Fußball-EM-Finale: England vs. Spanien - der Favoriten-Check

    Teamcheck England und Spanien:EM-Finale: Darum gibt es keinen Favoriten

    von Frank Hellmann, Berlin
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    Spanien strebt danach, sich mit dem siebten Sieg in diesem Turnier zum Rekordeuropameister zu krönen, England träumt vom ersten EM-Titel überhaupt. Die Finalisten im Check.

    Spanien- und England-Fans halten ihre Nationalflaggen hoch.
    Die Fans beider Nationalmannschaften sind mehr als bereit fürs Finale. Und die Teams?
    Quelle: IMAGO / PA Images

    Es ist alles angerichtet für den großen Showdown im Berliner Olympiastadion. Fußball-Europa schaut hin, wenn sich Spanien und England (Sonntag, 21 Uhr) im EM-Finale begegnen. Was sind die Stärken und Schwächen der beiden Teams?

    Spanien: Einmaliger Flow und spielerische Leichtigkeit

    Spanien hatte gerade erst das Achtelfinale gegen Georgien (4:1) gewonnen, als Nationalcoach Luis de la Fuente ein selbstbewusstes Statement abgab: "Ich finde, dass wir die beste Mannschaft der Welt haben. Wir haben die besten Spieler, aber das heißt nicht, dass wir gewinnen."
    Toni Kroos und Maximilian Mittelstädt.
    EM-Aus für Deutschland: Das Tor von Florian Wirtz reicht dem DFB-Team nicht. Kurz vor dem Elfmeterschießen schießt Mikel Merino Spanien ins Halbfinale. 05.07.2024 | 10:15 min
    Genau das aber hat "La Furia Roja" auf dem Weg nach Berlin getan: gegen Deutschland im Viertelfinale nach Verlängerung ebenso mit 2:1 wie gegen Frankreich im Halbfinale in regulärer Spielzeit. Sechs Spiele, sechs Siege. Mit dem nächsten Sieg wären die Iberer nach 1964, 2008 und 2012 alleiniger EM-Rekordhalter.

    Gute Unterhaltung mit Technik, Tempo und Taktik

    Die Seleccion 2024 steht für gute Unterhaltung. Technik, Tempo, Taktik - das Ensemble vereint vieles. Vom "Tiki-Taka" der früheren Generationen ist nicht viel geblieben, aber der ästhetische Genuss kommt nicht zu kurz. Ballbesitz wird nicht mehr als Selbstzweck verstanden.

    Ich kann mich sehr glücklich schätzen, 26 Fußball-Genies leiten zu können.

    Luis de la Fuente, Spaniens Nationaltrainer

    Der 63-Jährige war bereits mit zwei Nachwuchsteams (U19 und U21) Europameister. Sein Ensemble mit seinem stabilen Anker Rodri kommt umso aufregender rüber, desto weiter sich das Spiel nach vorne verlagert.

    Williams und Yamal sind ein Genuss

    Seine Flügelzange mit Nico Williams und Lamine Yamal ist eine Augenweide. Der eine (Williams) feierte am Freitag seinen 22. Geburtstag, der andere (Yamal) wurde am Samstag gerade erst 17. Was sich das Wunderkind wünscht? "Nichts, nur gewinnen, gewinnen, gewinnen!"
    Wenn es einen Schwachpunkt gibt, dann in der Defensive: Ob Robin Le Normand und Aymeric Laporte in der Abwehrzentrale so stabil stehen wie einst Carles Puyol, Sergio Ramos oder Gerard Piqué, müssen sie erst noch beweisen. Und ob Torwart Unai Simon ein ganzes Turnier fehlerlos bleibt wie früher Iker Casillas, gilt ebenfalls nicht als gesichert.

    England: Große Sehnsucht und ungenutztes Potenzial

    Kübelweise Kritik aus der Heimat, ausgebuht von den eigenen Fans in Deutschland: Zwischenzeitlich schien England das unbeliebteste Team des Turniers. Uninspirierter als in der Vorrunde kann ein Turnierfavorit kaum spielen, danach im Achtelfinale hätte die Entourage längst die Koffer gepackt, wenn nicht Jude Bellingham in der Nachspielzeit per Fallrückzieher den Ausgleich zur Verlängerung erzielt hätte.
    Jude Bellingham schießt mit einem Fallrückzieher den Ausgleichstreffer gegen Slowakei.
    Lange sah es so aus, als würde die Slowakei den Engländern ein blamables EM-Aus bereiten. Dann rettete Bellingham die Three Lions in die Verlängerung, Kane sicherte den Sieg.30.06.2024 | 8:59 min
    Danach gewannen sie im Viertelfinale gegen die Schweiz ein Elfmeterschießen, holten wiederholt einen Rückstand auf. Das erinnerte an jenes "Team Germany" auf seinem Streifzug durch die EM 1996 im Mutterland des Fußballs.

    Wille und Widerstandsgeist

    Spanien ist die letzte und größte Hürde, um das Trauma zu besiegen. "Wir spielen gegen das beste Team des Turniers und wir haben einen Tag weniger zur Vorbereitung. Aber wir sind immer noch hier", sagt Teamchef Gareth Southgate. "One more! One more!", brüllte der 53-Jährige nach dem gewonnenen Halbfinale gegen die Niederlande in Richtung der Fans.
    Die Wagenburg-Mentalität scheint Team und Trainer zu einer Zweckgemeinschaft verschweißt zu haben, die großen Willen und enormen Widerstandsgeist in die Waagschale wirft. Southgate tritt auch zur Versöhnung mit der eigenen Geschichte an, nachdem er im verlorenen EM-Finale 2021 gegen Italien mit der Auswahl seiner Elfmeterschützen falsch lag. Dafür hat er sich gerade erneut entschuldigt.

    Fan-Stimmung vor EM-Finale
    :Britischer Humor trifft auf Fiesta-Lust

    Zum EM-Finale zwischen Spanien und England treffen nicht nur zwei konträre taktische Ideen aufeinander, sondern auch unterschiedliche Party-Kulturen unter den Fans. Ein Vergleich.
    von Claudio Palmieri
    Fans von England freuen sich auf das Spiel.
    mit Video

    Fans warten auf den großen Triumph

    Neben der Effizienz zeichnet die Engländer auch ihr Potenzial aus. Phil Foden und Bukayo Saka können jederzeit spektakulär antreten und abschließen. Jude Bellingham ist immer wieder für eine Überraschung gut, und Torjäger Harry Kane steht auch schon wieder bei drei EM-Toren.
    Vielleicht kommt das Beste wirklich ganz zum Schluss. Was ein Triumph in Berlin an Emotionen beim englischen Anhang auslösen würde, kann man sich wohl gar nicht vorstellen.

    Gegen Spanien im EM-Finale
    :Englands Kapitän Harry Kane in neuer Rolle

    Harry Kane jagt noch immer einem Titel nach. Der 30-Jährige ist körperlich nicht in bester Verfassung, aber als Torjäger und Teamplayer für England dennoch unverzichtbar.
    von Frank Hellmann
    Der englische Fußballspieler Harry Kane feiert nach dem Sieg der englischen Mannschaft im Halbfinale gegen die Niederlande.

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