Stimme für WM in Saudi Arabien: Selbstverzwergung des DFB
Kommentar
Stimme für Saudi Arabien:WM 2034: Die Selbstverzwergung des DFB
von Nils Kaben
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Die WM 2034 geht an Saudi-Arabien - auch mit der Stimme des DFB. Haltung, Rückgrat und gesellschaftliche Verantwortung sind auf der Strecke geblieben, kommentiert Nils Kaben.
Die FIFA vergibt per Applaus die WMs 2030 und 2034. ZDF-Reporter Markus Harm über den Vergabeprozess. Martina Voss-Tecklenburg hätte sich vom DFB eine Enthaltung gewünscht.11.12.2024 | 4:20 min
Der Fußball-Weltverband FIFA hat die Weltmeisterschaften 2030 und 2034 vergeben.
2030 findet das Turnier in Portugal, Spanien und Marokko statt - zudem sind Spiele in Uruguay, Paraguay und Argentinien geplant.
2034 geht die Fußball-WM an Saudi-Arabien.
Über beide Turnier wurde gemeinsam abgestimmt - es gab jeweils nur eine Bewerbung.
Der DFB stimmte den Vergaben zu.
Es ist knapp zwei Jahre her, da hielten sich die deutschen Nationalspieler auf dem Mannschaftsfoto vor dem ersten Spiel der WM in Katar die Münder zu.
Ein hilfloses Aufbäumen nach dem Desaster mit der "One-Love-Binde". Eine sekundenkurze Geste Richtung FIFA - wir möchten lieber nicht so doll bevormundet werden.
Gesten ohne Wert
Eine Geste, die allerdings auch zeigte: Im Zweifel spielen wir jedes Spiel mit - ist ja WM, einfach zu wichtig und zu gut bezahlt das Ganze.
Bernd Neuendorfs Argumente sind besser formuliert - ob sie deshalb auch die besseren sind, darf getrost bezweifelt werden. Da sind im Wesentlichen diese:
Erstens: Es gab eh nur einen Kandidaten - ein deutsches Nein hätte nichts geändert.
Das stimmt faktisch. Es stellt sich allerdings die Frage, warum ein Fachverband einer Sache zustimmt, die er inhaltlich für unsinnig und unangemessen hält.
Die Saudis sind weder ein seit Jahren fußballbegeistertes Land, das endlich mal eine WM verdient hat. Elf Stadien müssen neu gebaut werden, und es wird wieder im Winter gespielt.
Die FIFA dürfte bekommen, was sie will: Per Doppelvergabe wird die WM 2030 in sechs Ländern auf drei Kontinenten und die WM 2034 in Saudi-Arabien abgesegnet.
von Frank Hellmann
FAQ
Im Evaluierungsbericht ist nicht mal ein Termin angegeben - ist eh alles wurscht - die Saudis haben die FIFA im Sack, und die Deutschen wissen, dass sie nix mehr zu sagen haben auf der großen Fußballbühne. Und jetzt wollen sie nicht schon wieder anecken.
Haltung, Rückgrat, gesellschaftliche Verantwortung - alles von vorgestern. Heute ist man praktisch veranlagt. Man könnte genauso sagen, opportunistisch.
Ein DFB-Präsident, dem Bange ist, dass keiner mehr mit ihm tanzen möchte und deshalb ein letztes Fünkchen Hoffnung hochhält - so wie der liebenswerte Monaco-Franze: A bisserl was geht immer - noch nicht heute, aber vielleicht morgen oder übermorgen.
Zweitens: Beide Turniere wurden en bloc vergeben.
Ein Nein zu den Saudis wäre also auch ein Nein zu unseren europäischen Freunden Spanien und Portugal und Mitgastgeber Marokko gewesen, die für 2030 die Hand gehoben haben.
Auch das stimmt de facto. Blöd ist nur, dass das der 36-köpfige FIFA-Council so beschlossen hat, wieder mit Zustimmung von Neuendorf. Als Argument diente der Umstand, dass es jeweils nur einen Bewerber gab. Also kann man auch zusammen ja sagen.
Damit war allerdings die Chance, sein fachliches, sein verantwortungsvolles und sein menschliches Gesicht zu wahren perdu.
Drittens: Mit einer WM steht das Land im internationalen Schaufenster, so verbessern sich Menschenrechte
Das ist nur die halbe Wahrheit. Das mit dem Schaufenster stimmt. Nur verbessert hat sich die Menschenrechtslage weder in Russland noch in Katar. Hier wird also wider besseres Wissen die Öffentlichkeit für dumm verkauft.
Im Bolzplatz spricht Jochen Breyer mit Manu Thiele über seine Doku "Geheimsache Katar" und darüber, wie es vor Ort war, was die Fans erwartet, und über die Rolle des FC Bayern.08.11.2022 | 13:41 min
Kaum Frauenrechte, verbotene Homosexualität, Zwangsarbeit, Lohndiebstahl - aber Moment: All das hat doch mit Fußball nichts zu tun, auch nicht, dass Regimekritiker vom Geheimdienst bei der Visabeschaffung in Stücke gesägt wurden, wie der Journalist Jamal Kashoggi, nachdem er 2018 das saudische Generalkonsulat in Istanbul betreten hatte.
Wirtschaftliche Interessen als Argument
So argumentieren sie gerne - hilfsweise auch noch damit, dass die Bundesregierung ja schließlich auch wirtschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen zum Königreich unterhalte, von den milliardenschweren Waffenverkäufen aus deutschen Rüstungsschmieden nach Riad ganz zu schweigen.
Diejenigen, die unseren Kurs bestimmen sollten, haben keinen Kompass mehr.
Weil aber in der Adventszeit die Dinge tröstlich enden sollten, unterstelle ich dem Präsidenten, dass er sich von Reinhold Niebuhrs Gelassenheitsgebet leiten ließ:
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die sich ändern lassen, und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.
Quelle: Reuters
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