Überlastung von Fußball-Profis: VDV-Präsident kritisiert FIFA
Interview
Gesundheit von Fußball-Profis:Gewerkschaftler Ramelow: "Belastung zu hoch"
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Für Carsten Ramelow war schon als Aktiver die Solidarität unter Fußball-Profis wichtig. Als Spielergewerkschafts-Präsident kämpft er nun gegen zu hohe Belastungen der Spieler.
Carsten Ramelow ist nach seiner Karriere als Fußballprofi mittlerweile Präsident der Spielergewerkschaft VDV.
Quelle: dpa
ZDFheute: Herr Ramelow, was war 1997 der Antrieb für Sie, in die Spielergewerkschaft VDV einzutreten?
Carsten Ramelow: Ich wurde als junger Spieler in der Bundesliga angesprochen, so wie ich es heute auch mit jungen Spielern mache. Wichtig war für mich vor allem der Solidaritätsgedanke. Im Verein war ich bekannt dafür, mich für die Mannschaft einzusetzen. Über die Jahre habe ich dann gesehen, wie wichtig es ist, den Spielern generell zu helfen und den Zusammenhalt zu fördern.
ZDFheute: Kann es so etwas wie Solidarität unter Fußballprofis überhaupt geben? Haben die nicht vor allem ihre eigene Karriere im Kopf?
Ramelow: Das stimmt teilweise - im Zeitalter von Social Media machen sich die Spieler oft selbst zur Marke. Aber Fußball ist trotzdem immer noch ein Mannschaftssport und wird es auch bleiben. Jeder sollte sich im Klaren sein, dass es das nur als Team geht. Das ist ein bisschen verloren gegangen.
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ZDFheute: Können Sie hochbezahlten Erstligaprofis vermitteln, dass sie sich mit denen solidarisch fühlen sollen, die größere Probleme haben, mit ihrer Existenz klarzukommen?
Ramelow: Viele Top-Profis sind sozial engagiert und haben sogar eigene Stiftungen. Ich finde es aber auch wichtig, dass sie durch die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft den Zusammenhalt aller Profis stärken. Gewerkschaftsthemen wirken nach außen vielleicht etwas trocken, sind aber sehr spannend und wichtig, wenn man sich damit tiefer beschäftigt.
... spielte als Profi für Hertha BSC und Bayer Leverkusen. Mit Bayer spielte er von 1995 bis 2008 333-mal in der 1. Bundesliga. Er wurde viermal deutscher Vizemeister und zweimal deutscher Vize-Pokalsieger. In der Champions League erreichte er 2002 das Finale gegen Real Madrid und unterlag mit 1:2.
Mit der Nationalmannschaft wurde er bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea Vize-Weltmeister. Ende November 2024 wurde er zum Präsidenten der Spielergewerkschaft VDV gewählt, für die er zuvor über 20 Jahre als Vizepräsident tätig war.
... wurde 1987 unter anderem von den damaligen Profifußballern Benno Möhlmann, Ewald Lienen und Frank Pagelsdorf gegründet. Die VDV vertritt als Spielergewerkschaft die Interessen der Profis und unterstützt ihre mehr als 1.400 Mitglieder mit professionellen Serviceleistungen in den Bereichen Recht, Vorsorge, Absicherung, Bildung, Berufsplanung, Medizin, Sportpsychologie und Wettbewerbsintegrität. Zudem führt die VDV in jedem Sommer ein Proficamp als Trainingslager und Jobsprungbrett für vertragslose Spieler durch.
ZDFheute: Um welche Themen geht es der VDV hauptsächlich?
Ramelow: Wir vertreten die Interessen der Profis und bieten Ihnen professionelle Serviceleistungen an wie zum Beispiel in rechtlichen Fragen, Medizin, Vorsorge und Absicherung und Sportpsychologie. Ganz wichtig ist das Thema nachfußballerische Berufsplanung.
Ich selbst habe es zum Ende meiner Karriere auch verpasst, mich rechtzeitig fortzubilden. Man schiebt es immer weiter hinaus. Aber nebenbei ein Fernstudium zu machen oder eine Fremdsprache zu lernen, das ist möglich und macht durchaus Sinn.
ZDFheute: Wo ist die VDV als Interessenvertretung der Profis gegenüber Vereinen und Verbänden wichtig?
Ramelow: Aktuell ist das Thema Gesundheitsschutz sehr wichtig. Durch die Überflutung mit Spielen wird die Belastung definitiv zu hoch. Wir erleben eine Ausweitung der europäischen Wettbewerbe, im nächsten Jahr kommt die Klub-WM mit 32 Teams, 2026 gibt es eine WM in drei Ländern, 2030 sogar auf drei Kontinenten.
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Viele, die diesen Job nie gemacht haben, verstehen nicht, dass das nicht nur körperlich, sondern auch mental eine unheimlich große Belastung ist. Wir haben eine Europameisterschaft gesehen, bei der die Topspieler nicht in der besten Verfassung waren. Man wird irgendwann müde und die Verletzungen kommen. Keine richtige Regeneration und der Körper verzeiht das nicht.
Die Fußball-Bundesliga war in der Saison 2023/24 laut einer Studie die Liga mit dem höchsten Verletzungsrisiko der fünf Top-Ligen in Europa - und das trotz weniger Spieltage.
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ZDFheute: In welcher Weise können Sie da Einfluss nehmen?
Ramelow: Einige Spieler und auch Trainer haben sich ja schon in der Öffentlichkeit geäußert. Für uns als VDV ist die Überbelastung schon länger ein Thema und wir werden jetzt verstärkt das Gespräch mit den Spielern suchen. Letztendlich geht es immer um Kommunikation, aber mit allen Beteiligten.
Da muss man einfach sagen: bis hierhin und nicht weiter.
ZDFheute: Wie ist das Standing der VDV bei DFL und DFB?
Ramelow: Natürlich hat man schon mal Unstimmigkeiten, aber insgesamt läuft die jahrelange Zusammenarbeit mit den Verbänden sehr gut und vertrauensvoll. Das betrifft vor allem unsere Schulungen im Profi und Jugendbereich zu den Themen Anti-Doping und Spielmanipulation, aber auch das VDV-Camp für vereinslose Profis im Sommer.
Montags ab 0:00 Uhr hier alle Spiele und alle Tore der Fußball-Bundesliga. Zudem Zusammenfassungen ausgewählter Spiele der 2. Bundesliga.
Quelle: Reuters
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