Sport in Saudi-Arabien: Mit mehr Bewegung durch die Krisen

    Sport in Saudi-Arabien:Mit mehr Bewegung durch die Krisen

    von Ronny Blaschke
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    Saudi-Arabien investiert Milliarden in den Sport. Nicht nur aus Imagegründen, sondern auch für einen gesünderen Lebensstil der Bevölkerung. Doch etliche Konservative lehnen das ab.

    Eine Drohnenaufnahme zeigt das Stadtbild von Riad, Saudi-Arabi
    Das Leben in Riad findet hauptsächlich in Gebäuden oder im Auto statt. Doch Saudi-Arabien wird die WM 2034 ausrichten.
    Quelle: Reuters

    Bürotürme und Autobahnen prägen Riad. Aber weit und breit keine Bürgersteige und Fahrradwege, und nur wenige Parks und Sportanlagen. "Das Leben in Saudi-Arabien spielt sich in Gebäuden oder im Auto ab", sagt der Marathonläufer Naif, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. "Es ist sehr heiß hier. Riad ist als Stadt ist nicht darauf ausgelegt, dass man durch die Straßen läuft."
    Bei seinem Lauftraining in Riad ist Naif immer wieder angehalten worden. Es gefiel einigen Passanten nicht, dass er kurze Hosen trug und seine Beine zeigte. "In der Schule hatten wir früher nur eine Stunde Sport in der Woche", sagt er. "Und wenn die Klasse sich nicht benahm, dann wurde der Sport als Strafe gestrichen. Sport wurde als Luxus angesehen." Doch diese Zeit ist vorbei.

    Entlastung für das Gesundheitssystem

    Saudi-Arabien investiert Milliarden in den Sport. Und am Mittwoch folgt der Höhepunkt: Die Fifa wird die Fußball-WM 2034 offiziell nach Saudi-Arabien vergeben. Es ist eine Offensive, die im Westen oft als "Sportswashing" bezeichnet wird, aber Naif sieht das anders:

    Es geht nicht darum, dem Westen zu gefallen. Der Sport soll uns selbst zum Nachdenken bringen.

    Naif, saudischer Marathonläufer

    Rund zwanzig Prozent der Bevölkerung in Saudi-Arabien leben mit Diabetes, mehr als fünfzig Prozent mit Übergewicht. Internationale Spitzenwerte. Die Regierung möchte die Zahl der Menschen, die mindestens einmal pro Woche Sport treiben, bis 2030 von 13 auf 40 Prozent steigern. Allmählich entstehen Laufgruppen, Fahrradwege, Yogastudios. Seit 2022 findet in Riad jährlich ein Marathon statt.

    Die Älteren fühlen sich an den Rand gedrängt

    Der Sport soll das Gesundheitssystem entlasten, aber die politische Bedeutung geht darüber hinaus. Saudi-Arabien will seine Abhängigkeit von Öl-Exporten verringern und baut neue Wirtschaftszweige auf. Die Monarchie kann nicht mehr allen Bürgern einen Job im Staatswesen anbieten, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 17 Prozent.
    Bolzplatz - Saudi-Arabien
    Cristiano Ronaldo, Neymar und Karim Benzema – sie und viele andere sind in diesem Sommer nach Saudi-Arabien gewechselt. Doch was steckt dahinter?28.09.2023 | 15:50 min
    "Die Teilhabe über Sport ist für viele junge Menschen eine Art Aufatmen", sagt der Islamwissenschaftler Sebastian Sons. "Der Sport bietet auch die Möglichkeit, um Loyalität zum Staat herzustellen."
    Kronprinz Mohammed bin Salman braucht diese Loyalität für seine Reformen. Über Jahrzehnte hatten in Saudi-Arabien Religionsgelehrte und Händlerfamilien vom Staat profitiert, in der Regel ältere Männer. Aber nun geht es um die junge Generation, sagt Sebastian Sons. "Es gibt aber Leute, denen das alles zu schnell geht. Gerade ältere Menschen fühlen sich ein bisschen an den Rand gedrängt und um ihre Identität gebracht."

    Der öffentliche Raum wandelt sich

    Bis zur Männer-WM 2034 wird Saudi-Arabien weitere Milliarden investieren: in Stadien, Nahverkehr, Hotels. Aber was passiert, wenn die Wirtschaft einmal schwächelt und der Wohlstand abnimmt? Schon jetzt liegt die allgemeine Arbeitslosigkeit bei acht Prozent. Kann sich der Generationenkonflikt verschärfen?

    Fußball-Turnier 2034
    :Was eine WM in Saudi-Arabien bedeutet

    Alles läuft auf eine Fußball-WM 2034 in Saudi-Arabien hinaus. Nach dem umstrittenen Wüstenturnier in Katar im Vorjahr hält sich die Kritik gegenüber dem möglichen Gastgeber.
    Fifa-Präsident Gianni Infantino (rechts) und Kronprinz Mohammed bin Salman (links)
    "Es gibt jetzt Sport und Unterhaltung nach westlichem Vorbild, aber ohne Meinungsfreiheit ist das nur Propaganda", sagt die Menschenrechtlerin Lina al-Hathloul. In den Fußballstadien etwa singen und klatschen Tausende Fans, sogar das Zünden von Pyrotechnik wird geduldet. Aber politische Banner und Protestrufe sind streng untersagt.

    Die Überwachung mit Kameras und Spionagesoftware hat zugenommen.

    Menschenrechtlerin Lina al-Hathloul

    Der öffentliche Raum wandelt sich in Saudi-Arabien. Können die Vorbereitungen auf die Fußball-WM 2034 den Bewegungsdrang und die Teilhabe in Saudi-Arabien stärken? Dass dadurch eine Zivilgesellschaft entsteht, die diesen Namen auch verdient, ist unwahrscheinlich.

    "Mittelfinger für Frauenfußball"
    :Spielerinnen schreiben Brandbrief an FIFA

    Der Vertrag zwischen der FIFA und dem saudischen Ölriesen Aramco sei "ein Schlag in die Magengrube", kritisieren mehr als 100 Fußballerinnen und fordern, den Deal zu beenden.
    Aussenansicht des Home of FIFA in Zürich.

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