Ersatzkapitänin Gwinn: Fußballerin, nicht Influencerin
Ersatzkapitänin der DFB-Frauen:Gwinn: Fußballerin, nicht Influencerin
von Frank Hellmann
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Heimlich, still und leise ändern sich für Giulia Gwinn die Prioritäten. Die Kapitänsbinde, die sie auch im EM-Qualifikationsspiel gegen Island trägt, kennzeichnet dies.
Giulia Gwinn (rechts) - hier mit Lea Schüller und Laura Freigang (links) - hat noch nie in ihrer Profikarriere einen Elfmeter verschossen.
Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler
Natürlich bleiben die sozialen Medien eine wichtige Plattform, damit die deutschen Fußballerinnen in der Öffentlichkeit gut rüberkommen. Die 413.000 Follower allein bei Instagram konnten am Montag in einer Bilderserie nachempfinden, wie vergnügt der DFB-Tross am Montag von Linz nach Maastricht geflogen ist.
Rund 15.000 Fans werden am Tivoli erwartet, wo der die Regionalliga West anführende Traditionsverein Alemannia Aachen gerade riesigen Zuspruch erfährt. In diesem Sog sollen bitte die deutschen Fußballerinen weitermachen, die beim Zittersieg in Österreich (3:2) einmal mehr zwei Gesichter offenbarten. Zum Leidwesen des Bundestrainers.
Giulia Gwinn ist eine der bekanntesten Fußballerinnen in Deutschland. Wie geht sie mit Druck und Vergleichen mit Männern um? Was bedeutet Familie? Wie sehen ihre Ziele aus?08.07.2023 | 28:37 min
Horst Hrubesch sieht die EM-Qualifikation ja auch als Vorlauf für die Olympischen Spiele an, die seine zweite Aushilfsmission bei den DFB-Frauen krönen sollen. "Wir haben gesagt, dass wir sechs Spiele in Vorbereitung auf Olympia haben. Deshalb hoffe ich, dass wir diesmal von Anfang an in die Partie kommen."
Christian Wück in Aachen auf der Tribüne
Der bald 73-Jährige möchte vor den Augen seines Nachfolgers Christian Wück, der in Aachen erstmals als Beobachter auf der Tribüne sitzt, auch eine bessere Führungsstruktur sehen. "Wir müssen gucken, dass wir nicht nur eine, oder zwei oder drei, sondern, fünf, sechs, sieben Leute haben, die mal Verantwortung haben, wenn es nicht läuft."
Der U17-Weltmeistertrainer Christian Wück übernimmt nach Olympia von Horst Hrubesch das deutsche Frauen-Fußballnationalteam. Ein kleines Risiko spielt bei dieser Lösung mit.
von Frank Hellmann
Notgedrungen sind die alten Hierarchien aufgebrochen, da sich Svenja Huth freiwillig zurückgezogen hat, Alexandra Popp und Marina Hegering sich verletzt abgemeldet haben.
Stammkapitänin Popp fehlt
Die eigentliche Kapitänin Popp konnte zwar rund um ihren 33. Geburtstag daheim ihren Rasen mähen - auch das verrät Social Media - aber eben nicht in Linz mithelfen.
Die DFB-Frauen starten in Österreich in die EM-Quali. Mit der Beförderung von Giulia Gwinn und Lena Oberdorf setzt Interims-Trainer Hrubesch wichtige Zeichen.
von Frank Hellmann
Dafür trug Gwinn erstmals die schwarz-rot-goldene Binde. Ganz bewusst hatte Hrubesch seine Rechtsverteidigerin damit befördert: "Giuli hat über ihre Leistungen immer wieder gezeigt, dass sie eine wertvolle Spielerin ist."
Gwinn kritisiert Mitspielerinnen
Social-Media-Queen hat man die bodenständige Fußballerin vom Bodensee gerne genannt, weil sie eine große Gefolgschaft auf diesen Plattformen vereint. Doch wehrte sich die 24-Jährige zuletzt immer häufiger, nur auf diese Rolle reduziert zu werden. Ein Veränderungsprozess, der fast heimlich, still und leise abläuft.
"Ich bin keine Influencerin", sagte Gwinn zuletzt im Bayern-Mitgliedermagazin:
Fast schon demonstrativ sammelte sie vergangenen Freitag nach dem 0:2-Rückstand die Mitspielerinnen um sich herum, nachdem "wir die erste halbe Stunde absolut verschlafen haben - zum Glück haben wir den Umkehrpunkt gefunden".
Elfmeterspezialistin Giulia Gwinn
Sie rüttelte das Team auf dem Platz wach, ergriff gemeinsam mit Lena Oberdorf in der Kabine das Wort und verwandelte nach der Pause ganz sicher den umstrittenen Elfmeter zum Siegtreffer.
Dass sie noch nie in ihrer Profikarriere einen Strafstoß verschossen hat, kommt ihr fast unheimlich vor. "Man ist nie zu 100 Prozent sicher, aber ich versuche mit Überzeugung ranzugehen, dann kann ich auch gut damit leben, wenn es mal nicht klappt."
Die deutschen Fußballerinnen melden sich in der Nations League mit einem 4:0 gegen Island zurück. Klara Bühl leitet den klaren Erfolg mit einem sehenswerten Distanzschuss ein.26.09.2023 | 6:04 min
Giulia Gwinn: Zwei Kreuzbandrisse überstanden
Erstmals hatte sie sich am 26. September vergangenen Jahres in Bochum den Ball zur Ausführung geschnappt, als es in der der Nations League ebenfalls gegen Island (4:0) ging. Gwinn verwandelte fulminant zum 2:0.
Es war ein klares Zeichen, dass der zweite Kreuzbandriss ihrer Karriere überstanden ist, weshalb sie ja die WM 2023 verpasste. Und sie wollte Verantwortung übernehmen, denn einer ihrer neuen Leitsätze lautet: "Wer sich wegduckt, bewirkt nichts."