Warum Fußballklub NAC Breda den Großinvestor abblitzen ließ
Zur Doku Das Spiel um Milliarden:Großinvestor, nein Danke: So geht's in Breda
von Ralf Lorenzen
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Der niederländische Verein NAC Breda gibt dem mächtigen Investor City Football Group einen Korb und feiert trotzdem Erfolge in der Eredivisie. Wie geht das?
Superreiche, Öl-Multis und Investoren kaufen sich Fußballklubs - am liebsten gleich mehrere. Das nennt sich "Multi Club Ownership". Viele Fans befürchten den Tod des Fußballs.03.11.2024 | 43:15 min
Wenn in zehn Tagen in der niederländischen Eredivisie NAC Breda den PSV Eindhoven empfängt, wird das eines von vielen Duellen Aufsteiger gegen Meister sein, die es an jedem Spieltag in den europäischen Ligen gibt.
Verkauf von NAC Breda war schon beschlossen
Die organisierten Fans in Europa werden jedoch genauer nach Breda schauen, genießt der damalige Zweitligist doch seit zweieinhalb Jahren einen besonderen Ruf bei ihnen.
Die NAC-Fans verhinderten damals den schon beschlossenen Verkauf ihres Klubs an die City Football Group, dem Besitzer von Manchester City und drei weiteren Klubs in Europa sowie mehreren anderen in Nord- und Südamerika, Asien und Australien.
Ekstase auf dem Grote Markt in Breda: Im Juni 2024 feiern NAC-Fans nach fünf Jahren Zweitklassigkeit den Aufstieg in die erste Liga.
Quelle: Imago/ ANP
MCO: Wenn Investoren mehrere Klubs besitzen
"Das war nicht nur unser Kampf, wir wollten auch anderen Klubs zeigen, wie man gegen diese Bewegung kämpft, die schlecht für den Fußball ist", sagt NAC-Fan Leon Deckers in der sportstudio-Reportage "Das Spiel um Milliarden - der Ausverkauf des europäischen Fußballs".
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Mit "Bewegung" meint Deckers die wachsende Zahl an Multi Club Ownerships (MCO) - also Investoren, die mehrere Klubs besitzen, wie die City Football Group oder der Red Bull-Konzern mit seinen Filialen in Leipzig, Salzburg, Liefering, New York, Bragantino (Brasilien) und Saitama (Japan).
Teil der Gemeinschaft statt Satellitenklub
In den vergangenen zwölf Jahren ist die Zahl der MCO-Clubs von 40 auf 300 gestiegen. Die Kritik der Fans: Die kleinen Klubs sind nur noch Zuarbeiter für die Flaggschiffe, die sich frei an den dort ausgebildeten Talenten bedienen können, während die Stammvereine ihre Identität verlieren.
Als die NAC-Fans davon erfuhren, dass ihr Klub für sieben Millionen Euro an die City Group verkauft werden sollte, mobilisierten sie die Öffentlichkeit und hängten am Stadion von Manchester City ein Transparent auf. "Verzieht euch aus unserem Territorium, NAC ist keine Geschichte der City Group", lautete die Botschaft.
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Große internationale Solidarität mit NAC Breda
Die internationale Resonanz und die Solidarität mit den NAC-Fans waren so groß, dass die Führung des Klubs Abstand von dem Deal nahm und ihn stattdessen an fünf regionale Investoren verkaufte.
Dieser Widerstandsgeist scheint auch die Mannschaft beflügelt zu haben, denn in der Saison 2023/24 stieg sie überraschend in die Eredivisie auf, wo sie aktuell auf Platz 8 liegt.
Rettig: Investoren nicht generell ablehnen
Die Geschichte von NAC zeigt auch, dass es den Kritikern von MCOs und anderen Modellen, in denen Investoren das Handeln bestimmen, nicht um eine generelle Ablehnung von Investitionen geht.
"Die Motive des Investors sind für mich entscheidend", sagt DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig in der sportstudio-Reportage. "Will er Geld verdienen? Möchte er möglicherweise den Club als Werbeplattform nutzen oder als Marketingtool? Oder spielt sportpolitisches - Stichwort Sportwashing - eine Rolle? Oder hat er ein ehrliches Interesse daran, den Klub weiterzuentwickeln?"
Der europäische Fußball gerät zunehmend unter den Einfluss von Staats- und Investmentfonds oder einzelnen Milliardären. Immer öfter besitzen sie weit mehr als nur einen Klub.
von Ralf Lorenzen
mit Video
Neue Modelle auch in Bremen, Bielefeld und bei St. Pauli
Letzteres ist umso wahrscheinlicher, je mehr die Geldgeber mit dem Klub verbunden sind. Das Modell der lokalen Investoren wird seit Anfang dieses Jahres auch bei Werder Bremen praktiziert, wo acht Personen, darunter Ex-Sportvorstand Frank Baumann, für 38 Millionen Euro Anteile gekauft haben.
Es gab kaum Fan-Proteste und keinen Verstoß gegen die 50+1-Regel. Ein ähnliches Modell ist das Bündnis Ostwestfalen, in dem ein Kreis von Unternehmen den Drittligisten Arminia Bielefeld unterstützt.
St. Pauli beteiligt Fans
Noch weiter geht das Modell, mit dem der FC St. Pauli vor kurzem an die Öffentlichkeit ging: Als erster Profi-Fußballverein hat er eine Genossenschaft gegründet, in der Fans Anteile erwerben können.
Dadurch sollen bis zu 30 Millionen Euro zusammenkommen, mit denen die Genossenschaft die Mehrheit an St. Paulis Stadionbetriebsgesellschaft und damit am Millerntor-Stadion übernimmt.
Quelle: Reuters
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