Deutsche Handballer ackern sich ins WM-Viertelfinale

Als die deutschen Handballer das Spielfeld der Jyske Bank Boxen im dänischen Herning verließen, spielte der DJ "Völlig losgelöst" ein. Die Hymne von Peter Schilling aus den 1980er Jahren, die im deutschen Fußball eine Renaissance erfahren hatte, war allerdings wenig passend für das, was das Team um Kapitän Johannes Golla gegen den krassen Außenseiter aus Italien dargeboten hatte.

"Das war ein hartes Stück Arbeit", stöhnte der Halblinke Julian Köster vom VfL Gummersbach. Der bessere Song für den 34:27 (15:13)-Sieg gegen die Südeuropäer wäre daher, wenn man in dieser Ära bleiben will, der Gassenhauer "Bruttosozialprodukt" von Geier Sturzflug.

Denn die deutschen Handballprofis mussten in die Hände spucken, um diesen Sieg im zweiten Hauptrundenspiel der WM 2025 sicherzustellen. Bester deutscher Schütze war Rechtsaußen Timo Kastening (MT Melsungen) mit sechs Treffern, davon drei Strafwürfen.

Da Topfavorit Dänemark im Anschluss gegen die Schweiz siegte (39:28), qualifizierte sich die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason mit nun 6:2-Punkten vorzeitig fürs Viertelfinale.

Das letzte Hauptrundenspiel am Samstag (20.30 Uhr, ZDF-Livestream ab 20.15 Uhr) gegen Tunesien ist für die Tabelle damit bedeutungslos. Bundestrainer Alfred Gislason deutete an, dann die bisher stark belasteten Profis zu schonen.

Das trifft sicher auf die Erkrankten Juri Knorr und Rune Dahmke zu, die gegen Italien fehlten: "Ich glaube nicht, dass einer von den beiden im nächsten Spiel spielen wird", sagte Gislason im ZDF:

Fürs Viertelfinale muss das Team am Sonntag nach Norwegen reisen, es findet am Mittwoch in Oslo gegen den Sieger der Vorrundengruppe III statt (Portugal, Spanien, Brasilien oder Schweden).

Die vier Tage Pause vor dem Start in die K.o.-Runde tun seinen Profis gut, sagte Gislason: "Und dann haben wir auch die nötige Zeit, um uns sehr gut auf den Gegner vorzubereiten." Die Regeneration ist vor allem für den neuen Star des deutschen Teams, Renars Uscins, offensichtlich nötig. Der 22-Jährige startete gegen Italien mit langsamen Beinen und zwei technischen Fehlern.

Da auch andere Angreifer mit der aggressiven 5:1-Deckung des Gegners große Mühe hatten, lag die DHB-Auswahl nach zwölf Minuten mit 4:7 zurück.

"Die Italiener haben eine sehr unangenehme Spielweise", bilanzierte Köster hinterher. Dadurch werde jeder Spieler in aufreibende Zweikämpfe gezwungen. Der Halblinke, der zu den Säulen im deutschen Spiel gehört, kam im Rückraum in der ersten Halbzeit damit noch am besten zurecht - er erzielte fünf Tore aus fünf Versuchen.

Die Deutschen glichen indes umgehend wieder aus und gingen Ende der ersten Halbzeit in Führung, da die Italiener nun oft in der deutschen Deckung hängenblieben - oder an Torwart Andreas Wolff scheiterten, der nach Anfangsschwierigkeiten erneut gute Form bewies und mit 18 Paraden (Fangquote 42 Prozent) als "Player of the match" geehrt wurde.

Nach der Pause entschied dann nicht zufällig ein Mann das Spiel, der bis dato keine Sekunde gespielt hatte. Franz Semper, Linkshänder aus Leipzig, hatte wegen Muskelproblemen bislang zuschauen müssen und brachte nun hohes Tempo ins Spiel.

Als der 27-Jährige in Minute 37 das Spielfeld betrat, dauerte nur ein paar Sekunden, und er traf mit einem gewaltigen Wurf aus dem Rückraum zum 17:14 gegen den deutsch-italienischen Torwart Domenico Ebner, seinen Klubkollegen.

Semper traf ebenfalls fünf Mal. "Wir sind eine Mannschaft", sagte er nach der Partie. Und dieses Team wird am Mittwoch alles daransetzen, den Traum von der ersten WM-Medaille seit 2007 aufrecht zu erhalten.