Handball-WM: Wie knackt das DHB-Team Tschechiens Mauer?
Kampf um den Gruppensieg:Wie knacken die Handballer Tschechiens Mauer?
von Erik Eggers
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Deutschlands letzter Vorrundengegner Tschechien baut bei der Handball-WM auf seine kompakte Defensive. Dort tummeln sich wahre Riesen, gegen die kaum ein Durchkommen ist.
Jenseits der zwei Meter: Mit Tschechiens Riese Stanislav Kasparek ist nicht gut Kirschen essen.
Quelle: IMAGO
Den Respekt des Bundestrainers haben sich die Tschechen längst erarbeitet. Mit Blick auf den kommenden deutschen Gegner bei der Handball-WM (Sonntag, 18 Uhr, ARD) sagte Alfred Gislason:
Nicht nur die nackten Statistiken beeindrucken den Isländer. Die jüngsten Ergebnisse der Tschechen sind wie aus der Zeit gefallen. Torarme Resultate wie das 17:17 gegen die Schweiz oder das 19:19 gegen Polen erscheinen wie ein anachronistischer Gruß aus den 1980er Jahren, als die Defensivreihen die gegnerischen Werfer noch viel härter attackieren durften.
Im zweiten Vorrundenspiel haben sich beiden deutschen Gruppengegner Tschechien und Polen 19:19-Unentschieden getrennt. 17.01.2025 | 3:43 min
Tschechen mit spanischem Trainer-Knowhow
Gislason schätzt zudem die Fähigkeit der spanischen Handballschule, die er einst als Profi im baskischen Klub Bidasoa Irun kennenlernte. Kern dieser Schule bildet die Arbeit in der Kleingruppe, also das taktische Ausmanövrieren im Spiel Zwei gegen Zwei, außerdem eine sehr physische Defensive.
Beide Elemente hat Coach Xavier Sabaté Caviedes, der beim großen FC Barcelona sozialisiert wurde, den Tschechen seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2022 eingeimpft.
Die deutschen Handballer haben sich vorzeitig für die WM-Hauptrunde qualifiziert. Das Team zitterte sich im zweiten Vorrundenspiel gegen die Schweiz zu einem 31:29.17.01.2025 | 7:31 min
Damit hat Sabaté die Tchechen, die eine herausragende Tradition im Handball aufweisen - die Tschechoslowakei feierte 1967 den WM-Titel - aus einem Tal der Tränen herausführen können. Nach dem Rücktritt der letzten Stars Jan Filip und Filip Jicha, die zudem in der Handball-Bundesliga die HSG Nordhorn und den THW geprägt haben, hatte sich das Team oft nicht einmal für die großen Turniere qualifiziert. Das gelang nun für die WM gegen Rumänien überraschend souverän.
Riesiger Mittelblock bei Tschechien
Insbesondere der riesige Mittelblock der Tschechen dürfte für die jungen deutschen Angreifer eine Herausforderung darstellen. Organisiert wird die Deckung vom Gummersbacher Kreisläufer Stepan Zeman, einem 1,97 Meter großen Hünen. Der Rückraumlinke Daniel Blaha ist gar 2,12 Meter groß, der Rückraum-Linkshänder Stanislav Kasparek übertrifft ebenfalls die zwei Meter.
Juri Knorr, Renars Uscins & Co. jedenfalls treffen auf eine menschliche Mauer, deren Verbund sie mit ihren Angriffen wie mit einer Abrissbirne aufbröseln müssen. Da die deutsche Rückraum-Achse physisch unterlegen ist, dürfte hohes Tempo das Mittel der Wahl sein. Dabei könnte auch der junge Nils Lichtlein, der gegen die Schweiz gute Form andeutete, seine Chance bekommen.
Tempo als Mittel der Wahl
"Wenn Juri und ich auf der Platte stehen, dann haben wir schnelle Beine", sagt Lichtlein. Ein Vorteil ist, dass der Linkshänder von den Füchsen Berlin den Halbrechten Uscins aus seiner Zeit in der Juniorennationalmannschaft gut kennt.
Der Nachteil liegt weiterhin darin, dass Lichtlein in der Verteidigung nicht allerhöchsten Ansprüchen genügt, weshalb er beim Wechsel von Angriff auf die Abwehr eine Sollbruchstelle hinterlässt.
Deutschland muss wohl geduldig sein
Der Abschluss der Vorrunde dürfte für Deutschland jedenfalls erneut eine Geduldsprobe werden. Die Tschechen waren bisher das Team mit den wenigsten Angriffen im Turnier, was zugleich heißt, dass sie die Offensive gern verschleppen.
Ihr bester Individualist in der Offensive ist Kasparek, der beim rumänischen Champions League-Klub Bukarest gutes Geld verdient.
Kieler Torwartduell
Andere Tschechen sind durch Einsätze in der Bundesliga gestählt, etwa der erfahrene Mittelmann Tomas Babak (Bergischer HC). Besonders angewiesen sind die Tschechen auch auf Torwart Tomas Mrkva. Der 35jährige Keeper zeigt bisher gute WM-Form und dürfte am Sonntag besonders motiviert sein. Denn für ihn ist die Partie zugleich ein Duell gegen seinen ebenfalls formstarken Klubkameraden im Tor des THW Kiel, Andreas Wolff.