Toni Kroos: So profitiert das DFB-Team von seinem Comeback

Wenn es um den Einfluss von Eltern auf ihr fußballverrückten Kindern geht, ist oft von übertriebenem Ehrgeiz die Rede. Doch gerade erlebt Fußball-Deutschland, wie die elterliche Frühförderung eines Talentes dreißig Jahre später ein Land wieder euphorisieren kann.

"Danke, Papa Kroos", sagt Moderatorin Lili Engels in der Sendung Bolzplatz. Und meint natürlich den Vater von Toni Kroos, Dreh- und Angelpunkt der deutschen Nationalmannschaft, die innerhalb einer Woche mit Siegen gegen Frankreich und die Niederlande das fußball-müde Land in eine Aufbruchstimmung versetzt hat.

Private Zeit mit der Familie ohne Fußball, die gab es nicht, gibt Roland Kroos zu. Stattdessen: passen, stoppen, mitnehmen und Torschusstraining aus tausend Lagen. "Ich habe gesehen, was in ihm steckt und natürlich wollte ich alles dafür tun, dass er in den bezahlten Profisport kommt."

Über die Jugend von Hansa Rostock kam Kroos in die U19 von Bayern München, wo er ein Jahr später den Sprung zu den Profis schaffte und mit Unterbrechung einer Leihe zu Bayer Leverkusen bis 2014 blieb. Als Weltmeister wechselte er dann zu den Königlichen nach Madrid.

"Er spielt seit 1.000 Spielen genau gleich, immer unaufgeregt, hat keine Schwankungen in seinen Leistungen", sagt Ex-Nationalspieler und ZDF-Experte Christoph Kramer im Bolzplatz. "Und die sind ja wirklich auf einem Wahnsinns-Niveau."

Und doch gibt es keine direkte Linie vom WM-Titel 2014 bis zum 8-Sekunden-Tor gegen Frankreich, das Kroos genial einleitete. Obwohl er bei der WM 2018 mit seinem Freistoßtor gegen Schweden überhaupt erst die Chance zum Weiterkommen eröffnet hatte, nahmen ihm die Kritiker das frühe Ausscheiden besonders übel.

Von "Querpass-Toni" war die Rede und nach dem Achtelfinal-Aus bei der EM 2021 sagte Uli Hoeneß: "Kroos passt mit seinem Querpass-Fußball nicht mehr rein".

Aus der Nationalmannschaft trat Kroos zurück, schwang aber weiter das Zepter bei Real Madrid und führte das Team seitdem zu Titeln in der Champions League, in der spanischen Meisterschaft und im spanischen Pokal.

Als die Nationalmannschaft nach den Testspielpleiten gegen die Türkei und Österreich Ende des vergangenen Jahres an einem neuen Tiefpunkt angelangt war, reifte in Bundestrainer Julian Nagelmann der Plan, Kroos zur Schlüsselfigur eines radikalen Umbruchs im Kader zu machen.

"Er hat einen sehr, sehr engen Draht zu Julian Nagelsmann, der ihn letztlich auch überzeugen konnte", sagt Sky-Reporter Patrick Berger im Bolzplatz. "Und da gab es diverse Absprachen, unter anderem auch, dass Toni Kroos mitentscheiden kann und darf, wer neben ihm an seiner Seite spielt."

Dies sind nun mit dem defensiven Stabilisator Robert Andrich und dem offensiven Antreiber Florian Wirtz unter anderem zwei Spieler von Tabellenführer Bayer Leverkusen, wo ein ähnlicher Stil wie bei Real Madrid zelebriert wird: viel Ballbesitz, wenig Ballberührungen, schnelle Kombinationen.

Die ersten Ballberührungen in der Nationalelf seit 998 Tagen wirkten fast so, als wolle Kroos seinen Kritiker vorführen: Gleich nach dem Anstoß ging er mit dem Ball einen Schritt Richtung eigenes Tor, drehte sich blitzschnell und spielte einen präzisen Vertikalass auf Wirtz der zum 1:0 gegen Frankreich einschoss. Eine Kombination, die ansteckend war, erst für die Mannschaft und dann für ganz Fußball-Deutschland.

Beim 2:1-Sieg gegen die Niederlande sprach Nationalmannschafts-Reporter Berger mit vielen Anhängern, die das Gefühl hatten, "dass diese Mannschaft wirklich füreinander durchs Feuer geht, dass sie sich auch etwas traut und dass sie wirklich das Zeug dazu hat, ein Mitfavorit auf den EM-Titel zu sein".