Favorit dominiert Welthandball:Wie aus den Dänen Sieger wurden
von Erik Eggers
|
Dänemark dominiert zum Auftakt der heute beginnenden WM den Welthandball wie keine andere Nation. Dabei haftete dem Co-Gastgeber lange Zeit ein Verlierer-Image an.
Dänen-Trainer Trainer Nikolaj Jacobson umringt von einem Weltklasse-Ensemble.
Quelle: Imago
Es gab Zeiten, in denen Dänemarks Handballer mit Hohn und Spott übergossen wurden. "Das Buch der dänischen Heldensagen ist dünn", ätzte der frühere deutsche Nationaltorwart Andreas Thiel vor der EM 2008. In der Crunch Time, hieß das, scheitere das dänische Team stets an den eigenen Nerven.
Heute, knapp zwei Jahrzehnte später, hat der dänische Handball eine historische Vormachtstellung inne. Dreimal in Folge wurde das Team von Trainer Nikolaj Jacobsen Weltmeister, ein vierter Triumph bei der aktuellen Handball-WM 2025, bei der sich die Wege der Deutschen und Dänen wohl in der Hauptrunde kreuzen, erscheint angesichts der vielen dänischen Stars als logisch.
Dank einer Aufholjagd gewannen die deutschen Handballer auch den letzten WM-Test gegen Brasilien. Vor allem im Angriff hat das DHB-Team aber noch viel Luft nach oben.11.01.2025 | 5:59 min
Topfavorit der WM ist Dänemark
Wie ist dieser Wandel zu erklären? Welche Faktoren haben aus diesem Team, dem ein Verlierer-Image anhaftete, eine überragende Mannschaft werden lassen? Dafür sei, glaubt Jacobsen, die spezielle dänische Handballkultur verantwortlich. Das beginne schon damit, dass die Sportart einen ähnlich hohen Stellenwert wie der Fußball habe und es viele ausgezeichnete Ausbildungszentren mit versierten Trainern gebe.
Jacobson erläutert die idealen Bedingungen für Kinder: "Wenn mein Sohn Linus nicht selbst ein Spiel oder Training hat, ist er trotzdem in der Halle und spielt dort mit seinen Kumpels. Die Kinder leben in Dänemark in der Halle." In Deutschland sei man an feste Hallenzeiten gebunden.
Wendepunkt Lillehammer
Das dänische Märchen begann indes an einem Januarwochenende des Jahres 2008 in Lillehammer, Norwegen. Als Linksaußen Lars Christiansen bei der Europameisterschaft in der Hakons Hall den Ball griff und sein Ritual abspielte, ging es um alles. Es stand Remis im Halbfinale gegen die Deutschen - jene Mannschaft, an der Dänemark in wichtigen Matches zuvor immer gescheitert war.
Die Handball-Nationalspieler Rune Dahmke und Marko Grgic über die Jungen im Team, Olympia 2024 und die Ziele für die anstehende Weltmeisterschaft.11.01.2025 | 18:54 min
Viermal hatte Dänemark, das den technisch kultiviertesten Handball spielte, zuvor nur Bronze gewonnen. Das alles schoss Christiansen, als er zum Siebenmeter-Strich schritt, durch den Kopf. Und weil kein Geringerer als Henning Fritz vor ihm stand, ein bekannter Siebenmeter-Töter, prophezeiten nicht Wenige auf der Medientribüne ein erneutes dänisches Scheitern. Aber Christiansen traf, brachte damit sein Team in das erste Finale seit der WM 1967 und versetzte die dänischen Fans in einen Taumel.
Ein Wurf veränderte alles
"Das war schon etwas Besonderes für mich und uns alle", erinnert sich der Mann, der seinerzeit bei der SG Flensburg-Handewitt mit seinen Trickwürfen die Fans begeisterte. Dieser eine Wurf jedenfalls veränderte alles für den dänischen Handball. "Vorher hatte immer ein kleiner Tick gefehlt", sagt Christiansen. Tags darauf aber passte es. "Geht raus und gewinnt", sagte ihr Trainer Ulrik Wilbek in der Kabine. "Ihr seid besser." Nach dem klaren 24:20-Sieg gegen Kroatien war der erste große Titel der dänischen Handballer perfekt.
Dieser eine Tag, sagt Christiansen, habe das Image des dänischen Handballs nachhaltig verändert. "Wenn man einmal einen Titel gewinnt, dann gewinnt man den Respekt der Gegner", sagt Christiansen. "Noch wichtiger aber ist, dass man selbst danach fest daran glaubt, so etwas jederzeit wiederholen zu können." Als das Team 2012 den zweiten EM-Titel feierte, hatten junge Spieler wie Torwart Niklas Landin und der neue Superstar Mikkel Hansen ebenfalls gelernt, wie man große Turniere gewinnt.
Errungene Titel statten Dänen mit viel Selbstbewusstsein aus
Die vielen Titel und Olympiasiege (2016, 2024) hätten dem heutigen Team ein sagenhaftes Selbstbewusstsein eingeflößt, sagt Christiansen. "Das dänische Heldenbuch, von dem Andreas Thiel sprach, ist ganz schön dick geworden. Und es wird noch dicker werden."