Zu Besuch an Grenze: Danish Dynamite verpufft in Flensburg

    Zu Besuch in der Grenzregion:Danish Dynamite verpufft in Flensburg

    von Ralf Lorenzen
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    Nirgendwo elektrisiert das Spiel Deutschland-Dänemark so wie direkt an der Grenze in Flensburg. Im Kulturzentrum der dänischen Minderheit kommen beide Seiten zusammen.

    Public Viewing von der autochthonen nationalen Minderheiten Europeada in Flensburg.
    Gemeinsames Fußball schauen im Flensborghus.
    Quelle: Europeada

    "Das letzte Mal haben wir ein Public Viewing veranstaltet, als wir einen neuen König bekommen haben", sagt Rasmus Meyer, Kommunikationschef des Südschleswigschen Vereins (SSF), der kulturellen Hauptorganisation der Dänen in Deutschland. Das war im Januar, als König Frederik X. die überaus beliebte Margarethe II. ablöste.

    Erinnerung an die EM 1992

    Heute wird zwar noch nicht der neue Europameister gekrönt, aber das EM-Achtelfinale Deutschland gegen Dänemark elektrisiert die Menschen hier in der Grenzregion so stark, dass es kaum einen besseren Ort für gemeinsames Gucken gibt als das Flensborghus. Hier, im Zentrum der dänischen Minderheit, kommen seit langem beide Kulturen zusammen.
    Deutschlands Kai Havertz (l) jubelt nach seinem Tor zum 1:0 mit den Teamgefährten David Raum (M) und Leroy Sane.
    K.o.-Spiel mit Gewitter-Unterbrechung und einigen engen VAR-Entscheidungen. Am Ende schießen Kai Havertz und Jamal Musiala die deutsche Elf gegen Dänemark ins EM-Viertelfinale. 29.06.2024 | 9:26 min
    Die letzte Begegnung der Nachbarländer in einem großen Turnier liegt 42 Jahre zurück. Das EM-Finale 1992 mit dem dänischen 2:0-Sieg war die Geburtsstunde von "Danish Dynamite".
    "Die Deutschen waren natürlich in der großen Mehrheit", erinnert sich Hendrik Vestergaard an die Atmosphäre auf dem nahe gelegenen Nordermarkt. "Nach dem 2:0 für Dänemark haben die Deutschen mitgeklatscht", sagt der Südschleswiger mit doppelter Staatsbürgerschaft. "Anschließend haben sich alle in den Armen gelegen. So ist da bei uns im Flensburg."

    Sorben halten schwarz-rot-gold hoch

    Hier im Flensborghus dominieren die roten Trikots und der Dannebrog, die dänische Flagge. Aber vereinzelt mischen sich auch Deutschland-Shirts und schwarz-rot-goldene Kopfbedeckungen unter die gut 200 Zuschauer im dicht gefüllten Saal. "Wir erwarten einen deutschen Sieg mit 2:1", sagt Stefan Brückner aus Cottbus.
    Brückner ist mit seiner Familie angereist, um seinen Neffen zu unterstützen, der in der Auswahl der Sorben bei der am Samstag eröffneten Fußballeuropameisterschaft der sprachlichen Minderheiten (Europeada) spielt. Bei diesem Turnier treffen bis kommenden Sonntag 33 Teams aus 12 europäischen Ländern in 14 Stadien zwischen dem dänischen Apenrade und dem deutschen Eckernförde aufeinander.
    Ein Banner der autochthonen nationalen Minderheiten Europeada.
    Gerade findet in der Grenzregion die EM der autochthonen nationalen Minderheiten statt.
    Quelle: Europeada

    Zu den Gastgebern gehören neben der dänischen Minderheit die anderen drei im Grenzland anerkannten Minderheiten: die Deutschen in Dänemark, die Nordfriesen sowie die Sinti und Roma. Veranstalter ist die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), die ihren Hauptsitz ebenfalls im Flensborghus hat.

    Kurzes Stimmungshoch

    Einen grünen Farbtupfer bekommt die Kulisse, als das Team der ungarischen Minderheit in Rumänien, das ihr Quartier in der Nähe hat, den Saal betritt und sich als neutraler Beobachter auf die Stehplätze ganz hinten begibt. Die Mannschaft der dänischen Minderheit taucht heute nicht auf. Sie guckt das Spiel in ihrem Teamhotel, um vor dem ersten Spiel am Sonntagmorgen um 11 Uhr nicht mehr abgelenkt zu werden.
    Im Flensborghus brandet der erste Jubel unter den Sorben auf, geht aber schnell in wesentlich lauteren Jubel auf der dänischen Seite über, als der Kopfballtreffer von Nico Schlotterbeck annulliert wird. Ansonsten ist die Stimmung zwar angespannt, aber weitgehend ruhig.

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    Zuschauer und Ordner während der Spielunterbrechung
    mit Video
    Die Regenunterbrechung in Dortmund stört niemanden, sondern wird als Gelegenheit zum Bierholen oder Smalltalk genutzt. "Unser Mann in Berlin", sagt eine Frau, als Stefan Seidler vorbeigeht, der für den Südschleswigschen Wählerverband  (SSW) im Bundestag sitzt.

    Anerkennung für die Verlierer

    Danish Dynamite wird dann nur noch einmal kurz gezündet - aber der Gefühlsausbruch lässt erahnen, welche Party hier noch abgegangen wäre, wenn der Treffer von Joachim Andersen gezählt hätte und Dänemark auf die Siegerstraße eingebogen wäre. So konnten nur noch die Deutschen zweimal jubeln und die Dänen beiden Mannschaften Respekt zollen.
    "Ich bin nicht enttäuscht, wir haben in Ehren verloren", sagt Hendrik Vestergaard. "Die Deutschen werden anerkennen, dass man verdammt gut sein muss, wenn man Dänemark besiegen will."

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