Turnerin Hinsberger: Wurde behandelt wie ein Gegenstand
Nächste Turnerin klagt an:Hinsberger: "Behandelt wie ein Gegenstand"
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Auch Lara Hinsberger stellt den Turn-Stützpunkt in Stuttgart an den Pranger. Sie sei dort unwürdig behandelt worden, spricht von Missständen und habe körperlich sehr gelitten.
Lara Marie Hinsberger - hier bei der Deutschen Meisterschaft 2023 - berichtet von Depressionen und Verletzungen.
Quelle: dpa
Mit Lara Hinsberger hat die nächste deutsche Top-Turnerin grobe Missstände am Bundesstützpunkt beklagt. "In Stuttgart wurde ich behandelt wie ein Gegenstand. Ich wurde benutzt und das so lange, bis ich körperlich und geistig so kaputt war, dass ich für die Trainer (und irgendwann auch für mich selbst) sämtlichen Wert verlor", schreibt die 20 Jahre alte Saarländerin in einem am Silvestertag veröffentlichten Instagram-Post.
Hinsberger: Viel Gewicht verloren und verletzt trainiert
Teilweise habe sie damals auch verletzt trainiert, schildert Hinsberger: "Ich trainierte immer weiter, bis ich irgendwann eine Stressfraktur im Schienbein mit zusätzlichem Meniskusriss im linken Bein erlitt. Als meine Mutter mit dem (sich in Stuttgart befindenden) Arzt telefonierte, wurde ihr gesagt, dass ich nicht trainieren dürfe. Dabei wurde sich über den ärztlichen Rat hinweggesetzt. Ich trainierte knapp 5 Stunden täglich nur noch Barren."
Instagram-Post von Lara Hinsberger
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Sorgen außenstehender Trainerinnen und Trainer seien ignoriert worden. Sie habe stattdessen immer weiter an Gewicht verloren. Bei den deutschen Meisterschaften 2019 habe sie 37 Kilogramm gewogen bei 1,60 Meter Körpergröße. Kurz darauf seien bei der damals 14-Jährigen unter anderem Depressionen diagnostiziert worden.
Seitz fordert Aufklärung der Missstände
Am vorigen Wochenende hatten, angeführt von den ehemaligen Auswahl-Turnerinnen Tabea Alt und Michelle Timm, mehrere Sportlerinnen Missstände am Kunstturnforum Stuttgart öffentlich gemacht. Angeprangert wurden "systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch" und katastrophale Umstände.
Nach Missbrauchsvorwürfen im deutschen Turnsport äußern sich weitere Athletinnen zu den Anschuldigungen. Rekordmeisterin Elisabeth Seitz fordert Konsequenzen.
Als erste aktive Spitzen-Turnerin hatte zuletzt die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz eine Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gefordert. Für die Zukunft müssten "Missstände behoben und die Menschen zur Verantwortung gezogen werden, die diese verursachen", hatte die Stuttgarterin bei Instagram geschrieben.
Hinsberger: "Schlichtweg nicht akzeptabel"
Auch Hinsberger ist der Meinung, dass es grundsätzliche Reformen im deutschen Turnen brauche. "Meine Erfahrungen waren in Stuttgart - wichtig ist aber, dass sich das ganze System ändert", schreibt sie.
Sie wisse sicher, dass es auch an anderen Standorten zu "enormen Missständen" komme, über die hinweggesehen werde: "Das ist schlichtweg nicht akzeptabel."
Der Deutsche Turner-Bund hatte schon vor Hinsbergers Statement Aufklärung durch eine Untersuchung angekündigt. Zudem seien Sofortmaßnahmen initiiert worden. Dem DTB und dem Schwäbischen Turner-Bund (STB) lägen "konkrete Informationen zu möglichem Fehlverhalten von Seiten verantwortlicher Trainer am Bundesstützpunkt in Stuttgart vor", hatte der Verband mitgeteilt.
In einer weiteren Stellungnahme hatte der DTB am Silvestertag eine selbstkritische Überprüfung der bisherigen Maßahmen angekündigte.
Ex-Turnerin Bui spicht von Erniedrigung
Die frühere Spitzenturnerin Kim Bui sprach im Magazin "Stern" von einem System, das Sportlerinnen über Jahre manipuliert und erniedrigt habe.
Allerdings, so Bui, sei es für eine aktive Turnerin schwierig, den psychischen Missbrauch zu erkennen: "Man ist noch so jung, man sieht die Ergebnisse, die Trainingsmethoden scheinen den Trainern rechtzugeben, also hinterfragt man nicht. Man verinnerlicht, dass man als Sportlerin den Mund zu halten und zu funktionieren hat."