er mit einem der spektakulärsten Treffer der vergangenen Wochen: Nach einer eleganten Körperdrehung spielte er einen perfekten Ball in die Tiefe, spurtete nach vorne, bekam den Ball zurück, tunnelte einen Gegenspieler und lupfte den Ball über Torwart Alejandro Iturbe.

Ein traumhaft schönes Tor. Und doch eines, das bestens zu Nick Woltemade passt, dem mutmaßlich technisch besten Zwei-Meter-Mann der Branche, dem der Ball beim Dribbling regelrecht am Fuß zu kleben scheint.

Die Faustregel, wonach die fußballerischen Fähigkeiten proportional zur Körpergröße abnehmen, gilt bei ihm jedenfalls nicht. "Zwei-Meter-Messi", nannte ihn VfB-Kapitän Atakan Karazor deshalb - nur halb im Spaß.

Umgekehrt kann er den Bonus der Körpergröße (noch) nicht zu einer ausgeprägten Kopfballstärke nutzen - auch wenn er sein drittes Tor gegen Spanien per Kopf erzielte.

"Die Tore zwei und drei freuen mich noch mehr", sagte Woltemade nach dem Spiel bei "Sat1": "Es sind typische Stürmertore. Ich habe viel daran gearbeitet beim VfB, dass ich in die Räume komme, in denen Tore passieren." Er habe sich auch viel bei Harry Kane abgeschaut:

Abgesehen von seinen Defiziten im Kopfballspiel haperte es bei Woltemade anfangs noch am Spielverständnis - das wiederum ist heute eine der großen Stärken des Mannes, den im VfB-Umfeld noch im Sommer keiner auf der Rechnung hatte.

Wie auch? In seiner Bundesliga-Premierensaison für Werder hatte er zwei Treffer erzielt. Und später in Stuttgart überstrahlten Deniz Undav und Ermedin Demirovic, die der VfB für zusammen 50 Millionen Euro geholt hatte, alle anderen an Popularität.

Doch VfB-Trainer Sebastian Hoeneß, dem man nicht zu Unrecht nachsagt, er habe beim Scouting vor allem das Potenzial eines interessanten Spielers im Blick, warf Woltemade schon früh ins kalte Wasser.

Schon im ersten Saisonspiel gegen den SC Freiburg (1:3) kam er zu einem Kurzeinsatz, ab dem zehnten Spieltag verpasste er kein Spiel mehr. Und seitdem er beim 3:2-Erfolg gegen den 1. FC Union am Nikolaustag doppelt traf, ist er gesetzt.

Auch außerhalb des Platzes ist er in Stuttgart angekommen. Den Vereinsmedien verriet er, er sei in der Bremer Innenstadt aufgewachsen und fühle sich als "Stadtmensch": "Ich brauche den Trubel um mich herum und habe gerne kurze Wege."

Eher kurios ist hingegen, dass Woltemade schon als Jugendlicher eine enge Verbindung zu seinem heutigen Arbeitgeber hatte: "Meine Tanten, Onkel und Cousins kommen aus Stuttgart, mein Opa und mein Vater waren schon immer große VfB-Fans."

Das Bremer Spiel gegen den VfB sei "das einzige gewesen, das wir immer zusammen im Stadion angeschaut haben". Er sei auch zu Heimspielen oder Trainingseinheiten in den Südwesten gefahren. Heute zählt der Fan von einst zum beliebtesten Selfie-Motiv der Fans von heute.

Und natürlich steht der Senkrechtstarter auch längst im Notizbuch von Julian Nagelsmann. "Im Moment", das gab der Bundestrainer zu, "hätte er es sich sicher verdient gehabt, dabei zu sein". Dem ist nach den Eindrücken vom Dienstagabend nichts hinzuzufügen.