NFL-Super-Bowl: Warum den Chiefs Liebesentzug droht

Die Kansas City Chiefs sind die Könige der Crunch-Time und könnten sich im Super Bowl 59 in New Orleans unsterblich machen. Für ihre Dominanz zahlen sie aber einen Preis.

Patrick Mahomes hat das Ziel früh ausgerufen: "Wir sind noch nicht fertig", drohte der Superstar der Kansas City Chiefs der Konkurrenz bei der Titelverteidigung vor einem Jahr.

Nun können die Chiefs im Super Bowl 59 tatsächlich noch eins draufsetzen: Mit einem Sieg über die Philadelphia Eagles würden die Chiefs das Triple schaffen - als erstes Team überhaupt in der Super-Bowl-Ära der NFL.

Längst geht es für die dominierende Mannschaft im Profi-Football nicht mehr nur um schnöde Titel, einen Satz neuer Sieger-Ringe für die Belegschaft oder eine weitere Vince-Lombardi-Trophäe fürs Vereinssilber. Es geht um ihren Platz in der Historie.

"Lasst uns Geschichte schreiben", fordert Mahomes. Diese Mission treibt das Team aus Missouri an. Es wächst aber auch die Fallhöhe.

Die New England Patriots waren im Finale 2008 in ähnlicher Situation. Der Serienmeister pflügte ohne Niederlage durch die Spielzeit. Die einzige relevante Frage schien, ob das Team um Tom Brady das allerbeste der Geschichte sei.

Das Finale ging durch den Sensationserfolg der New York Giants verloren. Danach brauchte New England Zeit, um sich neu aufzustellen.

Ganz unabhängig vom Spiel im Superdome von New Orleans: Die Chiefs haben sich als Dynastie im Football etabliert. Schon die Titelverteidigung im Jahr 2024 war bemerkenswert, das hatte es 19 Jahre lang nicht gegeben in einer Liga, die systematisch Wettbewerb und Spannung fördert.

Drei Mal in Folge in den Super Bowl zu kommen haben nur drei weitere NFL-Teams geschafft: Die Miami Dolphins (1971 bis 1973), New England (2017 bis 2019) und die Buffalo Bills (1991 bis 1994). Miami scheiterte im ersten Anlauf, die Patriots in der Mitte an den Eagles und die Bills verloren sogar alle vier Finals.

Die Chiefs haben in sieben Jahren Mahomes 107 Siege angehäuft. Sieben Mal in Folge zogen sie ins Halbfinale ein, nun stehen sie zum fünften Mal in sechs Jahren im Super Bowl.

Mit einem Titel am Sonntag könnten sie in der Gesamtsicht die Dallas Cowboys und den San Francisco 49ers (beide fünf) einholen. Patriots und Pittsburgh Steelers sind Rekordsieger mit sechs Finaltiteln.

Die Dominanz ist umso erstaunlicher, als im Liga-Zweig der Chiefs ein Überangebot an Top-Teams und hochkarätigen Quarterbacks herrscht. Die Baltimore Ravens (Lamar Jackson), die Bills (Josh Allen) oder die Cincinnati Bengals (Joe Burrow) hätten wohl in jeder anderen Epoche die NFL viel deutlicher mitgeprägt.

Dabei sind die Chiefs nicht auf ihre Superstars Mahomes und Travis Kelce fokussiert. Headcoach Andy Reid verteilt die offensive Arbeit längst auf viele Schultern. Die Defensive hat eine tragende Rolle übernommen - dank Defensiv-Koordinator Steve Spagnoulo, der einst bei Frankfurt Galaxy coachte.

Das Team hat sich vom Offensiv-Spektakel zur Ergebnis-Maschine gewandelt. Nur ein Mal holten die Chiefs in dieser Saison über 30 Punkte: beim Einzug ins Finale. Die Könige der Crunch-Time haben eine Serie von 17 Siegen, wenn Spiele mit drei Zählern Differenz oder weniger ausgehen.

Die Chiefs-Dynastie hat ihr sympathisches Underdog-Image verloren. Nun schlägt das Pendel in die andere Richtung. Ohne Touchdown-Festivals geht manch neutraler Football-Fan von der Fahne. In die Bewunderung des Seriensiegers mischt sich erste Müdigkeit des Publikums.

Mit den Erfolgen wächst die Zahl der Neider. Auch sind viele Fans vom Hype um Tight End Kelce und seine Popstar-Freundin Taylor Swift genervt. Die Unzufriedenheit sucht sich ein Ventil, etwa in der abwegigen Diskussion, ob der Abo-Champion von Schiedsrichtern bevorteilt wird.

Mahomes und Co. machen das Beste draus, wie einst die ungeliebten Patriots: Sie umarmen die neue Rolle und wollen sie als Ansporn nutzen.