Schalke 04: Mitglieder fordern Rücktritt des Vorstandes
Rücktrittsforderungen:Theater bei Schalkes Mitgliederversammlung
von Heiko Buschmann
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Die Stimmung war explosiv, doch der große Knall blieb aus. Auf der Jahreshauptversammlung des FC Schalke 04 wurden die Verantwortlichen von den Mitgliedern aber deutlich angezählt.
Große Bühne für großes Theater: Die Mitgliederversammlung des FC Schalke 04 fand in der Arena statt.
Quelle: 24-5393799
Der sportliche Absturz in die Niederungen der zweiten Liga, dazu nach wie vor einen Haufen Schulden und eine chronisch schlechte Außendarstellung. Der FC Schalke 04, vor einigen Jahren noch Dauergast auf der europäischen Bühne, ist zum größten Sorgenkind des deutschen Profifußballs verkommen - Spötter sagen auch, zu einer Lachnummer.
Fan fordert: "Treten Sie bitte zurück!"
Kein Wunder, dass es auf der siebeneinhalb Stunden dauernden Mitgliederversammlung am Samstag heiß herging. 7.000 Königsblaue waren in die unbeheizte Arena gekommen, um sich anzuhören, mit welchem Konzept die Klubführung den aktuell 14. des Unterhauses in wieder bessere Zeiten führen will.
Der genervte Fan warf dem stolzen Traditionsverein vor, "ein desaströses Bild" abzugeben. Seine Forderung an den Vorstandsvorsitzenden Matthias Tillmann: "Treten Sie bitte zurück!"
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Dazu kam es nicht. Tillmann (40), erst seit Anfang dieses Jahres Chef bei S04, stand gar nicht zu Wahl, ebenso wenig wie der Aufsichtsratsvorsitzende Axel Hefer, der von einigen Mitgliedern ebenfalls verbal scharf angegangen wurde. "Rücktritte in schwierigen Situationen haben uns in noch schwierigere Situationen gebracht", konterte Hefer und meinte, ohne diesen namentlich zu nennen, den langjährigen Aufsichtsratsboss und milliardenschweren Unternehmer Clemens Tönnies.
Sportliche Kompetenz gesucht
Ständige Trainerwechsel, zuletzt wurde der erfolglose Belgier Karel Geraerts durch den Niederländer Kees van Wonderen ersetzt, dazu inzwischen ebenso häufige Rochaden auf der sportlichen Führungsebene haben Schalkes Ruf als Chaosklub zementiert.
Die Zwillinge Erwin und Helmut Kremers sind im Rahmen der Mitgliederversammlung des FC Schalke 04 in die "Ehrenkabine" der Gelsenkirchener aufgenommen worden. Der "Hall of Fame" der Königsblauen gehören verdiente frühere Spieler wie Klaus Fischer, Norbert Nigbur, Klaus Fichtel, Ebbe Sand und Raúl sowie unter anderem Kultmanager Rudi Assauer an.
Bei den Wahlen zum Schalker Aufsichtsrat, für den zwei Posten frei wurden, setzten sich Sven Kirstein und Ender Ulupinar unter vier Kandidaten durch. Kirsten, Mitglied bei den "Ultras GE", wurde wiedergewählt, der Unternehmer Ulupinar, gehört dem Schalker Kontrollgremium nun neu an.
Besonders scharf wird kritisiert, dass dem zweiköpfigen Vorstand sportliche Kompetenz fehle. Neben CEO Tillmann, der vor seinem Schalke-Engagement im Bereich Finanzen, Strategie und Marketing gearbeitet hat, gibt es da noch Finanzchefin Christina Rühl-Hamers.
Sportvorstand-Posten verwaist
Der Posten des Sportvorstands ist seit dem Weggang von Ex-Profi Peter Knäbel verwaist, die Kaderplanung liegt seitdem in den Händen von Ben Manga, der zuvor unter anderem bei Eintracht Frankfurt in dieser Funktion tätig war. Experimente mit dem von vielen S04-Fans verehrten "Eurofighter" Marc Wilmots als Sportdirektor gingen schief, der Belgier wurde nach nur neun Monaten gefeuert.
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"Marc Wilmots war und bleibt eine Legende als Spieler. Im Management hat es nicht funktioniert", meinte Tillmann. Interimsweise hat der Niederländer Youri Mulder, 1997 zusammen mit Wilmots UEFA-Cup-Sieger mit Schalke, die Position übernommen.
Schulden schränken Handlungsfähigkeit stark ein
Was Schalke vor allem lähmt, sind Sünden aus der Vergangenheit. 162 Millionen Euro Miese schränken den Klub in seiner Handlungsfähigkeit massiv ein, jährlich gehen 16 Millionen Euro allein für Zins und Tilgung drauf. "Das ist ein durchschnittlicher Zweitligakader. Das heißt, wir bezahlen derzeit einen Kader extra", sagte Hefer.
Die Wende in Form von frischem Geld soll eine Fördergenossenschaft bringen. Ähnlich wie beim Erstliga-Aufsteiger FC St. Pauli will auch Schalke mit der Unterstützung seiner Basis aus der Schuldenfalle raus. Voraussichtlich ab dem 1. Januar 2025 können Vereinsmitglieder - über 190.000 hat der nach Bayern München zweitgrößte Verein Deutschlands - in der "Auf Schalke eG" Anteile im Wert von 250 Euro zeichnen.
Genossenschaft soll im Januar starten
Die stolze Summe von 50 Millionen Euro könnte im besten Fall so zusammenkommen. "Dann sieht die Welt auf Schalke anders aus", appellierte Tillmann fast schon dramatisch an die Solidarität der Mitglieder.
Eine Ausgliederung des eingetragenen Vereins, zum Beispiel in eine Kapitalgesellschaft, ist hingegen derzeit kein Thema auf Schalke.
Quelle: Reuters
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