Paralympics 2024: Wie Josia Topf seinen Traum verfolgt
Schwimmer Josia Topf:Wie ein Para-Sportler seinen Traum verfolgt
von Henrik Diekert
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Eine Erkrankung hat Para-Schwimmer Josia Topf aus der Bahn geworfen. Rückschlägen zum Trotz will er sich zurückkämpfen. Gelingt ihm noch der Sprung zu den Paralympics in Paris?
Resignieren gibt's nicht: Eine Krankheit hat den Para-Schwimmer Josia Topf aus der Bahn geworfen. Doch bei den Paralympics in Paris ist er am Start.31.01.2024 | 13:49 min
Der junge Mann geht den Strand entlang. Die steifen Beine, denen die Kniegelenke fehlen, sind nicht zuverlässig belastbar - erst recht nicht auf dem unebenen Sandboden. Die Hände, direkt an der Schulter, können kaum dabei helfen, Balance zu halten.
Acht Tage Trainingslager
Josia Topf geht nicht gern an den Strand. Einen Großteil des Weges aus dem Hotel hierher hat sein Vater ihn im Rollstuhl geschoben. Wenn er aber schonmal in der Türkei und in der Nähe des Meeres ist, möchte er es auch sehen - und riechen.
Der 20 Jahre alte Para-Schwimmer aus Erlangen ist mit der Nationalmannschaft acht Tage lang im Trainingslager. In einem Sport-Ressort mit drei üppigen Buffet-Mahlzeiten täglich, großer Schwimmhalle und umfangreichem Fitnessangebot soll die paralympische Saison eingeläutet werden. Für Josia Topf ein Neustart nach den Enttäuschungen 2023.
Alle vier Folgen von "Josia - die Geschichte eines Kämpfers" finden Sie hier:
Josia Topf hat von Geburt an das Tar-Syndrom. Nur im Wasser kann er sich bewegen, wie er will. Seine Liebe zum Schwimmen hat ihn erfolgreich zu den Paralympics in Tokio gebracht.
Sechs Kilo Gewichtsverlust: Ein heftiger Rückschlag
"Ich bin noch nicht darüber hinweg, dass mir etwas genommen wurde, wofür ich ein Jahr lang hart gearbeitet habe. Es fühlt sich an wie ein verlorenes Jahr", sagt er und meint die schwere Krankheit, die ihn im vergangenen Sommer die Weltmeisterschaft gekostet hat:
Eine Magen-Vergiftung und eine Salmonellen-Infektion sorgten dafür, dass er sich statt im WM-Becken von Manchester im Krankenhaus in Erlangen wiederfand. In kurzer Zeit nahm er sechs Kilogramm ab. Die körperliche Form ist mittlerweile wiederhergestellt, doch unter den psychischen Folgen der Erkrankung leidet er noch immer:
Josia Topfs Trick: Delfin-Kicks
Josia Topf hat seit seiner Geburt das Tar-Syndrom. Das bedeute, dass ihm Arme und Knie fehlen. Zudem ist sein rechtes Bein kürzer als das linke. Im Wasser aber kann sich Josia bewegen, wie er will - mit seinen Delfin-Kicks, die ihn extrem schnell machen.
So schnell, dass er es schon zu den Paralympischen Spielen in Tokio gebracht hat. In seiner Startklasse hält er über 50 Meter Schmetterling den Weltrekord.
Auf der Suche nach der Lockerheit: Josia Topf.
Quelle: ZDF
Erwachsen zurück in die Erfolgsspur
Im Türkei-Trainingslager möchte er nun seine Lockerheit wiederfinden. Bundestrainerin Ute Schinkitz glaubt, dass Josia Topf auf einem guten Weg ist. Und die Krankheit könnte für sie sogar etwas Positives haben: "So etwas kann immer passieren. Es kann auch direkt vor den Paralympics passieren. Das wünsche ich niemandem. Aber die Erfahrung gemacht zu haben - und der Umgang mit so einem Rückschlag - das kann einen Athleten auch stärker machen."
Mit Rückschlägen kennen sich viele der Schwimmerinnen und Schwimmer in Belek aus. Elena Semechin zum Beispiel, die nach ihrem Triumph bei den Paralympics in Tokio an einem Gehirntumor erkrankte und sich nach Ende ihrer Chemotherapie mit Josia und dem Rest der Mannschaft gemeinsam auf Paris vorbereitet.
Schwamm bei den Paralympics und der Weltmeisterschaft zu Gold: Elena Semechin
Quelle: imago
"Er ist so erwachsen geworden. Und er stellt sich so vielen Einschränkungen im Alltag durch seine Behinderung, dass ich mir sicher bin, dass er damit umgehen kann und am Ende noch stärker wird", so die sehbehinderte Athletin über Josia Topf.
Vier Stunden am Tag im Wasser
So ist es auch ein Trainingslager für den Kopf. Alles andere ausblenden, wieder nur auf den Sport konzentrieren, kein "Was wäre, wenn...?" in den Gedanken zulassen. Der eng getaktete Alltag hilft dabei: Vier Stunden am Tag im Schwimmbecken, darüber hinaus mehrmals im Kraftraum.
Hier legen Helfer Josia Topf am Ende 130 Kilo Gewicht auf die Hüften, die er aus einer liegenden Position heraus stemmt. "Ich habe mich innerhalb eines Jahres um 100 Prozent gesteigert. Trotz der Krankheit. Auch das macht mir Hoffnung für die kommenden Monate", sagt er lächelnd.
Topfs Ziel: Paralympics in Paris
Im Becken kann er in Belek ähnlich schnelle Zeiten schwimmen wie in den starken Monaten vor der Erkrankung. Noch ein Mutmacher. Es geht aufwärts. Das muss es auch, denn das Jahr ist voll: Wettkämpfe, mehrere Trainingslager, die Europameisterschaft auf Madeira - bei der er schwimmen muss, weil er trotz Weltklasse-Zeiten noch nicht für die Paralympics qualifiziert ist.
Schwimmer müssen im Jahr vor den Spielen an einer Welt- oder Kontinental-Meisterschaft teilgenommen haben. Auch hier ist es also die verpasste WM, die den Stress vor Paris erhöht.
Jura-Studium ruht erstmal
Darum wird in den kommenden Monaten wirklich alles dem Schwimmen untergeordnet. Nicht nur die Ernährung und der Tagesablauf. Das Jura-Studium, das er bislang mit Bravour meistert, wird ein halbes Jahr pausieren. Voller Fokus auf den sportlichen Erfolg.
Und das große Hoffen, dass keine höhere Gewalt diesen gefährdet.